Am 13. Februar 2009 hat der Bundesrat dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts in der vom Bundestag am 19. Dezember 2008 verabschiedeten Fassung zugestimmt. Höchste Zeit also, sich mit den Inhalten der unmittelbar bevorstehenden Vergaberechtsreform im Einzelnen auseinanderzusetzen. Zu diesem Zweck wird Vergabeblog in mehreren Folgebeiträgen die wesentlichen Änderungen aus der Vergaberechtsnovelle 2009 vorstellen und ihre praktischen Auswirkungen auf Auftraggeber- und Bieterseite aufzeigen und diskutieren.
Auch wenn die Bezeichnung „Modernisierung des Vergaberechts“ einen anderen Eindruck vermitteln mag: Mit der Gesetzesnovelle werden nicht lediglich einige Aktualisierungen des bestehenden Vergaberechts mit untergeordneter Bedeutung vorgenommen. Das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts enthält vielmehr gleich eine Vielzahl vergaberechtlicher Neuregelungen mit teils erheblichen Auswirkungen auf die Ausgestaltung und Umsetzung öffentlicher Beschaffungen. Einige dieser Modifikationen – wie die letztlich wieder gestrichene vergaberechtliche Freistellung von Auftragsverhältnissen zwischen öffentlichen Auftraggebern („Inhouse-Regelung“) oder die Pflicht zur Losaufteilung – waren im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes Gegenstand heftiger Debatten. Aber auch andere, in der Öffentlichkeit weniger diskutierte Modifikationen werden wesentliche Veränderungen im „vergaberechtlichen Alltag“ mit sich bringen und machen damit eine besondere Begutachtung erforderlich.
Ein – in erster Linie für den öffentlichen Aufraggeber – maßgeblicher Schwerpunkt der Neuerungen betrifft die vergaberechtliche Vorfrage, unter welchen Voraussetzungen eine beabsichtigte Beschaffung öffentlich ausgeschrieben werden muß. Dazu sieht die Gesetzesnovelle, neben einer (versuchten) Klarstellung zu kommunalen Grundstücksveräußerungen, einen deutlich erweiterten Ausnahmekatalog in Fällen des Geheimschutzes sowie eine Umsetzung der Rechtsprechung zur Ausschreibungspflicht von Leistungen für öffentliche Rundfunkanstalten vor. Für öffentliche Auftraggeber und potentielle Bieter gleichsam relevant sind die gesetzlichen Regelungen zu den Rechtsfolgen eines unter Verstoß gegen das Vergaberecht geschlossenen Vertrages, zum Beispiel im Falle der sogenannten „de-facto-Vergabe“. Potentielle Bieter müssen sich zudem auf eine deutliche Verschärfung der Prüfungs- und Rügepflichten und weitere erhebliche Einschränkungen in ihren Rechtsschutzmöglichkeiten gefaßt machen.
Diese und weitere Themen der Vergaberechtsnovelle werden in den kommenden Wochen im Vergabeblog vor- und zur Diskussion gestellt. Wir möchten Sie dazu ermuntern, über die Kommentierungsfunktion an der Diskussion teilzunehmen.
Die Autorin Julie Wiehler, LL.M., ist Rechtsanwältin und Partnerin der Kanzlei Frhr. v.d. Bussche Lehnert Niemann Wiehler Rechtsanwälte & Notare. Sie berät und unterstützt Unternehmen und die öffentliche Hand bei öffentlichen Ausschreibungen sowie bei vergaberechtlichen Fragen in öffentlich geförderten Projekten.
Ich bin ja sehr gespannt auf die Auswirkungen der Ahlhorn-Klausel im neuen GWB…
Zur „Anpassung“ der Wertgrenzen im Vergaberecht:
Die Lockerung der Vorschriften, Einschränkungen und Kontrollen der Banken und Hedgefonds hat uns die Bankenkrise beschert. Ums diese zu überwinden, öffnen wir jetzt einer unkontrollierbaren Korruption die Tür. Um Vergaben zu beschleunigen, wäre es besser, Planungs- und Genehmigunszeiten zu verkürzen. Das würde um Wochen und Monate beschleunigen statt um Tage.
@Paul jo: Mit dem Problem, dass Korruption deutlich wahrscheinlicher wird, muss man sich wirklich intensiv auseinandersetzen. Die Folgeerlasse der Länder lassen da zum Teil sehr zu wünschen übrig!