Öffentliches Finanzierungsdefizit steigt weiter

Gelscheine

Der öffentliche Gesamthaushalt in Deutschland verzeichnet ein wachsendes Finanzierungsdefizit. In den ersten drei Quartalen 2024 lag das Minus bei 108 Milliarden Euro – deutlich mehr als im Vorjahr. Vor allem die Gemeinden und der ÖPNV stehen im Fokus der Entwicklungen.

Die Ausgaben des öffentlichen Gesamthaushalts in Deutschland sind in den ersten drei Quartalen 2024 weiter gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, lagen die Einnahmen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen bei insgesamt 1.405,8 Milliarden Euro. Dem standen Ausgaben von 1.513,3 Milliarden Euro gegenüber. Das Finanzierungsdefizit summierte sich damit auf rund 108 Milliarden Euro – 16,1 Milliarden Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Betroffen von der negativen Entwicklung waren alle Ebenen des öffentlichen Gesamthaushalts. Den größten Anteil am Defizit trug erneut der Bund, doch auch Länder, Gemeinden und die Sozialversicherung verzeichneten wachsende Finanzierungslücken.

Sondereffekte durch Deutschlandticket

Eine Rolle bei dieser Entwicklung spielte die Integration von rund 440 Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in den Gesamthaushalt ab dem zweiten Quartal 2023. Hintergrund ist die Einführung des Deutschlandtickets, die zu einer stärkeren Abhängigkeit der Verkehrsunternehmen von öffentlichen Mitteln führte. Das sorgte für deutlich gestiegene Personal- und Sachausgaben, aber auch zu höheren Einnahmen durch Fahrgelder. Besonders betroffen ist der Bund, dem große Verkehrsunternehmen wie die S-Bahnen in Berlin und Hamburg sowie die Deutsche Bahn-Tochterunternehmen DB Regio und DB InfraGO zugerechnet werden.

Bund reduziert Defizit – Gemeinden stark belastet

Der Bund konnte sein Defizit im Vergleich zum Vorjahr reduzieren. Während die Einnahmen um 2,7 Prozent auf 384,6 Milliarden Euro stiegen, sanken die Ausgaben um 1,7 Prozent auf 442,9 Milliarden Euro. Damit lag das Defizit bei 58,2 Milliarden Euro – 17,7 Milliarden Euro weniger als im Vorjahreszeitraum. Anders sieht es bei den Gemeinden aus: Hier wuchsen die Ausgaben um 10,6 Prozent auf 286,6 Milliarden Euro. Gleichzeitig stiegen die Einnahmen nur um 5,2 Prozent auf 260,6 Milliarden Euro. Das Defizit erhöhte sich hier damit auf 25,9 Milliarden Euro, 14,5 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Auch die Länder verzeichneten ein Defizit: Mit Einnahmen von 397,6 Milliarden Euro und Ausgaben von 404,9 Milliarden Euro ergab sich ein Minus von 7,3 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatten sie noch einen Überschuss von 3,1 Milliarden Euro erzielt.

Kommunen mit größerem Defizit als erwartet

Die kommunalen Spitzenverbände hatten für 2024 zunächst ein Defizit von gut 13 Milliarden Euro prognostiziert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts liegt das jedoch bereits Ende des dritten Quartals bei fast 25 Milliarden Euro. Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, erklärte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Bricht man diese schier unvorstellbare Summe auf die Kommunen herunter, bedeutet dies: Auf jeden Einwohner entfallen durchschnittlich 318,3 Euro ungedeckter kommunaler Ausgaben. Ohne eine massive Kursänderung ist auch in den kommenden Jahren keine Veränderung absehbar.“ Die finanzielle Lage der Kommunen wird durch stark steigende Personalkosten, höhere Sozialausgaben, Inflation und Zinsbelastungen verschärft. In Nordrhein-Westfalen stiegen die Personalkosten um mehr als 10 %, in Rheinland-Pfalz sogar um über 14 %. Gleichzeitig wuchsen die Investitionen in vielen Kommunen deutlich langsamer oder gingen sogar zurück.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Deutscher Landkreistag