15-Tage-Ausschlussfrist für zulässigen Nachprüfungsantrag nur bei Hinweis in der Vergabebekanntmachung?

Entscheidung Eine wesentliche Neuregelung der vor knapp einem Jahr in Kraft getretenen GWB-Novelle stellt § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB dar. Danach ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Bereits im laufenden Gesetzgebungsverfahren wurde in der Vergaberechtsliteratur diskutiert, inwieweit die Anwendung der 15-Tage-Frist einen Hinweis in der Vergabebekanntmachung voraussetzt oder nicht. Diese Frage war in jüngster Vergangenheit auch Gegenstand verschiedener Vergabenachprüfungsverfahren.

Für die VK Südbayern und die VK Sachsen beginnt danach die 15-Tage-Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB nur dann, wenn die Vergabebekanntmachung genaue Hinweise in Bezug auf die Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen bzw. gegebenenfalls Name, Anschrift, Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse des Dienstes, bei dem diese Auskünfte eingeholt werden können, enthält. Dies bestimme die Richtlinie 2004/18/EG in Nr. 24 des Anhangs VII, Teil A. Fehlten in der Bekanntmachung entsprechende Hinweise, würde § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB keine Anwendung finden (VK Südbayern, Beschluss vom 05.02.2010 – Z3-3-3194-1-66-12/09; VK Sachsen, Beschluss vom 11.12.2009 – 1/SVK/054-09; vgl. auch VK Bund, Beschluss vom 30.10.2009 – VK 2 180/09).

Das OLG Karlsruhe hat in seinem Beschluss vom 08.01.2010 allerdings davon abgesehen, auf Nr. 24 des Anhangs VII, Teil A, der Richtlinie 2004/18/EG und die Hinweispflicht des Auftraggebers einzugehen, obwohl auch in diesem Fall dazu Anlass bestanden hätte (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.01.2010 – 15 Verg 1/10). Dies könnte dergestalt verstanden werden, dass das OLG eine derartige Bekanntmachungspflicht eventuell nicht für erforderlich hält.

Für die Vergabepraxis gilt:

Die Auftraggeber sind gut beraten, zukünftig in der europaweiten Vergabebekanntmachung unter Ziffer VI.4.2) auf die Geltung der 15-Tage-Frist im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB hinzuweisen. Gemäß dem Wortlaut der Richtlinie 2004/18/EG reichen alternativ auch Angaben zur Stelle aus, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich sind (vgl. Ziffer VI.4.3) der EU-Bekanntmachung). Mit Blick auf das Transparenzgebot ist ferner zu empfehlen, dass Auftraggeber in dem eine Rüge zurückweisenden Schreiben ebenfalls auf die 15-Tage-Frist und ihre Rechtsfolgen hinweisen.

Fehlen diese Angaben, sollten die Bieter jedoch nicht darauf vertrauen, dass die Ausschlussfrist keine Anwendung findet. Wie gezeigt, ist zu den Voraussetzungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB noch nicht das „letzte Wort gesprochen“. Vielmehr sollte zur Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die 15-Tage-Frist zu laufen beginnt, sobald der Auftraggeber die Rüge als unzutreffend zurückweist – auch wenn ein entsprechender Hinweis in der Vergabebekanntmachung oder in dem die Rüge zurückweisenden Schreiben nicht enthalten war.