HOAI: Kommission verklagt Deutschland vor dem EuGH

Die Europäische Kommission hat Deutschland heute (Donnerstag) vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen unzureichender Einhaltung der Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie zu reglementierten Berufen verklagt. Die Kommission sieht die in der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieurleistungen (HOAI) geregelte Vereinbarung von Mindest- und Höchsthonoraren als unverhältnismäßiges und nicht gerechtfertigtes Hindernis im Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen.Elżbieta Bieńkowska, Kommissarin für den Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, sagte: „Mehr als zwei Drittel der Wirtschaftsleistung und der Arbeitsplätze im EU-Binnenmarkt entfallen auf den Dienstleistungssektor. Wenn wir es den Anbietern von Dienstleistungen erleichtern, überall in der EU tätig zu sein, schaffen wir neue Beschäftigungsmöglichkeiten und sorgen dafür, dass die Verbraucher von mehr Auswahl und niedrigeren Preisen profitieren. Zusammen mit den Mitgliedstaaten müssen wir die vielen ungerechtfertigten Hindernisse beseitigen, die Selbstständige und Unternehmer immer noch daran hindern, ihre Dienstleistungen in verschiedenen Mitgliedstaaten anzubieten. Deshalb habe ich die Durchsetzung bestehender EU-Rechtsvorschriften zu einer der wichtigsten Prioritären unserer Binnenmarktstrategie gemacht.“

Eine Reihe praktischer Beschränkungen erschweren die Niederlassung und die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen in der EU: die Tatsache, dass sich der Sitz eines Unternehmens in einem bestimmten gerichtlichen Zuständigkeitsbereich befinden muss; überzogene Anforderungen hinsichtlich der Beteiligung, beispielsweise dass hundertprozentige der Stimmrechte oder des Kapitals eines Unternehmens von Berufsangehörigen gehalten werden müssen; verbindliche Mindesthonorare; unverhältnismäßige Genehmigungsanforderungen oder Ausschließlichkeitsrechte. Solche Hindernisse für neue Marktteilnehmer sind nicht notwendig, um die hohe Qualität der Dienstleistungen in- und ausländischer Anbieter sicherzustellen. Vielmehr bewirken sie in der Praxis häufig, dass die Verbraucher die Dienstleistungen nicht zu wettbewerbsgerechten Preisen in Anspruch nehmen können.

Hintergrund

Durch die Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) sollen die europäischen Dienstleistungsmärkte ihr Potenzial voll entfalten können, indem rechtliche und verwaltungstechnische Handelshemmnisse beseitigt werden. Dabei sind jedoch nationale Schutzbestimmungen möglich, sofern sie – z. B. im Sinne der öffentlichen Sicherheit – gerechtfertigt und im Hinblick auf das verfolgte Ziel verhältnismäßig sind.

So werden in Artikel 15 der Richtlinie eine Reihe von Anforderungen aufgeführt, die Dienstleistungserbringern nur unter bestimmten Bedingungen auferlegt werden dürfen. Anforderungen wie Rechtsform, Beteiligung, verbindliche Preise und spezielle Regelungen, die die Aufnahme einer Dienstleistungstätigkeit aufgrund ihrer Besonderheiten bestimmten Dienstleistungserbringern vorbehalten, sind nach EU-Recht nicht streng untersagt, wurden jedoch vom Gerichtshof als Hindernisse für den Dienstleistungsbinnenmarkt erkannt. Sie können nur aufrechterhalten werden, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und nicht diskriminierend sind und die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt, d. h. dasselbe Ziel kann nicht durch andere weniger einschneidende Maßnahmen erreicht werden.

Quelle: Europäische Kommission

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