Am 12. Juli 2016 fand sich die Regionalgruppe Berlin/Brandenburg zu ihrer 20. Sitzung zusammen. In gewohnt „Berliner Art“ traf man sich in Berlin Mitte, um bei Kerzenschein, Speisen und Getränken in entspannter Atmosphäre die aktuellen Entwicklungen und Probleme des Vergaberechts zu diskutieren.
Das Diskussionsthema an diesem Abend drehte sich um die VOB/A. Mit der Vergaberechtsreform im April hatte zugleich das Ende eine Ära begonnen, die der Vergabe- und Vertragsordnungen. Mit der neuen Vergabeverordnung (VgV) wurde das bisherige deutsche „Kaskaden“-Modell – teilweise – aufgegeben. Im Oberschwellenbereich sind die VOL/A-EG und die VOF vollständig entfallen und ihr Regelungsgehalt wurde auf die Verordnungsebene der VgV „emporgehoben“. Allein die VOB/A-EU hat überlebt. Aber warum? Und wie lange noch? Und mit welcher Berechtigung?
Die Regionalgruppe freute sich sehr, dass sich Frau Susanne Messing aus dem für die VOB/A zuständigen Referat B I 7 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) bereit erklärt hatte, diese und andere Fragen mit der Regionalgruppe zu diskutieren und Einblicke in die Hintergründe und Gedanken zur neuen/alten VOB/A zu gewähren.
Frau Messing berichtete von den inzwischen laufenden Arbeiten in den Arbeitsgruppen mit den Bundesländern, um jetzt – nach der Reform des EU-Vergaberechts – den 1. Abschnitt der VOB/A über die Unterschwellenvergabe von Bauaufträgen zu reformieren. Hier besteht eine Schwierigkeit vor allem darin, dass jedes Bundesland grundsätzlich die Freiheit besäße, seine haushaltsrechtlichen Vorschriften im Unterschwellenbereich eigenständig zu regeln. Gleichwohl besteht das Ziel, eine bundesweit möglichst einheitliche Regelung zu schaffen, die von der VgV im Oberschwellenbereich nicht allzu weit entfernt ist.
Frau Messing berichtete auch von den unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen der öffentlichen Auftraggeber und der (Bieter-)Unternehmen zur Anpassung des 1. Abschnitts der VOB/A (z.B. Beibehaltung oder Abschaffung des Submissionstermins, verpflichtende oder fakultative eVergabe, kurze oder lange Fristen, Erlaubnis oder Pflicht zur Nachforderung fehlender Unterlagen, Vorrang oder Wahl der öffentlichen Ausschreibung usw.). Sie verwies auf die Wichtigkeit einer ausgewogenen Balance zwischen den widerstreitenden Interessen, um den öffentlichen Auftraggebern einerseits ein effektives Beschaffungswesen zu ermöglichen und andererseits nachteilige Belastungen für die Wirtschaft zu vermeiden.
Mit den Teilnehmern des Abends entspann sich schon bald eine intensive Diskussion über den Sinn der Vergabeordnung im Allgemeinen und die angedachten Änderungen im Konkreten. Die wichtigste Erkenntnis des Abends bestand auch bei den Kritikern darin, dass es womöglich die bessere Lösung sein könnte, in einem Vergabeausschuss mit allen Beteiligten an einem einzigen runden Tisch zu sitzen als an 16 verschiedenen Tischen mit den jeweiligen Landesgesetzgebern.
Die nächste Sitzung der Regionalgruppe Berlin/Brandenburg wird voraussichtlich Ende September 2016, wieder in Berlin Mitte, stattfinden. Als Thema haben sich die Mitglieder der Regionalgruppe diesmal den „Rechtsschutz im Unterschwellenbereich“ gewünscht. Eine Einladung wird rechtzeitig erfolgen.
Anmerkung der Redaktion
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Alexander Pustal
Der Autor ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht und Assoziierter Partner der Wirtschaftskanzlei Görg Rechtsanwälte in Frankfurt am Main. Er berät die öffentliche Hand sowie private Unternehmen im Bereich Öffentliches Wirtschaftsrecht und Vergabe. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen nachhaltige Beschaffung, Kreislaufwirtschaft und Public Private Partnerships.
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