Staatliche Förderung ist sowohl für private Unternehmen als auch für öffentliche Träger eine Möglichkeit, Projekte und Investitionsvorhaben nicht vollständig selbst finanzieren zu müssen, sondern als Zuwendungsempfänger von einer Fremdfinanzierung zu profitieren.
Am Anfang jeder Förderung steht grundsätzlich der Förderantrag des Zuwendungsempfängers, der dann bei Förderfähigkeit seines Projekts einen Bewilligungsbescheid erhält. Dieser Bewilligungsbescheid enthält dann in der Regel eine Auflage, die ihn verpflichtet, das Vergaberecht einzuhalten. Damit werden seitens des Staates sowohl der Wettbewerb als auch die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der mit Fördermitteln getätigten Ausgaben gewährleistet.
Handelt es sich um eine Förderung eines Zuwendungsempfängers, der öffentlicher Auftraggeber ist und der Beschaffungen oberhalb der EU-Schwellenwerte tätigt, so entsteht durch die förderrechtliche Verpflichtung im Rahmen der Auflage im Bewilligungsbescheid eine Konstellation, die in kaum einem anderen Bereich derart weitreichende, insbesondere finanzielle Folgen nach sich ziehen kann. Denn ein einziger noch so formell wirkender Vergabefehler kann gleichzeitig zu förderrechtlichen, rein vergaberechtlichen, zivilrechtlichen sowie sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Bei den Rechtsfolgen und Auswirkungen ist hinsichtlich der einzelnen Rechtsbereiche zu unterscheiden.
Der Zuwendungsempfänger ist durch die Auflage im Bewilligungsbescheid gegenüber der Bewilligungsbehörde zur Einhaltung des Vergaberechts verpflichtet. Stellt die den Förderbescheid ausstellende Behörde einen Vergabefehler seitens des Zuwendungsempfängers fest, so liegt in dem Vergabefehler ein Verstoß gegen die Auflage im Förderbescheid zur Einhaltung des Vergaberechts vor. Dieser ermächtigt die Bewilligungsbehörde zu einem Widerruf der Zuwendung nach § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG und zur Erstattung der ausgezahlten öffentlichen Mittel nach § 49a VwVfG. Dieser Verstoß kann unter Umständen im Ergebnis dazu führen, dass der Zuwendungsempfänger sich mit einer erheblichen oder sogar vollständigen Rückforderung der ihm bewilligten Zuwendung konfrontiert sieht.
Der Zuwendungsempfänger als öffentlicher Auftraggeber ist bei der Auftragsvergabe oberhalb des EU-Schwellenwerts darüber hinaus an die Einhaltung der Vorgaben des GWB und der VgV gebunden. Unterläuft ihm bei der Auftragsvergabe ein Vergabefehler, so sind nach dem GWB Bieter, die sich in ihrem Anspruch auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen verletzt sehen, zur Rüge bezüglich des Vergabeverfahrens berechtigt. Wenn der Zuwendungsempfänger der Rüge nicht abhilft, so kann der betroffene Bieter einen Antrag auf Nachprüfung bei der zuständigen Vergabekammer und für den Fall, dass diese den Antrag zurückweist, eine sofortige Beschwerde bei dem Vergabesenat des zuständigen Oberlandesgerichts einreichen. Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass die Vergabekammer oder das Oberlandesgericht eine Rechtsverletzung durch Missachtung der Vergabebestimmungen feststellt, der öffentliche Auftrag als von Anfang an unwirksam gilt und er unter Beachtung der Vergabevorschriften erneut ausgeschrieben werden muss. Darüber hinaus sieht das GWB spezielle Schadenersatzansprüche auf Ersatz des Vertrauensschadens vor, der durch die Verletzung der Vergabebestimmungen entsteht.
Durch die Einleitung eines Vergabeverfahrens begründet der Zuwendungsempfänger zum teilnehmenden Bieter des Weiteren zumindest ein vorvertragliches Schuldverhältnis. Unterläuft ihm ein Vergabefehler, so begeht er eine Pflichtverletzung im Rahmen dieses Schuldverhältnisses. An dieser Stelle wird dem ordentlichen Gericht bei einem Schadenersatzprozess durch die Regelungen des § 179 Abs. 1 GWB die Entscheidung über die Ansprüche erleichtert. Denn die genannte Bestimmung legt fest, dass die Entscheidung der Vergabekammer und der Oberlandesgerichte bezüglich der fehlerbehafteten Vergabeverfahren eine Bindungswirkung für sie zur Folge hat. Nach den Regelungen des BGB besteht eine gesetzliche Vermutung dafür, dass der öffentliche Auftraggeber diese als Schuldner zu vertreten hat. Wenn der Bieter dann in der Lage ist, die ihm entstandenen Schäden zu beziffern, so hat er grundsätzlich einen Schadenersatzanspruch gegen den Zuwendungsempfänger auf das negative und positive Interesse. Er kann also beispielsweise sowohl die Kosten für die Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme am Verfahren als auch den Gewinn beanspruchen, der ihm durch die Nichterteilung des Zuschlags entgangen ist.
Der schlimmste Fall, der für den Zuwendungsempfänger als öffentlichen Auftraggeber eintreten kann, ist, dass im Rahmen seiner Förderung unter Umständen zusätzlich ein strafrechtliches Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren eingeleitet wird. Im Zusammenhang mit der Förderpraxis sind hier der Subventionsbetrug, der Betrug oder die Urkundenfälschung nach dem StGB zu nennen. Eine Strafanzeige und ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft drohen, wenn falsche Angaben über subventionserhebliche Tatsachen durch Zuwendungsempfänger gemacht oder unterlassen werden sowie bei zweckwidriger Verwendung der Mittel. Werden unwahre Tatsachen zu durchgeführten Vergabeverfahren getätigt und beispielsweise Dokumentationen aus Angst vor Verlust von Fördergeldern „angepasst“, so können sich der Zuwendungsempfänger sowie die Verantwortlichen strafbar machen. Im Ergebnis können hier vom Gericht unter Umständen Geld- und Freiheitsstrafen ausgesprochen sowie der „unternehmerische“ Ruf ohnehin erheblich geschädigt werden.
Zudem können mittelbare Auswirkungen auftreten. Gilt durch die Entscheidung der Vergabekammer oder des Oberlandesgerichts ein öffentlicher Auftrag als von Anfang an unwirksam, entfällt für die Liefer-, Dienst- oder Bauleistung, die der Zuwendungsempfänger als öffentlicher Auftraggeber unter Umständen bereits in Anspruch genommen hat, der Rechtsgrund. Der Vertrag müsste in der Folge nach bereicherungsrechtlichen Regelungen rückabgewickelt werden. Im Rahmen des Bereicherungsrechts wird grundsätzlich lediglich der objektive Wert der Leistungen zurückgewährt. Für diesen wird eine Rückabwicklung daher nicht sämtliche ihm entstandenen Vermögenseinbußen ausräumen. Daher kann der bezuschlagte Bieter darüber hinaus Schadenersatzansprüche in Form von Regressansprüchen gegen den Zuwendungsempfänger geltend machen, da dieser ein fehlerhaftes Vergabeverfahren durchgeführt hat und sich nicht an die Vergabebestimmungen gehalten hat.
Daneben kann der Vergabefehler zu Beanstandungen seitens von Rechnungsprüfungsämtern, Landesrechnungshöfen oder anderer Prüfbehörden führen.
Die rechtliche Konstellation in der Förderpraxis ist in kaum einem anderen Rechtsbereich in dieser Art und Folgenintensität wiederzufinden. Ein einziger, noch so formell wirkender Vergabefehler kann für den Zuwendungsempfänger als öffentlichen Auftraggeber, der oberschwellig Aufträge vergibt, unter Umständen gleichzeitig zu förderrechtlichen, rein vergaberechtlichen, zivilrechtlichen, strafrechtlichen sowie zu den genannten sonstigen Konsequenzen führen und damit erhebliche finanzielle Folgen nach sich ziehen.
Die beschriebenen, gleichzeitig eintretenden rechtlichen Folgen eines Vergabefehlers sind sicherlich der Worst Case. Dass die durch einen Zuwendungsempfänger begangenen Vergabefehler aber gleichzeitig förderrechtliche, rein vergaberechtliche, zivilrechtliche Folgen sowie Beanstandungen durch Rechnungsprüfungsämter, Landesrechnungshöfe und andere Prüfbehörden nach sich ziehen, ist in der Förderpraxis immer mal wieder anzutreffen.
Zuwendungsempfänger dürfen Vergabeverfahren bezüglich ihrer Beschaffungen keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen. Hierfür sind die rechtlichen und finanziellen Folgen zu erheblich. Wenn Zweifel bei der Handhabung vergaberechtlicher Fragestellungen bestehen, dann kann, insbesondere vor dem Hintergrund der Haftung, nur dringend empfohlen werden, sich externe fachliche Unterstützung durch spezialisierte Rechtsberater zu verschaffen. Denn Zuwendungsempfänger als öffentliche Auftraggeber werden im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung öffentlicher Träger keinen Vertrauensschutz oder schutzwürdige Interessen hinsichtlich der Vergabefehler oder ihrer Rechtsfolgen und Auswirkungen genießen.
Der Autor Michael Pilarski ist als Volljurist bei der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen – NBank – in Hannover tätig. Als Prüfer, insbesondere der Vergaberechtsstelle, lag sein Schwerpunkt mehrere Jahre in den Bereichen Zuwendungs- und Vergaberecht. Er hat die Einhaltung des Zuwendungs- und Vergaberechts durch private und öffentliche Auftraggeber, die Förderungen aus öffentlichen Mitteln erhalten, geprüft und Zuwendungsempfänger bei zuwendungs- und vergaberechtlichen Fragestellungen begleitet. Nunmehr ist er in der Rechtsabteilung der NBank in den Bereichen Vergabe-, Vertrags- sowie Auslagerungsmanagement beschäftigt. Darüber hinaus sitzt er der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Lüneburg bei, ist zugelassener Rechtsanwalt und übernimmt Referententätigkeiten sowie Schulungen im Zuwendungs- und Vergaberecht.
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