Keine Regelrügefrist von 1 – 3 Tagen! (OLG Jena, Beschluss vom 30.03.2009 – 9 Verg 12/08)

paragraph Nach § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB muss der Bieter einen Vergaberechtsverstoß „unverzüglich“ rügen. Die Bestimmung lässt jedoch offen, wie der Begriff „unverzüglich“ zu verstehen ist. Allgemein anerkannt ist, dass die maximale Rügefrist zwei Wochen ab Kenntniserlangung beträgt. Allerdings können die Fälle, in denen den Bietern die Ausschöpfung der maximalen Frist zugestanden wird, an einer Hand abgezählt werden. Im Übrigen ist die Rechtsprechung nicht einheitlich. Das OLG Jena hat diese Diskussion um eine bieterfreundliche Ansicht bereichert.

Zum Teil wird eine Dauer von insgesamt fünf Werktagen nach Kenntniserlangung und Einschaltung einer Rechtsanwaltskanzlei noch als unverzüglich angesehen. Andere Vergabekammern sehen bereits einen Zeitraum von vier Tagen nicht mehr als unverzüglich an, sofern es sich um ein fachkundiges und erfahrenes Unternehmen handelt. Einige Oberlandesgerichte gewähren den Bietern wiederum eine Frist von sieben Tagen.

Im Streitfall berufen sich die Vergabestellen jedoch zumeist auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Koblenz, München und Celle, wonach im Grundsatz von einer Rügefrist von ein bis drei Tagen ausgegangen werden muss (OLG Koblenz, Beschluss vom 18.9.2003 – 1 Verg 4/03; OLG München, Beschluss vom 13.04.2007 – Verg 1/07; OLG Celle, Beschluss vom 08.03.2007 – 13 Verg 2/07).

Dem widerspricht nunmehr ausdrücklich das OLG Jena in seinem Beschluss vom 30.03.2009 (Verg 12/08). Unter Bezugnahme auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte München und Koblenz wird ausgeführt, dass der Senat nicht davon ausgeht, dass dem Antragsteller in der Regel nur eine Rügefrist von 1 bis 3 Tagen zur Verfügung steht“. Allerdings gibt das OLG nicht zu erkennen, welche Regelfrist es selbst für angemessen hält.

Für die Praxis gilt daher: So begrüßenswert die Entscheidung des OLG Jena auch sein mag. Maßstab des Handelns sollte weiterhin eine Rügefrist von maximal drei Tagen sein. Von Ausnahmen abgesehen sind die Bieter damit auf der sicheren Seite. Die Einhaltung der 3-Tage-Frist stellt zwar bei größeren Unternehmen des Öfteren ein Problem dar. Eine eindeutige Zuordnung der Verantwortlichkeiten und klar definierte Eskalationsstufen für die Dauer des Vergabeverfahrens bieten jedoch eine Gewähr, die kurzen Fristen des Vergaberechts einhalten zu können.