Der Univention Summit 2025 im Zeichen globaler Herausforderungen

Trump startet seine zweite Amtszeit mit Drohungen gegen souveräne Staaten, Putin träumt von einem neuen russischen Imperium, und China setzt auf wirtschaftliche und technologische Dominanz. Während die weltpolitische Lage zunehmend bedrohlich wirkt, diskutierten Expert:innen in Bremen auf dem Univention Summit 2025, wie Deutschland und die EU durch digitale Souveränität resilienter werden können. Der zentrale Lösungsansatz der Tagung: Open-Source-Technologien. 

Der Univention Summit 2025 fand vor dem Hintergrund angespannter weltpolitischer Entwicklungen statt. Nur zwei Tage zuvor war Donald Trump erneut als US-Präsident vereidigt worden. Seine Rhetorik deutet auf Protektionismus, eine aggressive Außenpolitik und grundlegende Veränderungen in den transatlantischen Beziehungen hin. Kurz gesagt: Deutschland und Europa sehen unsicheren Zeiten entgegen. Besonders besorgniserregend sei die Anpassungsbereitschaft der US-Tech Giganten, deren Produkte in der deutschen Verwaltung und Wirtschaft weit verbreitet sind, so Univention CEO Peter Ganten in seiner Eröffnungsrede. Selbst Bill Gates, nur wenige Wochen zuvor noch großer Unterstützer von Trumps Gegnerin Kamala Harris, spreche nun davon, wie sehr der neue US-Präsident ihn im Rahmen eines intimen Dinners beeindruckt hat. Es sei nur eines von vielen Zeichen für die wachsende Nähe zwischen Politik und Tech-Industrie in den USA, so Ganten.

Warnung vor dem Wandel in eine „digitale Kolonie“

In seiner Eröffnungsrede ging er zudem auf die Risiken ein, die aus der Abhängigkeit von großen US- und chinesischen Tech-Konzernen resultieren. Er warnte, dass diese Abhängigkeit dazu führe, dass sensible Daten und kritische Prozesse außerhalb europäischer Kontrolle lägen. Dies mache Europa nicht nur erpressbar, sondern könne auch dazu führen, dass politische und wirtschaftliche Entscheidungen zunehmend von ausländischen Interessen beeinflusst würden. Im Zentrum seiner Rede stand das Konzept der digitalen Souveränität – die Fähigkeit, technologische Infrastrukturen und Daten unabhängig kontrollieren und gestalten zu können. Ganten hob hervor, dass es dabei nicht allein um Technologie gehe, sondern um die Sicherung von Europas Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Ohne digitale Souveränität drohe Europa, zu einer „digitalen Kolonie“ zu werden, die von den Interessen und Vorgaben ausländischer Konzerne dominiert werde.

Trotz dieser Warnungen zeigte sich Ganten zuversichtlich. Europa verfüge über das notwendige Wissen, die Ressourcen und die Technologien, um einen Kurswechsel einzuleiten. Open-Source-Lösungen bezeichnete er als einen zentralen Schlüssel, um unabhängige, sichere und innovative digitale Infrastrukturen aufzubauen. Diese könnten nicht nur helfen, bestehende Abhängigkeiten zu verringern, sondern auch die Grundlage für eine nachhaltige und selbstbestimmte digitale Zukunft schaffen. Dieser Optimismus spiegelte sich auch in den zahlreichen Ausstellern und Projekten auf dem Univention Summit 2025 wider. Innovationsführer und Unternehmen aus der Open-Source-Community präsentierten konkrete Lösungen, Technologien und Best Practices, die Europa auf dem Weg zu mehr Unabhängigkeit unterstützen sollen.

Das Highlight: Panel Talk mit Expert:innen und CIO von Schleswig-Holstein

Ein Highlight des Univention Summit 2025 war der Panel-Talk „Was müssen Verwaltung, Politik und Wirtschaft jetzt für digitale Souveränität tun?“. Die Diskussion kreiste unter anderem um zentrale Fragen wie die Rolle des Vergaberechts und der öffentlichen Beschaffung als Schlüssel zur digitalen Unabhängigkeit. Jutta Horstmann, Geschäftsführerin des Zentrums für Digitale Souveränität (ZenDiS), hob hervor, wie essenziell es sei, Open-Source-Lösungen systematisch in Ausschreibungen zu berücksichtigen. Nur so könne langfristige Unabhängigkeit und Flexibilität in der Verwaltung gewährleistet werden.

Auch Peter Ganten betonte dabei die Bedeutung regulierter Beschaffung, warnte jedoch vor einem möglichen Balanceakt: Einerseits müsse Innovation gefördert werden, andererseits gelte es, den Eindruck von Protektionismus zu vermeiden. Dr. Laura Dornheim, Chief Digital Officer der Stadt München, machte deutlich, dass digitale Souveränität nicht nur ein technisches, sondern vor allem ein politisches Anliegen sein müsse. Sie plädierte für klare, messbare Ziele, wie etwa einen Mindestanteil von Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung. Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei und CIO von Schleswig-Holstein, ergänzte, dass eine gezielte Umsteuerung öffentlicher Budgets erforderlich sei, um den Wandel aktiv voranzutreiben und digitale Souveränität langfristig zu sichern.

Dirk Schrödter über Open Source in der öffentlichen Beschaffung

Seine Erfahrungen und Perspektiven vertiefte Schrödter später am Rande der Tagung in einem Gespräch mit dem DVNW, in dem er detailliert auf die Herausforderungen und Chancen der Integration von Open Source in die öffentliche Beschaffung einging. „Zunächst brauchen wir in der öffentlichen Verwaltung erstmal einen ganz anderen Blick auf die Frage, wie abhängig wir eigentlich von großen Anbietern geschlossener IT-Systeme sind“, erklärte der Minister. Digitale Souveränität sei durch den Einsatz von Open-Source-Lösungen möglich. Dazu müsse jedoch die Beschaffung in der öffentlichen Verwaltung grundlegend umgedacht werden. „Wir müssen ein anderes Bewusstsein dafür schaffen, wie wir IT-Lösungen beschaffen. Und wir müssen dazu unsere öffentlichen Budgets […] in Open-Source-Lösungen umsteuern und unsere Marktmacht als Staat auch ausüben. Wir müssen weg von Lizenzmodellen großer Hyperscaler und hin zu Programmieraufträgen. Auch das braucht natürlich Planungssicherheit für unsere Digitalwirtschaft.“ Schrödter schlug vor, den Vorrang für Open-Source auch gesetzlich zu verankern – etwa durch Anpassungen in Vergabeordnungen, E-Government-Gesetzen und im Wettbewerbsrecht. „Das sind alles Stellschrauben, die von extrem wichtiger Bedeutung sind, wenn wir das Thema digitale Souveränität in unseren Verwaltungen ernst nehmen wollen.“

Auf die Frage nach den langfristigen Kosten und Vorteilen betonte er, dass eine Umstellung zwar Investitionen erfordere, aber langfristig Einsparungen durch den Wegfall hoher Lizenzgebühren ermögliche. „Es ist nicht richtig, immer nur auf das eine Haushaltsjahr zu schauen, sondern die Wirtschaftlichkeit über einen gesamten Produktlebenszyklus zu betrachten.“ Neben den wirtschaftlichen Vorteilen biete Open-Source aber vor allem die Möglichkeit, aktiv Einfluss auf die Entwicklung von IT-Lösungen zu nehmen. Ein konkretes Beispiel aus Schleswig-Holstein verdeutlicht Schrödters Ansatz: „Wir haben angefangen, LibreOffice auszurollen und Microsoft Office zu ersetzen. […] Wir werden die NextCloud einführen und entsprechend die proprietären Lösungen ablösen. […] Die Nutzungserfahrungen bei all diesen Lösungen, die wir jetzt einsetzen, sind durchweg positiv.“ Die größte Herausforderung sei, Mitarbeitende auf diesem Weg mitzunehmen, doch Schrödter zeigte sich optimistisch: „Wer sich da einmal richtig mit auseinandersetzt, der sieht, dass die Funktionalitäten alle da sind, dass es hochkomfortabel ist, mit den Lösungen zu arbeiten.“

Wege zur Unabhängigkeit: Europas digitale Zukunft gestalten

Der Univention Summit 2025 hat gezeigt, dass Open-Source-Technologien ein zentraler Schlüssel für mehr digitale Souveränität in Deutschland und Europa sein können. Die zahlreichen präsentierten Lösungsansätze und die engagierten Diskussionen verdeutlichten das immense Potenzial, das in unabhängigen und flexiblen Softwarelösungen steckt. Dennoch bleibt Open-Source durchaus umstritten. Zu den häufig diskutierten Problemfeldern gehören beispielsweise die anfänglich hohen Investitionen für Implementierung, Anpassung und Schulung, die teilweise komplexen Beschaffungsprozesse in der öffentlichen Verwaltung sowie die mangelnde Akzeptanz bei Mitarbeiter:innen, die an proprietäre Software gewöhnt sind. Auch die Frage nach langfristigem Support und der Verantwortung für Sicherheitsupdates bleibt ein kritischer Punkt. Zudem wird immer wieder auf die fehlende Standardisierung und die damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Interoperabilität in heterogenen IT-Landschaften hingewiesen.

Die Frage, wie Europa seine digitale Zukunft gestaltet, bleibt offen. Der Summit zeigte jedoch, dass eine enge Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Verwaltung notwendig ist, um digitale Souveränität zu erreichen – ob nun mit Open Source Lösungen oder mit Lösungen der bekannten großen, meist US-Anbieter. Nun geht es darum, Potenziale zu bündeln und gemeinsam eine unabhängige, innovative digitale Zukunft zu gestalten.


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