Tellerrand: Gestern in Berlin – Blogs und Co oder die Zukunft der Mediengesellschaft
Seit einiger Zeit wollen wir im Vergabeblog ab und an über den vergabe(rechtlichen) Tellerrand schauen und Beiträge zu verwandten Themen bringen. So auch heute wieder einmal. Anlass: Die dpa-Tochter news aktuell hatte gestern Abend knapp 350 PR-Fachleute und Journalisten zum Thema „Kommunikation 2020: Aufbruch in ein neues Informationszeitalter?“ in die Kalkscheune in Berlin-Mitte eingeladen. Ein interessantes Podium, u.a. mit dem Chefredakteur der WELT-Gruppe, Jan-Eric Peters, diskutierte die Chancen und Herausforderungen der Mediengesellschaft, insbesondere der Verlage, im Zeitalter des Internet, der Blogs und Social Media. Zu meiner Überraschung war auch ich als Herausgeber des Vergabeblog als Gast eingeladen worden – vielleicht konnte man ja noch etwas lernen.
Geteilte Einschätzung
Der Chefredakteur der WELT-Gruppe aus dem Axel Springer Verlag blickte optimistisch in die Zukunft. „Heute arbeiten in den Medien viel mehr Menschen als noch vor zehn Jahren”*, so Peters. Trotzdem räumte er ein, dass im Hinblick auf Internet und Social Media die Anforderungen an die Medienschaffenden deutlich gestiegen seien. Interessant: Dass Qualitätsjournalismus und Social Media wie Blogs und Online-Communitys dabei etwas Gegensätzliches sind, vereinte er.
Pessimistischer dagegen Axel Wallrabenstein von der PR-Agentur Publicis Consultants, der die Verlage heute und in Zukunft in einer schwierigen Situation sieht. „Die klassischen Medien sind nach wie vor wichtig, aber haben an Bedeutung verloren. Ich glaube, dass das Thema investigativer Journalismus in zehn Jahren keine große Rolle mehr spielen wird. Das werden all die Echtzeitjournalisten via Twitter, Facebook oder Blogs übernehmen.“ Der Geschäftsführer der Wochenzeitung „Der Freitag“, Jakob Augstein, widersprach: Dass Blogger jemals eine tragende Korrekturfunktion innerhalb der Gesellschaft wahrnehmen könnten, wie es heute Zeitungen, TV und Radio täten, bezweifelte er.
“Man kann es sich als Firma heute nicht mehr leisten kein Contentproduzent zu sein“
Dass es nach wie vor eine immense Herausforderung für Verlage ist, mit journalistischen Produkten im Internet Geld zu verdienen, unterstrich Internetexperte und Kommunikationsberater Sascha Lobo, der nach wohl einhelliger Auffassung des Auditoriums auch den Satz des Abends prägte: “Man kann es sich als Firma heute nicht mehr leisten kein Contentproduzent zu sein.“ Mein persönlicher Favorit war jedoch ein anderes Statement: Angesprochen darauf, dass heute über sog. Web2.0-Funktionen die Internetleserschaft selbst entscheidet, was sie als lesenswert empfindet, entgegnete Lobo: “Meine Freunde entscheiden, was interessant ist. Redaktion entscheidet, was relevant ist”. Dann sollte die Lösung zur Zukunftssicherung der Verlage doch die Kombination von beidem sein, oder?
Und?
Nun ist Journalismus nicht gleich Berichterstattung über das Vergaberecht und die klassischen juristischen Verlage nicht unbedingt vergleichbar mit Axel Springer und Co. Trotzdem: Der Erfolg und die große Leserzahl des Vergabeblog bestätigt, dass die neuen Medien auch aus dem Bereich der Juristerei nicht mehr wegzudenken sind – und eine noch größere Zukunft haben. Während z.B. die einschlägigen Fachzeitschriften zum Vergaberecht um eine Auflage von ca. 3000 Exemplaren kreisen, verzeichnet der Vergabeblog bis zu 40.000 Aufrufe/ Monat. Dabei geht es gar nicht darum, diesen ihre Berechtigung abzusprechen. Gleichwohl muss man aber zur Kenntnis nehmen, dass der Markt offenbar größer ist, als er sich damit allein erschließen ließe.
Mehr Infos im Blogbeitrag von news aktuell hier.
Mehr Informationen über den Autor Marco Junk finden Sie im Autorenverzeichnis.
*Zitate sind der offiziellen Pressemeldung entnommen