Es ist in der Vergabepraxis noch immer gang und gäbe, dass Bieter ihren Angeboten Begleitschreiben beifügen. Der Inhalt dieser Schreiben variiert. Er reicht von rein werbenden Angaben zur eigenen Leistungsfähigkeit bis zu ergänzenden technischen und/oder kaufmännischen Erläuterungen des Angebots. Die Begleitschreiben kommen dabei nicht selten auf einen Umfang von mehreren Dutzend Seiten. Die erheblichen rechtlichen Konsequenzen, die ein derartiges Begleitschreiben haben kann, werden jedoch oft verkannt:
Nach der Rechtsprechung ist das Begleitschreiben des Bieters regelmäßig Bestandteil seines Angebots. Enthält das Begleitschreiben daher Erklärungen, die die Verdingungsunterlagen abändern, ist das Angebot zwingend von der Angebotswertung auszuschließen. Dabei ist unerheblich, ob es sich lediglich um geringfügige, unbedeutende Änderungen handelt (vgl. OLG München, Beschluss vom 21.02.2008 – Verg 1/08; OLG Frankfurt, Urteil vom 03.07.2007 – 11 U 54/06).
Bieter sollten ihren Angeboten daher keine Begleitschreiben beifügen. Entweder gibt das Begleitschreiben lediglich den Inhalt der Verdingungsunterlagen wieder oder es ändert die Vorgaben der Verdingungsunterlagen ab. Im ersten Fall ist es schlicht überflüssig und im letztgenannten Fall führt es zum Angebotsausschluss (so zuletzt VK Nordbayern, Beschluss 19.03.2009 – 21.VK-3194-08/09).
Selbst in den Fällen unklarer Leistungsbeschreibungen sollte auf klärende Vorbehalte im Begleitschreiben verzichtet werden. Es besteht die Gefahr, dass das Verständnis des Bieters von der Leistungsbeschreibung nicht mit dem tatsächlichen Willen des Auftraggebers übereinstimmt. Der Vorbehalt stellt dann eine Abänderung der Leistungsbeschreibung dar. Das Angebot wäre wiederum zwingend von der Wertung auszuschließen. Bei Unklarheiten der Leistungsbeschreibung sollten die Bieter daher besser den Auftraggeber um die notwendige Aufklärung bitten.
Darüber hinaus verursachen Begleitschreiben auf Seiten der Auftraggeber einen unnötigen zeitlichen Mehraufwand bei der Angebotsprüfung. Letztendlich müssen sie jede Formulierung der Begleitschreiben dahingehend prüfen, ob dadurch vom Inhalt der Verdingungsunterlagen abgewichen wird.
Fazit für die Vergaberechtspraxis: Begleitschreiben schaffen mehr Probleme, als dass sie Sinn haben. Wollen Bieter dennoch nicht auf ein Begleitschreiben verzichten, sollte es sich in ihrem Interesse und in dem der Auftraggeber auf reine Höflichkeitsformeln beschränken.
Dr. Christian-David Wagner ist Rechtsanwalt in Leipzig und Berlin. Er betreut national und international agierende TK-Unternehmen, IT-Dienstleister, aber auch Bauunternehmen sowie öffentliche Auftraggeber.
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