Grüne: „Erhöhung der Schwellenwerte fördert Korruption und Vetternwirtschaft“

Unter dem Deckmantel der Förderung kommunaler Investitionen plane die Bundesregierung nach Ansicht der BT-Fraktion von Bündnis90/Die Grünen „durch die Hintertür einen ordnungspolitischen Sündenfall“. Mit der Erhöhung der Grenzen für beschränkte und freihändige Vergabe bestehe die Gefahr, dass die Koalition die Korruption bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen fördert.

Gem. dem Kabinettsbeschluss vom 13.1. zur „Beschleunigung von Investitionen durch Vereinfachung des Vergaberechts” werden auf Bundesebene befristet für zwei Jahre die Schwellenwerte für Beschränkte Ausschreibungen und Freihändige Vergaben – jeweils ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb – massiv erhöht (Für Bauleistungen Beschränkte Ausschreibung 1 Mio. €, Freihändige Vergabe 100.000 €, für Dienst- und Lieferleistungen jeweils 100.000 €.) Länder und Kommunen sind aufgefordert, sich dem anzuschließen.

Zusätzlich sind diese Maßnahmen verknüpft mit dem sog. zweiten Konjunkturpaket: Aus einem Investitionsprogramm in Höhe von 14 Mrd. € sollen 10 Mrd. € an die Kommunen gehen. 65 % der Hilfen entfallen auf den Investitionsschwerpunkt Bildung (Kindergärten, Schulinfrastruktur, Hochschulen; insbesondere energetische Sanierung) und Forschung. 35 % werden für die Modernisierung der kommunalen Infrastruktur insbesondere in den Bereichen Krankenhäuser, Städtebau, ländliche Infrastruktur und Lärmsanierung an kommunalen Straßen verwandt. Der Bund selbst will 2 Mrd. € für den Ausbau und die Erneuerung von Bundesverkehrswegen einsetzten (Straßen, Schienen, Wasserstraßen) und 2 Mrd. € in Bauten, Ausrüstungen und Ressortforschung investieren.

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der BT-Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Kerstin Andreae, MdB, äußerte sich dazu wie folgt: „Die öffentliche Hand investiert zusätzlich Milliarden, setzt aber die Regeln weitgehend außer Kraft, die für eine faire, transparente und wettbewerbsorientierte Vergabe sorgen. Aller Erfahrung nach sind die Kosten von öffentlichen Aufträgen und die Gefahr von Korruption umso höher, je intransparenter die Verfahren werden. Vergabeverfahren ohne öffentliche Ausschreibung sind viel anfälliger für Preistreiberei, weil letztlich nicht der Wettbewerb, sondern gute Beziehungen über den Zuschlag entscheiden können. Und: Die Änderung gilt nicht nur für Maßnahmen aus dem Investitionsprogramm, sondern für die gesamte öffentliche Auftragsvergabe.“

Während der deutsche Städte- und Gemeindebund die Erhöhung der Grenzen für die beschränkte und freihändige Vergabe eingefordert hatte, äußern sich andere Stimmen bislang eher verhalten. So fordert der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) zumindest deutliche Verbesserungen bei den Transparenzregeln. Durch eine befristete Anhebung der Schwellenwerte könnte es zwar zu einer Belebung bei der Auftragsvergabe kommen. Zugleich mahnt der ZDH, die Konjunkturkrise nicht zum Anlass zu nehmen, wichtige Regelungen des Vergaberechts außer Kraft zu setzen.

Anti-Korruptions-Experten verweisen darauf, dass sich bei der geplanten Neuregelung Korruptionsgefahren zwar durch eine Offenlegung der Leistungsbeschreibung, der Angebotspreise und der Namen der Bieter mindern ließen. Andererseits wären die Zeitgewinne durch einen Verzicht auf den Teilnahmewettbewerb oder eine ordentliche öffentliche Ausschreibung nur gering.

Den Beschluss der Bundesregierung zur Vereinfachung des Vergaberechts finden Sie hier.