EuGH-Urteil: Keine Tarifbindung bei öffentlichen Aufträgen

EU-Recht Die Kopplung öffentlicher Aufträge an die Einhaltung von Tarifverträgen ist nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unzulässig. Dieser verwarf mit Urteil vom 03.04.2008 (C-346/06, „Rüffert“) eine entsprechende Regelung des Niedersächsisches Vergabegesetzes und setzt sich damit zugleich in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.


Das Bundesverfassungsgericht hatte erst 2006 in seiner vielbeachteten Entscheidung zum Berliner Vergabegesetzes entschieden, dass gesetzliche Regelungen zur Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen „Gemeinwohlzielen“ von „überragender Bedeutung“ dienten und damit zulässig seien. Dazu zählten die Richter beispielsweise die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs über die Lohnkosten, die Stützung der Ordnungsfunktion der Tarifverträge, die Erhaltung als wünschenswert erachteter Sozialstandards und die Entlastung der Sozialsysteme, die ggfs. Lohnersatzleistungen bezahlen müssen.

Dagegen erblickten die EuGH-Richter in einer solchen Bindung an Tarifverträge einen Verstoß gegen europäisches Recht. Nach der EG-Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern sei es unzulässig, die Vergabe eines öffentlichen Auftrags davon anhängig zu machen, dass der Auftragnehmer das am Ausführungsort tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zahlt.

Verschiedene Bundesländer verfügen über sog. Tariftreuegesetze bei öffentlichen Aufträgen. Auf Bundesebene scheiterte zuletzt 2002 eine entsprechende Gesetzesinitiative.