EU-Kommission forscht nach nationalen Umgehungslösungen des Vergaberechts durch die Mitgliedsstaaten
Vielleicht sieht sich die EU-Kommission doch hin und wieder zum Narren gehalten, was die Um- und vor allem Durchsetzung der EU-Vergaberichtlinien in den Mitgliedsstaaten betrifft. Der neue § 99 Abs. 3 und 6 GWB zur Frage der Ausschreibungspflicht bei Grundstücksverkäufen der öffentlichen Hand im Rahmen von Investorenverträgen mag darunter fallen – der Lösungsversuch des deutschen Gesetzgebers zu dieser extrem praxisrelevanten Frage ist nach Ansicht vieler Vergaberechtler nicht EU-rechtskonform. Die Europäische Kommission, konkret die zuständige Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen, schreibt nun im offenen, EU-weiten Verfahren „Forschungsarbeiten und technische Unterstützung im Bereich öffentliches Beschaffungswesen“ aus (Veröffentlichung v. 4.11.2009, Dok-Nr. 2009/S 212-304463). Konkret soll nach nationalen Umgehungs-Tatbeständen des Gemeinschaftsrechts gefahndet werden.
„Gegenstand der Dienstleistungen sind rechtliche und wirtschaftliche Forschungsarbeiten sowie die technische Unterstützung für die Dienststellen der Kommission im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens betreffend die Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ heißt es in der Kurzbeschreibung des Auftrags. Dieser ist in zwei Lose unterteilt. Los 1 umfasst die rechtlichen Forschungsarbeiten und soll es der Kommission ermöglichen zu bewerten, inwieweit die Vergabepraxis in den Mitgliedsstaaten mit dem Gemeinschaftsrecht übereinstimmt. Gleichzeitig sollen angemessene („suitable“) Maßnahmen ausgearbeitet werden – man darf also gespannt sein. In Los 2 sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Durchsetzung der EU-Vergaberichtlinien untersucht werden.
Das Untersuchungsfeld von Los 1 lässt dabei nichts aus: Es soll die nationale Gesetzgebung im Bereich des Öffentlichen Auftragswesens ebenso wie jede andere gesetzgeberische, behördliche oder verwaltungstechnische Maßnahme der Mitgliedsstaaten untersucht und rechtlich bewertet werden, die geeignet ist, einen direkten Einfluss auf die Umsetzung und Anwendung der europäischen Vergaberichtlinien zu haben. Insbesondere soll jede in den Mitgliedsstaaten bestehende Praxis der Verhinderung, Behinderung oder auch nur Einschränkung der Anwendung der EU-Vergaberichtlinien aufgespürt und rechtlich bewertet werden.
Zur wirtschaftlichen Bewertung der Auswirkungen der EU-Vergaberichtlinien in Los 2 sollen über einen längeren Zeitraum statistische wie ökonomische Analysen der öffentlichen Märkte in den Mitgliedsstaaten durchgeführt werden. Der verwendete CPV-Codes lässt darauf schließen, dass dazu u.a. Umfragen in den Mitgliedsstaaten erfolgen sollen.
Die Bekanntmachung finden Sie hier, die Ausschreibungsunterlagen hier.
Ein Danke geht an Herrn Peter Cornelius vom TED-Alert für den Hinweis zur Ausschreibung.