Kabinett beschließt Gesetzentwurf zur Modernisierung des Vergaberechts
Das Kabinett hat heute den Gesetzentwurf zur Modernisierung des Vergaberechts beschlossen. „Damit schafft die Bundesregierung die Grundlage dafür, dass die Modernisierung des Vergaberechts noch in dieser Legislaturperiode erfolgreich abgeschlossen werden kann. Zusätzlich werden wichtige EU-Regelungen in das deutsche Recht übernommen“, so der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Hartmut Schauerte, nach Beendigung der Kabinettsitzung. Folgende Regelungen sind besonders hervorzuheben:
Zu nennen ist insb. die Reform der „Mittelstandsklausel“ des § 97 Abs. 3 GWB-E. Für kleine und mittlere Unternehmen soll es zukünftig leichter möglich sein, sich an größeren öffentlichen Aufträgen erfolgreich zu beteiligen. Öffentliche Aufträge müssen zu diesem Zweck künftig im Regelfall in Fach- und Teillosen aufgeteilt vergeben werden, es sei denn, dass hiergegen „wirtschaftliche oder technische Gründe“ sprechen.
Darüber hinaus stellt der Gesetzentwurf ebenso wie die zugrunde liegende europäische Richtlinie klar, dass für die Ausführung eines konkreten Auftrags zusätzliche soziale, umweltbezogene oder innovative Anforderungen an den Auftragnehmer gestellt werden dürfen, wobei diese jedoch „im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen“ müssen (§ 97 Abs. 4 GWB-E). Diese Regelung ist die umstrittenste Klausel der Gesetzesnovelle. Zum einen, weil sie weiter geht, als dies die europäische Richtlinie verlangt. Zum anderen, weil solche Erklärungen – die sich nach der Gesetzesbegründung zum GBW-Entwurf auf die gesamte Lieferkette “bis ins Ursprungsland“ beziehen können – im globalen Markt von ausländischen Lieferanten und Unterauftragnehmern nicht oder nur schwer einholbar sein dürften. Dies wird insb. mittelständische Unternehmen belasten.
Von besonderer Bedeutung ist der neue § 99 Abs. 1 GBW-E: Dieser soll es der öffentlichen Hand – erstmals rechtssicher – ermöglichen, Leistungen „inhouse“, also zwischen und durch Einrichtungen der öffentlichen Hand selbst zu erbringen. Bei einer Inhouse-Vergabe fehlt aber das wettbewerbliche Korrektiv und damit die Gewähr für eine wirtschaftliche Beschaffung. Zudem wird der öffentliche Markt durch § 99 Abs. 1 GWB-E mehr und mehr gegenüber der Privatwirtschaft abgeschottet. Letztlich bleibt § 99 Abs. 1 GWB-E auch hinter der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurück. Danach unterfallen Inhouse-Geschäfte der öffentlichen Hand dem Gemeinschaftsrecht zur Vergabe öffentlicher Aufträge nämlich nur dann nicht, wenn die beauftragende über die ausführende Stelle eine „Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen“ (sog. Teckal-Rechtsprechung). § 99 Abs. 1 GWB-E lässt dieses Kriterium vermissen, wohl mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG, die regelmäßig einer solchen Kontrollmöglichkeit im Wege stehen dürfte. Im Übrigen wissen schon die meisten Gemeindeordnungen, dass die wirtschaftliche Betätigung durch die öffentliche Hand nur dann zulässig ist, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt werden kann (vgl. beispielhaft § 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO Rheinland-Pfalz.
Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene weitere Straffung des Nachprüfungsverfahrens (Rechtsschutz unterlegener Bieter) soll zu größerer Effizienz und zur Beschleunigung der Vergabeverfahren führen: Die Informationspflicht des § 13 VgV an unterlegene Bieter wird in § 101a GWB-E übernommen, dabei die Stillhaltefrist vor Vertragsschluß von bislang 14 auf (entsprechend der neuen EG-Rechtsmittelrichtlinie) 15 Tage verlängert. Dabei wird eine Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit wegen Verletzung dieser Informationspflicht von 30 Tagen ab Kenntnis des Verstoßes bzw. Veröffentlichung der Auftragsvergabe im Amtsblatt der EU, jedoch spätestens 6 Monate nach Vertragsschluß, eingeführt (§ 101 b Abs. 2 GWB-E). Folge: Die alte Regelung des § 13 VgV führt bei Verletzung zur Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags. Nach der neuen Regelung ist dieser nur bis zum Fristablauf schwebend unwirksam. Wird nicht rechtzeitig im Nachprüfungsverfahren die Unwirksamkeit festgestellt, ist der Vertrag trotz Verletzung der Informationspflicht wirksam.
Für Städte und Kommunen von besonderer Bedeutung ist die Klarstellung, dass Grundstücksverkäufe an einen Investor, die gleichzeitig städtebauliche Auflagen umfassen, keine öffentlichen Aufträge sind, die dem Vergaberecht unterliegen und ausgeschrieben werden müssen. Damit sollen Irritationen für kommunale Investitionen beseitigt werden, die durch eine Rechtssprechungslinie des OLG Düsseldorf („Allhorn-Entscheidung”) entstanden sind.
Die Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts finden Sie hier.
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