Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte: Bundesregierung klagt gegen EU-Kommission
Die EU-Kommission hat eine Mitteilung zu Auslegungsfragen des Gemeinschaftsrechts betreffend solcher öffentlichen Vergaben veröffentlicht, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen. Dazu zählen insbesondere jene Aufträge, die Aufgrund ihres Wertes nicht die sog. Schwellenwerte erreichen und gegen die somit keine förmlichen Rechtsbehelfe bestehen.
Die Kommission bezieht sich in Ihrer Auslegungsmitteilung auf die Rechtsprechung des EuGH, nach der die Binnenmarktregeln eines fairen Wettbewerbs – d.h. insb. der Gleichbehandlungsgrundsatz, das Diskriminierungsverbot und die Transparenzpflicht – auch im Unterschwellenbereich gelten. Nach dem Verständnis der Kommission bedeute dies, daß in diesen Fällen zwar kein förmliches Vergabeverfahren durchgeführt werden müsse, bei entsprechender Binnenmarktrelevanz aber gleichwohl gewisse Grundanforderungen an die Vergabe zu stellen sind. Dazu zähle z.B. die Veröffentlichung einer „hinreichend zugänglichen Bekanntmachung“ in jedem Mitgliedssaat der EU, die Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zur Auftragsvergabe für alle potentiellen Bieter sowie die gegenseitige Anerkennung von Befähigungsnachweisen der Beschäftigten. Zudem, so die Kommission, müsse der Einzelne einen effektiven Rechtsschutz dieser Rechte in Anspruch nehmen können. Soweit es in den Mitgliedsstaaten diesen noch nicht gibt, sei es deren Aufgabe, „für die erforderlichen Verfahren zur Gewährleistung eines effektiven gerichtlichen Schutzes zu sorgen“.
Die Bundesregierung hat nun Klage gegen die Mitteilung der Kommission erhoben. Diese errichte so faktisch ein eigenes Vergabesystem unterhalb der Schwellenwerte, nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers seien hierfür aber die Mitgliedsstaaten zuständig. Weiter Mitgliedsstaaten sind der Klage bisher nicht beigetreten.