Abermalige Änderung der Vergabeverordnung: Maximum an Energieeffizienz

Stromzaehler

Nach der Reform ist vor der Reform – die nächste Änderung der Vergabeverordnung steht an, kaum, dass die letzte Änderung am 12. Mai 2011 in Kraft getreten ist (Vergabeblog vom 24. Mai 2011): Künftig sollen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge grundsätzlich nur Beschaffungen getätigt werden, die im Hinblick auf die Energieeffizienz das höchste Leistungsniveau aufweisen und zur höchsten Effizienzklasse gehören – ein erheblicher Einschnitt in die Beschaffungsautonomie der Vergabestelle.

Der Entwurf der „Vierten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge – Vergabeverordnung (VgV)“ war Gegenstand der Kabinettssitzung am 06.06.2011, am 23.06.2011 hat der Bundesrat dazu Stellung genommen.

Regelung im neuen Entwurf der Vierten Vergabeverordnung

Künftig sollen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge grundsätzlich nur Beschaffungen getätigt werden, die im Hinblick auf die Energieeffizienz das höchste Leistungsniveau aufweisen und zur höchsten Effizienzklasse gehören.

§ 4 Abs. 4 und 5 – neu – VgV sehen dazu für den Bereich der Liefer- und Dienstleistungen folgende Regelung vor:

„(4) Wenn energieverbrauchsrelevante Waren, technische Geräte oder Ausrüstungen Gegenstand einer Lieferleistung nach Absatz 1 oder wesentliche Voraussetzung zur Ausführung einer Dienstleistung nach Absatz 2 sind, müssen die Anforderungen der Absätze 5 bis 6b beachtet werden.

(5) In der Leistungsbeschreibung sollen im Hinblick auf die Energieeffizienz insbesondere folgende Anforderungen gestellt werden:

1. das höchste Leistungsniveau an Energieeffizienz und

2. soweit vorhanden, die höchste Energieeffizienzklasse im Sinne der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung…“

Bei allen Phasen des Beschaffungsvorgangs ist zukünftig die Energieeffizienz im Rahmen des wirtschaftlichsten Angebots nach § 97 Abs. 5 GWB als „hoch gewichtiges Zuschlagskriterium“ zu berücksichtigen.

Die Energieeffizienz wird damit als wichtiges Wertungs- und Zuschlagskriterium bei der öffentlichen Vergabe oberhalb der Schwellenwerte in der Vergabeverordnung verankert, die bereits existierenden Regelungen in der Vergabeverordnung zur energieeffizienten Beschaffung werden ersetzt.

Begründung der Bundesregierung

Dies – so die Begründung im Entwurf – sei ein erster, wichtiger Schritt zur Umsetzung des Energiekonzepts der Bundesregierung vom 28.09.2010 zur Verbesserung der Energieeffizienz.

Die Änderung der Vergabeverordnung sieht zudem in Umsetzung von Art. 9 Abs. 1 Satz 1 der EU-Richtlinie 2010/30/EG die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen sowie die Anpassung an die Berichtigung zur EU-Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge vor („Straßenfahrzeuge“ anstatt „Straßenverkehrsfahrzeuge“).

Den Entwurf mit den einzelnen Änderungen der Vergabeverordnung und der Begründung finden Sie hier.

Empfehlung des Bundesrats

Der Bundesrat hat sich aktuell am 23.06.2011 zu dem Entwurf geäußert (Drucksache BR 345/1/11).

Er empfiehlt mit Verweis auf Artikel 9 Abs.1 S. 3 der Richtlinie 2010/30 § 4 Abs.5 – neu – VgV (und § 6 Abs. 3 – neu – VgV) dahingehend zu ändern, dass die Vergabestellen bei Unwirtschaftlichkeit der Beschaffung oder Wettbewerbsverhinderung auf die höchste Energieeffizienz verzichten können. Für den Bereich der Liefer- und Dienstleistungen wird folgende Ergänzung vorgeschlagen:

„… § 4 Absatz 5 Satz 2-neu-VgV ist wie folgt zu ändern:

a) In Nummer 1 Buchstabe a ist §4 Absatz 5 folgender Satz anzufügen:

„Dies gilt nicht, wenn dem überwiegende Aspekte der Kostenwirksamkeit, der wirtschaftlichen Durchführbarkeit, der technischen Eignung oder eines ausreichenden Wettbewerbs entgegenstehen.“

Ebenso soll die bereits für den Baubereich bestehende Regelung, dass Angaben zu Energieverbrauch dann nicht in der Leistungsbeschreibung vom Bieter zu fordern sind, wenn sich die Leistungen im zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig unterscheiden, nun auch für Liefer- und Dienstleistungen gelten.

Das „hoch gewichtige Zuschlagskriterium“ im Rahmen von § 97 Abs. 5 GWB will der Bundesrat durch ein „angemessenes Zuschlagskriterium“ ersetzen, um dem öffentlichen Auftraggeber noch ausreichenden Spielraum bei der Festsetzung der Gewichtung der Wertungskriterien im Rahmen seiner Beschaffung zu geben.

Die Empfehlung des Bundesrates vom 23.06.2011 können Sie im Einzelnen hier nachlesen.

Ausblick

Grundsätzlich ist die verstärkte Berücksichtigung der Energieeffizienz bei öffentlichen Beschaffungen zu befürworten, sofern die Energieeffizienz messbar dargestellt werden kann (problematisch bei Leistungen im ITK–Bereich) und sich die Vorgaben auf die zu beschaffende Leistung beziehen.

Allerdings setzen die anstehenden Änderungen in der Vergabeverordnung nicht nur die bisher bestehende Verweisungssystematik außer Kraft (s. hierzu Beitrag im vergabeblog vom 24.05.2011), sondern stellen durch die konkreten Vorgaben zur Berücksichtigung der Energieeffizienz einen erheblichen Einschnitt in die Beschaffungsautonomie der Vergabestelle dar. Insofern sind die vorgeschlagenen Änderungen des Bundesrates zu begrüßen, da Sie dem öffentlichen Auftraggeber mehr Möglichkeiten zur Gestaltung der Leistungsbeschreibung lassen.

Besten Dank an Herrn Bernhard Fett für die Zurverfügungstellung der Unterlagen!

Die Autorin Monika Prell für den Bereich der Öffentlichen Ausschreibungen/Vergaberecht bei Bitkom Consult“ zuständig. „Bitkom Consult – Vergaberecht“ coacht, berät und unterstützt insbesondere Unternehmen der ITK-Branche bei öffentlichen Ausschreibungen. Mehr Informationen finden Sie im Autorenverzeichnis.

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