BVerwG: Rückforderung von Subventionen (Zuwendungen) wegen fehlerhafter Vergabeart
Häufig werden Subventionen (Zuwendungen) anteilig oder ganz zurückgefordert, weil Zuwendungsempfänger gegen das Vergaberecht verstoßen haben. Bereits im November 2011 hatte der BGH entschieden, dass die Rückforderung eines Investitionszuschusses rechtmäßig ist, wenn ein schwerwiegender Verstoß gegen Vergabevorschriften vorliegt (vgl. den Beitrag des Autors hier). Mit Beschluss vom 13.02.2013 hat nunmehr das BVerwG entschieden, dass eine fehlerhafte Wahl der Vergabeart im Regelfall zur Rückforderung von Zuwendungen führt (Az.: 3 B 58.12).
Hintergrund
Grundsätzlich sind das Vergaberecht und das Zuwendungsrecht getrennte Rechtsmaterien. Schnittmengen ergeben sich jedoch dann, wenn die Rechtsordnung Zuwendungsempfänger zur Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften verpflichtet.
Die rechtliche Verknüpfung beider Rechtsmaterien erfolgt durch Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid. Wenn Investitionsmaßnahmen der Kommunen durch Zuwendungen der Europäischen Union, des Bundes oder des Landes gefördert werden, so werden die „allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung“ (ANBest-P) regelmäßig Bestandteil des Zuwendungsbescheides. Die ANBest-P sehen als Teil der Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO bzw. den §§ 44 ff. Haushaltsordnungen der Länder vor, dass ab einer bestimmten Schwelle bei der Vergabe von Aufträgen die Bestimmungen der VOB/A bzw. VOL/A anzuwenden sind. Allgemeine Nebenstimmungen für Zuwendungen sind grundsätzlich nicht Teil des Vergaberechts, sondern des Zuwendungsrechts. Rechtliche Verbindlichkeit im Außenverhältnis erlangen Sie jedoch als Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid, so dass bei Vergaberechtsverstößen im Zusammenhang mit der Mittelverwendung der Widerruf der bewilligten Zuwendung nach dem einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetz (§ 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG) in Betracht kommt.
Seit einigen Jahren besteht im Hinblick auf die Einhaltung der Vergabevorschriften eine strenge Erlasslage seitens der Finanzministerien und dahingehende Kontrollen der Rechnungshöfe und Rechnungsprüfungsämter. Die Erlasslage sieht bei schwerwiegendem Vergaberechtsverstoß regelmäßig die vollständige Rückforderung der gewährten Zuwendung vor.
Rechtslage
Ob die falsche Wahl der Vergabeart – beschränkte Ausschreibung oder gar freihändige Vergabe statt der grundsätzlich geforderten öffentlichen Ausschreibung – regelmäßig den Widerruf der Zuwendung zur Folge hat, wurde in der bisherigen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte nicht einheitlich beurteilt.
Das OVG Münster hat entschieden, dass die Wahl der falschen Vergabeart im Regelfall den Widerruf der Zuwendung zur Folge hat (Urteil vom 20.04.2012 – 4 A 1055/09). Der Zuwendungsgeber sei nicht verpflichtet einen (zusätzlichen) Verstoß gegen das Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung zu belegen.
Demgegenüber hat das OVG Koblenz festgestellt, dass die unzulässige Auftragsvergabe im Rahmen eines nicht offenen Verfahrens bzw. einer beschränkten Ausschreibung nicht stets als schwerwiegender Vergabeverstoß zur Rückforderung der Zuwendung führen müsse (Urteil vom 25.09.2012 – 6 A 10478/12).
Das BVerwG hat im Wesentlichen die Rechtsauffassung des OVG Münster und damit die stringente Rückforderungspraxis der Bewilligungsbehörden bestätigt. Soweit auf Basis des einschlägigen Runderlasses Verstöße grundsätzlich zum Widerruf des Zuwendungsbescheides führen, weil nicht die gemäß VOB/A oder VOL/A anzuwendende Vergabeart gewählt wurde, handele es sich insoweit um eine Regelannahme. Die öffentliche Ausschreibung bzw. das offene Verfahren habe grundsätzlich Vorrang vor den anderen Vergabearten. Dieser Vorrang verfolge den Zweck, einen möglichst breiten und transparenten Wettbewerb zu schaffen und damit sicherzustellen, dass der im Sinne der Ausschreibung günstigste Anbieter den Zuschlag erhalte. Daher liegt es dem BVerwG zufolge nahe, Verstöße gegen den Vorrang der öffentlichen Ausschreibung im Regelfall als besonders schwerwiegend einzustufen und einen Widerruf anzuordnen. Trotz der „generalisierenden Regelbeurteilung“ des einschlägigen Runderlasses des Finanzministeriums müssten jedoch auch die Umstände des Einzelfalls gewürdigt werden.
Die Entscheidung des BVerwG ist insgesamt zustimmungswürdig. Insbesondere dürfte bei einer fehlerhaften Wahl der Vergabeart regelmäßig ein schwerwiegender Verstoß gegen Vergaberechtsvorschriften vorliegen. Da im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung oder eines offenen Verfahrens der Wettbewerb eine andere Gestalt hat als in den anderen Vergabearten, lässt sich letztlich niemals gänzlich ausschließen, dass die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung bzw. eines offenen Verfahrens nicht doch besser gewahrt worden wären.
Vor diesem Hintergrund ist Zuwendungsempfängern zu raten, bei der Umsetzung von geförderten Vorhaben das Vergaberecht genauestens einzuhalten. Das gilt gerade für Zuwendungsempfänger, die grundsätzlich keine öffentlichen Auftraggeber sind und denen das Vergaberecht daher wenig vertraut sein dürfte. Erforderlich ist insbesondere eine sorgfältige Ausschreibungskonzeption. Die Entscheidung für die gewählte Vergabeart ist außerdem im Vergabevermerk sorgfältig zu dokumentieren. Erhöhte Begründungsanforderungen bestehen dann, wenn die Wahl der Vergabeart nicht auf das Regelverfahren der öffentlichen Ausschreibung oder des offenen Verfahrens fällt, sondern ein Ausnahmetatbestand herangezogen wird.