Revision der EU-Rechtsmittelrichtlinien

EU Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft strebt die Reform der EG-Rechtsmittelrichtlinien an. Dabei geht es in erster Linie um die sog. Stillhaltefrist bei Vergabe eines öffentlichen Auftrags und die Folgen der Verletzung dieser Frist: Nach der gegenwärtigen, entsprechenden Regelung in Deutschland in § 13 Vergabeverordnung (VgV) hat der öffentliche Auftraggeber vor Zuschlagserteilung die unterlegenen Bieter über den Grund ihrer Nichtberücksichtigung und den Namen desjenigen, dessen Angebot abgenommen werden soll, zu informieren.


Für die Dauer von 14 Tagen darf er nun den Auftrag nicht vergeben, damit die unterlegenen Bieter die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Rechtsschutzes haben. Vergibt er den Auftrag gleichwohl, so ist der Vertrag unwirksam.
Die Ratspräsidentschaft strebt nun an, die Länge dieser Frist für den Fall der elektronischen Übermittlung dieser Benachrichtigung auf 10 Kalendertage zu verkürzen. Hierzu ist festzustellen, daß eine Differenzierung der Frist je nach genutzten Übermittlungsmedium für Verwirrung sorgen dürfte, zudem, da nicht Werk-, sondern Kalendertage gemeint sind, eine Frist von nur 10 Tagen im Einzelfall die Inanspruchnahme von Rechtsschutz unmöglich machen kann (Sachverhaltsaufklärung, juristische Bewertung, Antragstellung auf einstweiligen Rechtsschutz vor Gericht, Zugang des Gerichtsbeschlusses beim öffentlichen Auftraggeber).
Noch gravierender dürfte allerdings der deutsche Vorstoß hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Verletzung dieser Stillhaltefrist, d.h. bei rechtswidriger Vergabe des Auftrags vor Ablauf der Frist sein: Im Gegensatz zur deutschen Regelung in § 13 VgV (grundsätzlich Unwirksamkeit des Vertrags) sieht der Vorschlag „alternativ penalties“ vor: Dies können Geldbußen oder eine Verkürzung des Vertraglaufzeit sein. Eine solche Regelung auf europäischer Ebene würde eine deutliche Schwächung gegenüber der deutschen Regelung in § 13 Vergabeverordnung darstellen. Das würde dazu führen, dass Bieter aus dem europäischen Ausland in Deutschland größeren Rechtsschutz genießen als umgekehrt deutsche Bieter im europäischen Ausland. Zudem käme damit im Falle einer Geldbuße letztlich der Steuerzahler für die rechtswidrige Vergabe auf.
Offen ist, sollte sich der Vorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft auf europäischer Ebene durchsetzen, § 13 VgV in seiner gegenwärtigen Form bestehen bleibt.
Auch für die Fälle illegaler Direktvergaben sieht der deutsche Vorschlag weitreichende Konsequenzen vor: Zwar sollen solche Verträge grundsätzlich unwirksam bleiben. In den Fällen aber, in denen „überwiegende Gründe im Bezug auf ein allgemeines Interesse“ eine Aufrechterhaltung des Vertrags erfordern, soll dieser – trotz illegaler Direktvergabe – wirksam sein. Diese schwammige Ausnahmeregelung erleichtert illegale Direktvergaben. Die gerichtliche Überprüfbarkeit, ob tatsächlich Gründe im genannten Sinne vorlagen, muß zudem bezweifelt werden.