Verteidigungsrichtlinie: EU-Kommission fordert Zwangsgeld – Tagessatz von bis zu 70.000 EUR

EU-KommissionDer Ton wird schärfer: Nachdem die EU-Kommission mit einer sog. “mit Gründen versehenen Stellungnahme”, der zweiten Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 EG-Vertrag, von Polen, den Niederlanden, Luxemburg und Slowenien die Umsetzung der EU-Richtlinie zu Vergaben in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung (2009/81/EG) einforderte und gleichwohl nichts geschah, hat sie nun beim EuGH die Verhängung eines Zwangsgelds gegen diese Länger beantragt: Einen Tagessatz von 70561,92 EUR für Polen, 57324,80 EUR für die Niederlande, 8320,00 EUR für Luxemburg und 7038,72 EUR für Slowenien. Die Richtlinie wurde im August 2009 verabschiedet und war bis zum 20. August 2011 von allen EU-Mitgliedstaaten umzusetzen.

Die EU-Kommission hat beschlossen, vor dem EuGH Klage gegen Polen, die Niederlande, Luxemburg und Slowenien zu erheben, weil diese die Richtlinie für die Beschaffung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial (und damit verbundenen Bau- und Dienstleistungen) für die Streitkräfte sowie für die Vergabe sensibler Aufträge für Lieferungen, Bau- und Dienstleistungen im Bereich der Sicherheit nicht vollständig umgesetzt haben (RL 2009/81EG). Die Kommission hat außerdem beschlossen, beim Gerichtshof die Verhängung eines täglichen Zwangsgelds gegen die vier Mitgliedstaaten zu beantragen, das so lange zu zahlen wäre, bis die Richtlinie vollständig umgesetzt ist.

Teure Untätigkeit

Die Kommission schlägt vor, die Höhe des Zwangsgelds auf einen Tagessatz von 70561,92 EUR für Polen, 5 324,80 EUR für die Niederlande, 8320,00 EUR für Luxemburg und  7038,72 EUR für Slowenien festzusetzen. Zu entrichten wäre das Zwangsgeld ab dem Tag, an dem das entsprechende Urteil des Gerichtshofs ergeht, bis zu dem Tag, an dem der jeweilige Mitgliedstaat der Kommission mitteilt, dass er die in Frage stehenden Vorschriften vollständig in nationales Recht umgesetzt hat.

Diese finanziellen Sanktionen werden von der Kommission auf der Grundlage des Lissabon-Vertrags vorgeschlagen. Sie tragen der Dauer und Schwere der Vertragsverletzung sowie der Größe der betroffenen Mitgliedstaaten Rechnung. Die endgültige Entscheidung über die Verhängung des Zwangsgelds trifft der Gerichtshof.

Deutsches VergabenetzwerkHintergrund

Das Europäische Parlament (EP) hatte am 16. Dezember 2008 eine neue EU-Richtlinie zur Vergabe öffentlicher Aufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (2009/81/EG) verabschiedet. Bis zum 21. August 2011 hatten die Mitgliedsstaaten Zeit, diese in nationales Recht umzusetzen. Die Richtlinie ist Teil des sog. “Defence Package”, das auf die Schaffung eines europäischen Markts für Verteidigungsgüter zielt. Bislang haben die Mitgliedssaaten regelmäßig unter Berufung auf 346 Abs. 1 b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) – ehemals Art. 296 des EG-Vertrages – solche Güter und Dienstleistungen unter dem Deckmantel nationaler Sicherheitsinteressen nicht europaweit ausgeschrieben, sondern im Inland vergeben. Die neue Richtlinie soll für eine Öffnung dieses Marktes und für mehr Transparenz und Wettbewerb bei der Auftragsvergabe sorgen.

Die meisten Mitgliedstaaten haben bereits Umsetzungsvorschriften erlassen. Polen, die Niederlande und Luxemburg haben der Kommission jedoch bisher keine nationalen Umsetzungsmaßnahmen mitgeteilt, und Slowenien hat lediglich einen Teil der erforderlichen Vorschriften notifiziert.

Zu den Einzelheiten der Richtlinie sei auf den Beitrag unseres Autors Mark Münch “Neues Vergaberecht für den Sicherheits- und Verteidigungsbereich Teil 1” und “Teil 2” verwiesen.

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