OLG München: Auch Sektorenvergaben unterliegen hohen formalen Anforderungen (Beschluss v. 29.09.2009 – Verg 12/09)

paragraph Nicht erst seit dem Inkrafttreten der neuen Sektorenverordnung gewährt das Vergaberecht Auftraggebern, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind (vgl. zum Begriff der Sektorenauftraggeber § 98 Nr. 4 GWB), große Handlungsspielräume. In diesem Zusammenhang sei allein auf die freie Wahl der Vergabeverfahren verwiesen (vgl. § 6 SektVO). Hierdurch erhalten die Vergabestellen eine Flexibilität, die außerhalb des Sektorenbereichs oft vermisst wird. Wo auch diese Handlungsspielräume ihre Grenze finden, hat zuletzt das OLG München in seinem Beschluss vom 29.09.2009 entschieden.

Das Oberlandesgericht München hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit ein Sektorenauftraggeber den Zuschlag auf ein unvollständiges Angebot erteilen darf bzw. inwieweit er berechtigt ist, den Bieter zur Vervollständigung seines Angebots aufzufordern.

Die Antwort des OLG München ist eindeutig. Auch im Sektorenbereich muss ein Angebot bis zum Ablauf der Angebotsfrist vollständig vorliegen. Es darf kein Zuschlag auf ein Angebot erfolgen, das nicht den Vorgaben der Verdingungsunterlagen entspricht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass in der VOL/A-SKR bzw. Sektorenverordnung eine ausdrückliche Vorschrift – entsprechend der Regelungen in § 25 VOB/A und § 25 VOL/A – fehlt, wonach unvollständige Angebote zwingend von der Wertung auszuschließen sind (OLG München, Beschluss vom 29.09.2009 – Verg 12/09).

Dem öffentlichen Auftraggeber ist danach auch nicht gestattet, einzelne Bieter zur Vervollständigung ihrer Angebote aufzufordern. Nach Ansicht des OLG München darf es nicht von der Handlungsweise des öffentlichen Auftraggebers abhängen, ob unvollständige Angebote in die Wertung kommen oder nicht (OLG München, a.a.O.)

Hinweis für die Vergabepraxis: Die Entscheidung zeigt, dass auch Sektorenvergaben hohen formalen Anforderungen unterliegen. Fordert die Vergabestelle die Vorlage von Nachweisen, müssen diese zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorliegen. Ebenso müssen die Angebote den technischen Mindestanforderungen genügen. Anderenfalls ist das betroffene Angebot von der Wertung auszuschließen.