DVNW-Regionalgruppe Stuttgart: Drei Perspektiven auf die Vergabepraxis

Reg.Gruppe-NRWBei der Sitzung der Regionalgruppe Stuttgart des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) am 8. Oktober 2025 standen drei praxisnahe Impulse im Mittelpunkt. Hier lesen Sie mehr!

Agnes Kübler, Teamleiterin Strategischer Einkauf bei den Stuttgart Netzen, berichtete über die Zentralisierung der Vergabeprozesse innerhalb der Stadtwerke-Gruppe. Ihr 15-köpfiges Team steuert und bündelt sämtliche Vergaben – von Bauleistungen über Ladeinfrastruktur und Wärmenetze bis hin zu Speicherlösungen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die elektronische Vergabeakte: „Sie ist bei uns nicht nur Dokumentationspflicht, sondern Kommunikationsmittel“, so Kübler. Protokolle, Beschlüsse und Statusinformationen werden dort zentral abgelegt und sind für alle Berechtigten einsehbar. Ziel sei es, die Digitalisierung der Vergabeprozesse konsequent voranzutreiben – „bis auch die letzten Unterschriften digital erfolgen“. Ergänzend betreibt ihr Team ein Lieferantenmanagement mit Fokus auf Leistungsfähigkeit, Reklamationen und Nachträgen, um künftige Ausschreibungen weiter zu optimieren.

Peter Creutz, Fachanwalt für Vergaberecht bei Creutz von Maltzahn Rechtsanwälte in Freiburg, widmete sich dem „Vorrang der Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis im Lichte der Rechtsprechung des EuGH“. Er machte deutlich, dass weder das GWB noch die VgV eine Vorrangsregelung zwischen funktionaler und konstruktiver Leistungsbeschreibung kennen. Entscheidend sei, dass jede Ausschreibung „eindeutig und erschöpfend“ formuliert ist, sodass Bieter genau wissen, worauf sie bieten. Fehler in der Leistungsbeschreibung könnten gravierende Folgen haben – bis hin zum Angriff des gesamten Verfahrens.

Zum Abschluss beleuchtete Sebastian Schmäh, Geschäftsführer von Holzbau Schmäh, Vorsitzender des Verbands der Restauratoren und stellvertretender Bürgermeister der Stadt Meersburg, die Herausforderungen bei der Ausschreibung von Arbeiten an denkmalgeschützten Gebäuden. Er verwies auf Neutralitätsprobleme, wenn lokale Handwerksbetriebe bereits in der Vorbereitungsphase beteiligt sind: „Wer eine Voruntersuchung macht, darf in der Regel nicht an der Ausschreibung teilnehmen.“ Schmäh empfahl Kommunen, konsequent Referenzen einzufordern und bei der Vergabe auf regionale Leistungsfähigkeit zu achten. Zudem plädierte er für den bewussten Einsatz von Vergabegrenzen und warnte vor funktionalen Ausschreibungen, da diese viele Handwerksbetriebe von einer Teilnahme abhalten könnten.

Im Anschluss an die Vorträge bot ein Get-together mit kulinarischen Häppchen Gelegenheit zum Austausch und zur Vernetzung.

Ein besonderer Dank geht an die Gruppenvorsitzenden Dr. Martin Ott, Silke Rothhaar und Sabine Flexer sowie an die Referierenden und an alle Teilnehmenden für den offenen Austausch.

Die DVNW Regionalgruppen bieten eine großartige Gelegenheit, sich regional zu vernetzen, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen der Vergabepraxis zu entwickeln. Wir freuen uns schon auf die nächste Sitzung!

Wer ebenfalls Interesse hat, bei einer der deutschlandweiten DVNW-Regionalgruppensitzungen dabei zu sein, findet alle Informationen im Digitalen Netzwerk des DVNW. Die Teilnahme ist für Mitglieder wie immer kostenlos.