Ein voller Saal – rund 200 Gäste waren zum 3. Bau-Vergabetag in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt gekommen. Da sich die Verhältnisse der Hochkonjunktur im Bau- und Planungswesen seit dem letzten Jahr nicht geändert haben, war es umso erfreulicher, dass Programm und Format der Tagung erneut den entsprechenden Zuspruch in der Fachwelt gefunden haben.
Nach der Eröffnung durch Jan Buchholz, den Leiter der DVNW Geschäftsstelle, der zugleich durch den Tag führte, informierte in bewährter Weise Herr Reinhard Janssen aus dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, zu den aktuellen Neuerungen der VOB/A und interessanten Vorhaben und Entwicklungen des Ministeriums.
Ihm schloss sich Dipl.-Ing. Heiner Farwick, Präsident des Bundes Deutscher Architekten, mit Empfehlungen zur „Förderung der Qualität des Bauprojekts durch gute Vergabeverfahren“ an. Farwick hob unter anderem hervor, dass öffentliches Bauen nicht einfach nur Beschaffung sei, sondern Bauwerke in ihrer gesamten Komplexität und Funktion im öffentlichen Raum gesehen werden sollten. Dies erfordere eben spezielle Anforderungen an den Vergabeprozess.
Die namenhaft besetzte Podiumsdiskussion mit dem Titel „Zur Zukunft der VOB/A und HOAI – Aktuelle Herausforderungen öffentlicher Bau- und Planungsvergaben“ nahm sich diskussionsfreudig den Fragen an, die derzeit viele beschäftigen. Ob dafür oder dagegen, in Sachen Beibehaltung einer eigenständigen VOB/A, wird sich die Fachwelt noch gedulden müssen. Die beteiligten Ministerien BMI und BMWi werden darüber in den kommenden Monaten in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe beraten. Man darf also gespannt bleiben.
Hingegen scheint es auf Basis der Schlussanträge des Generalanwalts bei EuGH durchaus wahrscheinlich, dass die HOAI bald kein bindendes Preisrecht in Deutschland mehr sein wird. Die Auswirkungen wurden von den Teilnehmern der Runde, diesmal moderiert von Frau Prof. Dr. Antje Boldt, nachvollziehbar unterschiedlich bewertet. Letztlich wird natürlich nur die Praxis zeigen, zu welchen positiven oder negativen Effekten es bei Honoraren und Qualität kommt, sofern ein entsprechendes Urteil aus Luxemburg käme.
Der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof Prof. Stefan Leupertz betonte, dass sich die HOAI unbeschadet ihrer positiven Eigenschaften, in den Jahren zu einem vertragsrechtlich schwierig handhabbaren Regelwerk entwickelt hätte, das dringend anwendungsfreundlicher zum Wohle gut laufender Bauprojekte werden müsse.
Prof. Ralf Niebergall, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer sowie Dr.-Ing. Erich Rippert, Vorstandsvorsitzender der AHO, stellten wiederum klar, dass die HOAI auch für Sicherstellung der Qualität von Planungsleistungen unerlässlich sei.
Im Ergebnis wurde sehr deutlich, dass die Diskussion um die HOAI sehr viele Dimensionen hat und in ihrer Komplexität nicht nur auf das Thema Honorare verengt werden sollte (hierzu u.a. auch die gemeinsame Stellungnahme der Bundesarchitektenkammer, der AHO sowie der Bundesingenieurkammer).
In den acht Workshops, war die Themenspanne erfreulich groß. Viele für die Praxis nutzbare Empfehlungen, Neuerungen und Trends konnten gehört und diskutiert werden. In den Pausen blieb wie immer Zeit für Gespräche unter den Teilnehmenden und Vortragenden. Eine kleine Fachausstellung bot zudem wieder Möglichkeiten zur Information an.
Im letzten Teil des Tages ging es dann zurück ins Fachpanel, das mit einem Vortrag des Vorstands des DVP, Prof. Dr.-Ing. Norbert Preuß, zu aktuellen Projektmanagementstandards in der Bau- und Immobilienwirtschaft startete. Clemens Bober, Leiter der Landesgeschäftsstelle Potsdam der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V., machte in einem meinungsfreudigen Beitrag aus Sicht der ausführenden Bauwirtschaft deutlich, warum für nicht wenige Unternehmen, die Aufträge des öffentlichen Sektors nicht erste Wahl wären. Nicht nur die Preise, sondern auch die oft mit zu vielen Anforderungen überfrachteten und langwierigen Verfahren wären dafür verantwortlich.
Dipl.-Ing. Merten Welsch von der Geschäftsstelle Nachhaltiges Bauen im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, stellte in seinem Vortrag das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) vor. Der Bund hat sich im Rahmen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie vor einigen Jahren bereits verpflichtet, bei allen neuen Bundesbauten den „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ und die Arbeitshilfe „Nachhaltig geplante Außenanlagen auf Bundesliegenschaften“ grundsätzlich zu berücksichtigen.
2019 werden ca. 485 BNB-Projekte im Bundesbau und 83 im Landesbau realisiert. Somit wird deutlich, dass der Bund seine Vorbildfunktion beim nachhaltigen Bauen über die Einhaltung des Qualitätsstandards BNB weiter ausbaut, dieser aber auch in den Bundesländern immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Wie immer bei Tagungen, war für viele Themen und Diskussionen, die noch hätten geführt werden können, leider zu wenig Zeit. Gleichwohl ist es dann an einem späten Nachmittag nach einem langen Tag auch genug. Die Verabschiedung endete mit dem Versprechen im Frühjahr nächsten Jahres wieder zum Bau-Vergabetag einzuladen – die Themen gehen garantiert nicht aus.
Die Bekanntgabe des Termins des nächsten 4. Bau-Vergabetags folgt in Kürze.
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