Interkommunale Zusammenarbeit: Bundesregierung gegen Ausschreibungspflicht
Die Bundesregierung hat sich für eine Vergaberechtsfreiheit interkommunaler Zusammenarbeit ausgesprochen. Anlaß war eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion zum Thema „Kommunale Selbstverwaltung und europäisches Vergaberecht“ (BT-Drs. 16/5990).
Dabei begründet die Bundesregierung die Notwendigkeit mit der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art 28 II GG, die derlei Kooperationen als innerstaatliche Organisationsentscheidungen ins Belieben der Kommune und damit von einer Ausschreibungspflicht freistelle. Im Gegensatz dazu hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung klare Voraussetzungen etabliert, unter deren eine interkommunale Zusammenarbeit nicht dem Vergaberecht unterliegt (sog. Inhouse-Geschäft).
So sehr der Bundesregierung zuzustimmen ist, daß innerstaatliche Kooperationsentscheidungen nicht dem europäischen Vergaberecht unterliegen, so überzeugt der Verweis auf Art 28 II GG dennoch nicht. Zwar zählt zum Schutzbereich des Art 28 II GG auch die Organisationshoheit und hierzu wiederum die Kooperationshoheit. Das Recht des Art 28 II wird allerdings nur „im Rahmen der Gesetze“ gewährleistet, zu denen auch das europäische Vergaberecht zählt (wenngleich Art 28 II GG gegenüber der EU rechtsschutzfähig ist). Solange dabei der Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie unangetastet bleibt, sind Eingriffe nach stRspr. des BVerfG zulässig. Folgt man der Argumentation der Bundesregierung, dann müßte – grundsätzlich – die Aufgabenübertragung auf andere Kommunen unter Ausschluss des Marktes zum Kernbereich der verfassungsrechtlich geschützten Selbstverwaltungsgarantie zählen. Dies ist mehr als zweifelhaft. Die Gemeindeordnungen der Bundesländer sprechen zudem eine andere Sprache, gehen sie doch von einer grundsätzlichen Privilegierung des Marktes aus (vgl. beispielhaft § 85 I GemO Rh-Pflz, wonach die Gemeinde wirtschaftliche Unternehmungen nur dann betreiben darf, „wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen Privaten erfüllt wird oder erfüllt werden kann“).
Nach einer Studie der Kienbaum Management Consultants GmbH bei Kommunen über 10 000 Einwohnern aus dem Jahre 2004, die in Kooperation mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund erstellt wurde, gehören zu den am häufigsten praktizierten Bereichen interkommunaler Zusammenarbeit die die Informationstechnologie mit 35,4 %.