OLG Düsseldorf: Alttextilentsorgung als Dienstleistungskonzession (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 07.03.2012 – VII Verg 78/11)
§ 99 Abs. 1, 4; Art. 1 Abs. 4 Richtlinie 2004/18/EG
Dienstleistungskonzessionen unterfallen nicht dem förmlichen Vergaberecht. Dies bedeutet, dass die vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen unzuständig sind und nur ein eingeschränkter Primärrechtsschutz vor den Zivil- oder Verwaltungsgerichten gewährt wird. Zudem haben Vergabestellen bei Vergabe einer Dienstleistungskonzession allenfalls die Grundsätze des Vergaberechts zu beachten. Vor diesem Hintergrund sind in letzter Zeit auch im Entsorgungsbereich Konzessionen vergeben worden. Im Rahmen von Altpapiervergaben hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahre 2005 festgestellt, dass die Vermarktung bzw. auch der Verkauf von Altpapier keine ausschreibungsfreie Dienstleistungskonzession darstellt. Jüngst hat nunmehr das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Ausschreibung zur Alttextilentsorgung als Dienstleistungskonzession angesehen. Dies eröffnet neue Spielräume für Dienstleistungskonzessionen bei der Vermarktung von Wertstoffen und somit auch in der Altpapierentsorgung.
Der Fall
Die Vergabestelle hat im Rahmen eines nicht förmlichen Verfahrens Dienstleistungen im Bereich der Alttextilentsorgung ausgeschrieben. Die Bieter hatten mit dem Angebot Entgelte für die Aufstellung von Containern anzugeben, in denen die Sondernutzungsgebühren enthalten sein sollten. Die Vergabestelle beabsichtigt, das Angebot der Beigeladenen zu bezuschlagen. Hiergegen wehrt sich die Antragstellerin.
Das OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf sieht die Dienstleistung im Bereich der Alttextilentsorgung als Dienstleistungskonzession an, so dass der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht gegeben ist. Aus diesem Grund wird das Verfahren an das zuständige Landgericht verwiesen.
Begründet wird die Annahme der Dienstleistungskonzession damit, dass die Vergabestelle an den Auftragnehmer keine Zahlungen für die Dienstleistung leistet. Vielmehr erhält die Vergabestelle von dem Auftragnehmer eine monatliche Zahlung für die Nutzung der Containerstellplätze. Auch ist nicht ersichtlich, dass sich dieser Betrag aus einer Verwertungserlösbeteiligung abzüglich der dem Auftragnehmer entstehenden und der Vergabestelle berechneten Sammlungs- und Transportkosten zusammensetzt, so dass im Wege der Verrechnung eine Zahlung der Vergabestelle an den Auftragnehmer für seine Dienstleistung erfolgt. Zudem erlangt der Auftragnehmer auch keinen geldwerten Vorteil von der Vergabestelle, indem diese ihm die Alttextilien überlässt. Die Alttextilien werden ihm nämlich nicht von der Vergabestelle, sondern von den Nutzern der Container überlassen. Der rechtliche Rahmen der Beauftragung stellt eine gewerbliche Sammlung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG dar. Eine Drittbeauftragung gem. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG liegt nicht vor, weil es an Vereinbarungen zur Beförderung, Entsorgung und Verwertung der Alttextilien fehlt. Die vertraglichen Vereinbarungen beschränken sich auf die Zahl der Standorte und Container sowie auf die Pflicht, diese in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten. Unerheblich ist zudem, dass nicht die Nutzer der Container die Dienstleistung des Auftragnehmers vergüten, sondern dass er seine Vergütung von einem Dritten, nämlich dem Alttextilverwerter erhält.
Die bislang zur Dienstleistungskonzession im Entsorgungsbereich ergangenen Entscheidungen sprachen sich gegen eine Zulässigkeit von Dienstleistungskonzessionen aus. Unzulässig sind demnach Dienstleistungskonzessionen für den Fall, dass dem Entsorger Entgeltansprüche gegenüber den Bürgern zustehen sollen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2011 – VII Verg 51/11). Durch diese Entscheidung können Dienstleistungskonzessionen zulässig sein, sofern der Entsorger seine Dienstleistung dadurch finanziert, indem ihm im Rahmen einer gewerblichen Sammlung unmittelbar vom Haushalt wertstoffhaltige Abfällen zur Entsorgung übereignet werden und die Kommune nicht an den Erlösen beteiligt wird. Denkbar ist demnach, dass im Einzelfall auch die Altpapierverwertung eine Dienstleistungskonzession darstellen kann. Möglich wird hierbei jedoch eine solche Fallkonstellation lediglich im Bereich der Containersammlung, nicht hingegen im Rahmen einer haushaltsnahen Erfassung von Altpapier sein. Für die Annahme einer Dienstleistungskonzession soll in Abkehr zu vorangegangener Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.10.2004 – Verg 41/04) unbeachtlich sein, dass der Auftragnehmer seine Vergütung vom Alttextilverwerter bzw. der Papierfabrik und nicht unmittelbar vom Nutzer also Bürger erhält.
Der Autor Dr. Dominik R. Lück ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Köhler & Klett Rechtsanwälte in Köln. Dort ist er Leiter des vergaberechtlichen Fachbereichs und verfügt über langjährige Erfahrung im Vergaberecht und in den Bereichen des Umweltrechts, insbesondere des Abfallrechts. Mehr Informationen finden Sie im Autorenverzeichnis.