Rüge ohne Begründung – und ohne eigenes Angebot?
Die Vergabekammer Nordbayern (Beschluss v. 30.11.09 – 21.VK-3194-40/09) hat in ihrem Beschluss ausgeführt, dass eine Rüge keine Begründung, insbesondere auch keine detaillierte rechtliche Würdigung enthalten muss. In ihr muss zum Ausdruck kommen, welchen Sachverhalt der Rügende für vergaberechtswidrig hält und dass er dem Auftraggeber die Gelegenheit zur Selbstkorrektur vor Anrufung der Vergabekammer geben will.
Für die Auslegung ist auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Zumindest durch die Auslegung muss eindeutig erkennbar sein, dass ein Rechtsfehler geltend gemacht und nicht lediglich eine Anregung zur Optimierung des Leistungsverzeichnisses gegeben werden soll.
Zwar konnte das Schreiben der Antragstellerin im vorliegenden Fall als Rüge in diesem Sinne qualifiziert werden, dennoch wurde der Nachprüfungsantrag wegen fehlender Antragsbefugnis zurück gewiesen. Die Antragstellerin hatte Verstöße gegen § 9 VOB/A wegen nicht zu erfüllender Anforderungen gerügt und kein eigenes Angebot im Verfahren eingereicht.
Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag wegen fehlender Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB zurück. Ein Unternehmen ist nur dann antragsbefugt im Vergabenachprüfungsverfahren, wenn es ein Interesse am Auftrag hat. Soweit die Antragstellerin kein eigenes Angebot im Verfahren einreicht, mit dem sie ihr Interesse am Auftrag belegt, sind an den Nachweis der Antragsbefugnis erhöhte Anforderungen zu stellen. Die Antragstellerin muss dann eine Kausalität zwischen dem Vergaberechtsverstoß und der unterlassenen Angebotsabgabe nicht nur behaupten, sondern schlüssig darlegen.
Die bloße Behauptung, dass unzureichende Angaben im Leistungsverzeichnis eine seriöse Kalkulation unmöglich machen, genügt insoweit nicht. Erforderlich gewesen wäre die detaillierte Darlegung, wieso die gerügten einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses insgesamt die Kalkulation eines Angebotes unmöglich gemacht haben.
Da die Antragstellerin diese Anforderung nicht erfüllt hat, wurde ihr Nachprüfungsantrag bereits wegen der fehlenden Antragsbefugnis als unzulässig zurückgewiesen.