Vor Ort: Podiumsdiskussion zur Notwendigkeit eines Korruptionsregisters auf Bundesebene

Wie im Vergabeblog angekündigt, hat Transparency International Deutschland (TI) am letzten Donnerstag zur Podiumsdiskussion unter dem Titel „Kampf gegen Korruption: Integre Unternehmen schützen, Korruptionsregistergesetz einführen“  in  Berlin geladen. In der Veranstaltung wurden verschiedene Modelle bereits existierender Korruptionsregister vorgestellt und die Frage der Notwendigkeit eines bundesweiten Korruptionsregistergesetz erörtert.  Fazit:  Nur eine bundesweite Gesetzeslösung macht eine effektive Korruptionsbekämpfung bei öffentlichen Ausschreibungen möglich.

Die Veranstaltung hatte mehr Aufmerksamkeit verdient. Höchstens 40 Zuhörer fanden den Weg in die Landesvertretung von Sachsen-Anhalt in Berlin-Mitte. Diesen wurde dafür allerdings ein spannender Abend mit vielseitigen und lebhaften Beiträgen zu den Erfahrungen  mit bestehenden Korruptionsregistern und den Erwartungen an ein bundesweites Korruptionsregistergesetz geboten. Nach einer Einführung von Gabriele Klug, Vorstandsmitglied von TI Deutschland, in die Thematik erläuterte Dr. Harald Noack die wesentliche Funktion des Korruptionsregisters. Dabei betonte der ehemalige Oberstaatsanwalt und hessische Staatssekretär a.D., daß das Korruptionsregister als (zivilrechtliches) Instrument zur Sicherung eines unverfälschten Wettbewerbs zu verstehen sei und nicht als ein (strafrechtliches) Mittel der Prävention und Repression. Diese Unterscheidung ist von einiger Bedeutung:  da ein Eintrag in das  Korruptionsregister bereits erfolgen soll, wenn ein Unternehmen  des korruptiven Verhaltens hinreichend verdächtig  ist und der Eintrag zu einem zwingenden Ausschluß von der Vergabe öffentlicher Aufträge führt, wird von Kritikern bemängelt, daß ein derartiges Register mit der strafrechtlichen Unschuldsvermutung  nicht vereinbar sei.

Anschließend stellten Ute Scholle, Präsidentin des Landesrechungshofs NRW sowie Klaus Groth von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ihre jeweiligen  Landeslösungen für ein Korruptionsregister  vor. Das Antikorruptionsgesetz NRW sieht neben dem Register auch verschiedene Verhaltensregeln für die Verwaltung (Vier-Augen-Prinzip, Stellenrotation) vor. Dieser Ansatz ist für eine Akzeptanz des Korruptionsregisters auf privater Seite sicherlich förderlich, zeigt er doch, dass gesehen wird, dass auch auf Behördenseite die "schwarzem Schafe" sitzen können.  Die Ergebnisse aus der Registereinführung fallen in NRW und Berlin höchst unterschiedlich aus: Während in NRW bislang gerade mal 32 Unternehmen „gelistet“ wurden, bringt es das Berliner Register auf 2.500 Eintragungen. Allerdings nehmen die Berliner es mit dem Begriff „Korruption“ auch nicht allzu genau. Auf die Liste kommen zum Beispiel auch Unternehmen , die  ihren Steuerpflichten nicht nachgekommen sind und damit – so Groth – häufig auch „die Dönerbude um die Ecke“. Beide Landesvertreter stellten ihren Registerlösungen letztlich ein positives Zeugnis aus, bemängelten aber zugleich, daß ein allein regionaler Ansatz nicht effektiv sei. Wird ein Unternehmen in einem Landesregister eingetragen, bewirbt es sich halt im benachbarten Bundesland.

Als letzter Gastredner appellierte Prof. Dr. Hans Jörg Bauer, Vorstandsmitglied von TI Österreich, an die Vorbildfunktion Deutschlands für sein Land: dort scheint Korruption noch nicht als vordringliches Problem für einen gesunden Wettbewerb gesehen zu werden. Prof. Dr. Wiehen, ehemaliger Weltbankdirektor und TI-Ethikbeauftragter,  berichtete schließlich von der erfolgreichen Führung eines Korruptionsregisters für Projekte der Weltbank. Die Veranstaltung endete nach einer kurzen Diskussionsrunde mit dem einmütigen Appell an die künftige Bundesregierung, das Vorhaben eines bundesweiten Korruptionsregistergesetzes wieder aufzugreifen und in der kommenden Legislaturperiode umzusetzen.