Erstattungsanspruch verjährt in drei Jahren ab Schlussrechnungszahlung (OLG Koblenz, Beschl. v. 06.02.2014 – 2 U 1116/12, BGH, 06.04.2016 – VII ZR 45/14 – NZB zurückgewiesen)
Die Entscheidung des OLG Koblenz ist zwar nicht so aktuell wie vom Vergabeblog gewohnt, hat aber durch die zurückgewiesene Nichtzulassungsbeschwerde des BGH vom 06.04.2016 wieder an Aktualität gewonnen. Insgesamt handelt es sich um ein wichtiges und wegweisendes Urteil, das bisher nicht die Aufmerksamkeit gefunden hat, die es verdient.
Auch Rückforderungen aufgrund Feststellungen der Preisprüfung verjähren gemäß § 195 BGB nach drei Jahren zum Jahresende. Aber setzt die genannte Verjährung in Einzelfällen möglicherweise schon vor bzw. unabhängig von der Feststellung der Preisprüfung ein? Wie sind in diesem Zusammenhang die teilweise sehr langen Zeiträume bis zur tatsächlichen Durchführung von Preisprüfungen und dem Vorliegen des Preisprüfungsberichtes zu bewerten?
Die Entscheidung
Mit diesen Fragen hat sich das OLG Koblenz mit Beschluss vom 06.02.2014 – 2 U 1116/12 beschäftigt. Der verhandelte Fall war ein in 1998 geschlossener Vertrag zum Selbstkostenerstattungspreis – die Preisprüfung des hier relevanten Unterauftrages wurde 2008 – also 10 Jahre danach abgeschlossen. In 2011 erhob der Auftraggeber Klage auf Rückzahlung.
Das Gericht stellt fest, dass Feststellungen der Preisprüfung als innerbehördliche Stellungnahme zu sehen sind und die Verjährung unter Umständen – wie in dem verhandelten Fall – bereits vor dem Zugang des Prüfungsberichtes beginnt.
Die Leitsätze aus dem Beschluss des OLG Koblenz lauten:
- Ein Anspruch des Auftraggebers auf Erstattung einer Überzahlung entsteht mit vollständiger Zahlung, wenn die Leistungen zu diesem Zeitpunkt komplett erbracht und unter Vorlage der entsprechenden Nachweise abgerechnet waren.
- Ein öffentlicher Auftraggeber muss sich die Fachkenntnisse der von ihm eingeschalteten Prüfbehörde zurechnen lassen. Daraus folgt, dass er so zu behandeln ist, als sei er aufgrund der ihm überlassenen bzw. auf entsprechende Anforderung hin zur Verfügung gestellten Unterlagen zur Preisprüfung so, wie dann von den Preisprüfungsbehörden auch tatsächlich erfolgt, imstande gewesen.
- Eine durch die Prüfungsbehörde verursachte unangemessene Verzögerungen der Preisprüfung muss sich der öffentliche Auftraggeber ebenfalls zurechnen lassen.
Entscheidend und interessant sind vor allem folgende Urteilsauszüge:
„(es) … standen der Klägerin … sämtliche relevanten Informationen bereits im Jahr 1998 zur Verfügung oder hätten ihr jedenfalls innerhalb einer angemessenen Prüfungsfrist – sei diese orientiert an der Dauer der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB oder aber an der 5-Jahresfrist nach § 9 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 – ohne grob fahrlässige Versäumnisse und Verzögerungen zur Verfügung stehen können und müssen.“
Diese grob fahrlässigen Versäumnisse und Verzögerungen wurden hier gesehen. Hier geht das Gericht auch auf die Aufbewahrungsfrist des § 9 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ein, nach der Unterlagen für eine Preisprüfung mindestens 5 Jahre aufzubewahren sind, und nennt diese Frist richtigerweise nicht Verjährungsfrist, stellt aber hierzu fest:
„Gleichwohl liegt hierin aber ein gewichtiges Indiz für eine faktische Beschränkung (Ebisch/Gottschalk, § 9 Rn. 117). Nach Ablauf dieser Frist liegt es nahe, dass die Preisprüfung auf kaum noch zu überwindende praktische Schwierigkeiten stoßen dürfte (vgl. Ebisch/Gottschalk, wie vor). Genau diese Gefahr hat sich im vorliegenden Fall auch realisiert, als zum Zeitpunkt der Prüfung durch die Regierung von … bei dem Subunternehmer … nicht mehr alle Nachweisunterlagen vorhanden waren.“
Die genannte Aufbewahrungsfrist erfährt damit m.E. über den konkreten Fall hinaus auch eine generelle Aufwertung für vergleichbare Fälle.
Abschließend stellt das OLG Koblenz noch fest:
„Selbst wenn man mithin den Verjährungsbeginn nicht bereits mit Ablauf des Jahres 1998 annehmen wollte, sondern erst unter Hinzurechnung einer angemessenen Prüffrist (vgl. insoweit Staudinger-Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2009, § 199 Rn. 77) – orientiert an den vorgenannten Zeiträumen – war die erst im Jahr 2011 erhobene Klage damit gleichwohl nicht geeignet, die zu diesem Zeitpunkt in jedem Fall bereits eingetretene Verjährung noch zu hemmen.“
Auswirkungen der Entscheidung
Ich sehe durch dieses Urteil zwar eine gewisse Stärkung der Position des Auftragnehmers – im Endeffekt kommt es aber immer auf den speziellen Einzelfall und dessen Umstände an. Hier haben wir aber meiner festen Überzeugung nach ein Thema (nämlich eine eventuelle Verjährung für Preisprüfungen), die erst nach der Mindestaufbewahrungsfrist stattfindet. Dies sollte bei einer möglichen Novellierung des Preisrechts Berücksichtigung finden.