BGH-Urteil: Keine Eignungsprüfung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung

Im Rahmen der Angebotsprüfung ist zunächst die Eignung der Bieter zu prüfen (Eignungsprüfung), sodann das eigentliche Angebot auf seine Wirtschaftlichkeit hin (Wirtschaftlichkeitsprüfung). Der BGH hat mit Urteil vom 15.04.2008 (Az.: X ZR 129/06) abermals entschieden, dass im Rahmen der Wirtschaftslichkeitsprüfung keine Eignungsaspekte (z.B. Qualifikation des Personals oder Referenzprojekte) berücksichtigt werden dürfen und dabei klar gestellt, dass die Eignungsprüfung „nicht der Ermittlung qualitativer Unterschiede zwischen den einzelnen Bewerbern“ dient.

Ausgeschrieben wurde der Bau einer Halle. Der Zuschlag entfiel auf das zweitgünstige Angebot. Zur Begründung stelle die Auftraggeberin auf die bessere Qualifikation des Bieters ab. Der BGH entschied, dass die nachträgliche Berücksichtigung der Qualifikation unzulässig war.

Nach (hier) § 25 VOB/ A habe der Auftraggeber die Wertung der Angebote grundsätzlich in mehreren aufeinander folgenden Stufen vorzunehmen. „Die Abfolge der einzelnen Prüfungsschritte ist in § 25 VOB/ A folgerichtig festgelegt und deshalb nach allgemeiner Ansicht zwingend einzuhalten„, so der BGH. Die Angebote ungeeigneter Bieter oder solche mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis gelangten gar nicht erst in die engere Wahl.

Die Eignungsprüfung diene im System der VOB/ A bei öffentlicher Ausschreibung bzw. beim offenen Verfahren dazu, „die Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret nachgefragten Bauleistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend qualifizierten Bieter auszusondern“, so der BGH. „Sie dient dabei nicht der Ermittlung qualitativer Unterschiede zwischen den einzelnen Bewerbern“. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 8. September 1998 entschieden habe, sei es „mit dem System der Wertungsvorschriften insbesondere nicht zu vereinbaren, unterschiedliche Eignungsgrade von Bietern bei der Entscheidung über den Zuschlag im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Weise zu berücksichtigen, dass dem Angebot eines für geeignet befundenen Bieters dasjenige eines Konkurrenten maßgeblich wegen dessen höher eingeschätzter Eignung vorgezogen wird.

Dass Eignung und Wirtschaftlichkeit nach § 25 VOB/ A und § 25 VOL/ A unabhängig voneinander zu prüfen sind, habe „Gründe, die in der Natur der Sache liegen“, so der BGH. Die Eignungsprüfung sei eine unternehmensbezogene Untersuchung, mit der prognostiziert werden soll, ob ein Unternehmen nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung zur Ausführung des Auftrags in der Lage sein wird. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung beziehe sich dagegen nicht auf die konkurrierenden Unternehmen, sondern auf ihre Angebote. Bewertet würden mit Gesichtspunkten wie dem Preis, der Ausführungsfrist, Betriebs- und Folgekosten, der Gestaltung, Rentabilität oder dem technischem Wert Eigenschaften der angebotenen Leistung, nicht aber des Anbieters.

Dem Anliegen öffentlicher Auftraggeber, eine besondere Eignung der Bewerber zu berücksichtigen, könne, so der BGH, nach dem System der VOB/ A durch Wahl der Vergabeart Rechnung getragen werden, also insbesondere durch Durchführung einer beschränkten Ausschreibung bzw. eines nicht offenen Verfahrens nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 3 Abs. 2 lit. a VOB/ A; § 101 Abs. 3 GWB), sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Damit hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung (BGHZ 139, 273) in dieser praxisrelevanten Frage klar bestätigt, wonach nach Abschluß der Eignungsprüfung ein „Mehr an Eignung“ nicht mehr berücksichtigt werden darf.

Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch den Beitrag „EuGH zum Unterschied zwischen Zuschlags- und Eignungskriterien„.