Streit um Vergabegesetz in Sachsen-Anhalt

Nach Kritik aus der Wirtschaft und von Kommunen streitet die schwarz-rot-gelbe Koalition in weiter über das Vergabegesetz. Während die Sozialdemokrat:innen an den Regeln für öffentliche Vergaben grundsätzlich festhalten wollen, drängen CDU und FDP auf Änderungen.

Die Wirtschaft sei in einer existenziellen Krise, sagte CDU-Fraktionschef Guido Heuer. Deutschland verliere aktuell Unternehmen und Arbeitsplätze, die Zahl der Insolvenzen steige. „Das Vergabegesetz darf kein Tabu sein.“ Die Sozialdemokrat:innen sehen das anders. „Die Abschaffung des Gesetzes kommt nicht infrage, das weiß auch die CDU-Fraktion“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Rüdiger Erben. Der Kampf gegen Lohndumping sei eine wichtige Aufgabe.

Kommunen beklagen Bürokratie

Es sei kein Lohndumping zu befürchten, es gebe den Mindestlohn, sagte Heuer. „Wovor hat man Angst?“ Für ihn wäre das Vergabegesetz komplett entbehrlich, so der CDU-Fraktionschef. „Wir müssen aufpassen, dass wir unserer Wirtschaft nicht noch mehr Fesseln anlegen.“ Das novellierte Tariftreue- und Vergabegesetz ist in Sachsen-Anhalt Anfang 2023 in Kraft getreten. Es sollen möglichst nur noch solche Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen Geld kassieren, die ihren Beschäftigten Tariflohn zahlen. Für Betriebe, die das nicht erfüllen können, gilt ein landesspezifisch festgeschriebener Vergabe-Mindestlohn. Aus Sicht vieler Kommunen sind damit jedoch bürokratische Hürden und Dokumentationspflichten verbunden.

Baugewerbe-Verband fordert Abschaffung des Gesetzes

Auch der Baugewerbe-Verband Sachsen-Anhalt forderte zuletzt die Abschaffung des Vergabegesetzes. „Unsere Mitgliedsunternehmen sehen sich zunehmend gezwungen, Aufträge der öffentlichen Hand abzulehnen, da die bürokratischen Hürden – selbst bei kleinen Projekten – in keinem Verhältnis zur Auftragsgröße stehen“, teilte der Verband mit.

Das Tariftreue- und Vergabegesetz sieht etwa vor, dass öffentliche Aufträge in Sachsen-Anhalt möglichst nur noch an solche Unternehmen vergeben werden, die die ihren Beschäftigten Tariflohn zahlen. Entsprechend kritisierte der Baugewerbe-Verband, dass so Betriebe ausgeschlossen würden, die keine tarifgebundenen Löhne zahlen oder keine Nachweise über bestimmte soziale und ökologische Standards der eingesetzten Baustoffe erbringen. „Diese Bedingungen belasten kleine und mittelständische Unternehmen massiv und reduzieren den Wettbewerb“, so die Kritik. Bereits zur Einführung des Gesetzes hatten mehrere Bürgermeister:innen zudem bürokratische Hürden bemängelt.

Liberale offen für Änderungen

Die Liberalen können sich wie die CDU Änderungen vorstellen. Man müsse dafür sorgen, „dass Auftragsvergabe schneller geht, dass vielleicht teilweise Hindernisse auch beseitigt werden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Guido Kosmehl. Er brachte die Option ins Spiel, ähnlich wie in der Corona-Pandemie einige Regelungen außer Kraft zu setzen. Die Koalition werde einen gemeinsamen Weg finden, so Kosmehl. „Dass daran die Koalition platzen würde, daran glaube ich nicht.“ Die größte Oppositionsfraktion fordert ebenfalls Änderungen. „Wir sind gegen das Vergabegesetz, wir möchten den Unternehmen Freiheit geben“, sagte AfD-Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund.

Quellen: Zeit/dpa; ntv/dpa


Was halten Sie von dem Streit im Landtag in Sachsen-Anhalt? Teilen Sie die Bedenken der von CDU und FDP? Oder sind Sie einer Meinung mit den Sozialdemokrat:innen? Diskutieren Sie in unserem digitalen Netzwerk mit zahlreichen Expert:innen und Entscheidungsträger:innen aus den Bereichen Vergaberecht und Public Sector. Die Mitgliedschaft im DVNW ist für alle Teilnehmenden kostenlos. Jetzt Mitglied werden und mitdiskutieren!