VK Düsseldorf: Konzessionsvergabe der Abfallentsorgung (Beschluss v. 16.05.2011 – VK-12/2011-L)

Entscheidung§ 99 Abs. 1 und 4 GWB, Art. 1 Abs. 4 Richtlinie 2004/18/EG

In vielen Rechtsgebieten hat die Rechtsprechung bereits Stellung genommen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Dienstleistungskonzession außerhalb des förmlichen Vergaberechts zulässig ist. Beispielsweise ist entschieden worden, dass im Abwasserbereich eine Dienstleistungskonzession zulässig ist. Im Altpapierbereich wird hingegen eine Dienstleistungskonzession als unzulässig angesehen, weil die Bieter nicht von den Nutzern ein Entgelt erhalten, sondern von der Papierfabrik und gleichermaßen in der Übereignung des Altpapiers ein fest vereinbartes Entgelt zu sehen ist.
Im Rahmen der Abfallentsorgung hat jedoch erstmalig die Vergabekammer Düsseldorf nunmehr entschieden (Beschluss v. 16.05.2011 – VK-12/2011-L), dass bezogen auf den Einzelfall keine Dienstleistungskonzession vorliegt, auch dann nicht, wenn dem Konzessionär das Recht zur Erhebung von privatrechtlichen Entgelten eingeräumt werden soll.

Sachverhalt

Die Vergabestelle hat im Rahmen eines nicht förmlichen Verfahrens eine Konzession für Entsorgungsdienstleistungen ausgeschrieben. Das Entsorgungsunternehmen sollte als Gegenleistung berechtigt werden, von den satzungsunterworfenen Nutzern der öffentlichen Einrichtung „Abfallentsorgung“ privatrechtliche Entgelte zu erheben. Die Entsorgungsverantwortung sollte jedoch bei der Vergabestelle verbleiben.

Die Vergabestelle ging bei diesem Konzessionsmodell von dem Grundgedanken aus, die Abfallentsorgung zukünftig so zu organisieren, dass eine europaweite Ausschreibung nicht erforderlich ist und somit eine stärkere Einflussnahme bei der Auswahl des künftigen Entsorgungsunternehmens besteht.

Ein Bieter wehrt sich gegen die Vergabe einer Konzession außerhalb eines förmlichen Verfahrens.

Die Vergabekammer Düsseldorf

Die Vergabekammer (Beschluss v. 16.05.2011 – VK-12/2011-L) verneint in dem Nachprüfungsverfahren eine Dienstleistungskonzession, so dass die Vergabestelle verpflichtet ist, dieses Verfahren unter Anwendung des 4. Teils des GWB zu vergeben.

Begründet wird dies vor allem damit, dass eine Dienstleistungskonzession nur dann vorliegt, wenn dem Konzessionär eine wirtschaftliche Freiheit zukommt und der Konzessionär ein gewisses unternehmerisches Risiko zu tragen hat. Eine wirtschaftliche Freiheit des Konzessionärs, die über die eines gegen Entgelt die Hausmüllsammlung und den Transport erbringenden Unternehmens hinausgeht, konnte jedoch nicht erkannt werden.

Zudem kann eine ausschreibungsfreie Konzession nicht nur mit dem Zweck gewählt werden, keine reglementierte Vergabe durchführen zu müssen. Die Vergabestelle hat sämtliche erwarteten synergetischen Vorteile einer Dienstleistungskonzession daran angeknüpft, dass der Dienstleister nicht mehr im Wege einer reglementierten Vergabe ausgewählt wird. Eine unmittelbare positive oder negative Auswirkung auf die Entsorgungsleistung durch die Umstellung auf eine Konzessionsvereinbarung wurde von der Vergabestelle überhaupt nicht reflektiert. Weder wurden Defizite aufgezeigt, deren Abstellung man sich durch das unternehmerische Handeln eines Konzessionärs erwartete, noch wurde die künftige Gewährleistung der Müllsammlung infrage gestellt, wenn man nicht nur durch Einräumung einer Rechtsposition einen Investitionsanreiz für ein Privatunternehmen schaffen würde.

Die Vergabekammer sieht eine Dienstleistungskonzession nur dann als gegeben an, wenn diese auch abfallrechtlich zulässig ist; dies konnte jedoch dahingestellt bleiben, weil die formfreie Vergabe bereits aus anderen Gründen unzulässig war.

Praxishinweis

Die Vergabekammer lässt mangels Entscheidungserheblichkeit es dahingestellt, ob die Übertragung des Rechts zur Erhebung von Entgelten im Rahmen einer Drittbeauftragung gem. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG abfallrechtlich zulässig ist. Gegen die abfallrechtliche Zulässigkeit spricht, dass bei der Drittbeauftragung die Entsorgungsverantwortung bei der Vergabestelle verbleibt. Zudem sieht das Abfallrecht im Rahmen der sogenannten Pflichtenübertragung nach § 16 Abs. 2 KrW-/AbfG im Wege einer Beleihung ausdrücklich vor, dass dem Dritten das Recht übertragen werden kann, unmittelbar gegenüber den Bürgern Entgelte zu erheben. Eine Übertragung eines solchen Rechts im Wege der Drittbeauftragung würde gegen die in diesem Bereich des Abfallrechts vorgesehene Zweiteilung verstoßen.

Der Autor Dr. Dominik R. Lück ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Köhler & Klett Rechtsanwälte in Köln. Dort ist er Leiter des vergaberechtlichen Fachbereichs und verfügt über langjährige Erfahrung im Vergaberecht und in den Bereichen des Umweltrechts, insbesondere des Abfallrechts.

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