Im Gespräch mit dem Vergabeblog hatte der Vorsitzende des Vergabesenats und des 2. Kartellsenats des OLG Düsseldorf, Heinz-Peter Dicks, es bereits angekündigt: wenn sein Senat erneut mit der Frage der umstrittenen Rechtsfrage der Zulässigkeit von Nebenangeboten im reinen Preiswettbewerb konfrontiert werden sollte, wird er auf eine höchstrichterliche Klärung hinwirken. Nun ist es offensichtlich soweit und dieser Ankündigung folgen Taten!
Mit Beschluss vom 2. November 2011 (AZ: VII 22/11) hat das OLG Düsseldorf entschieden:
„3. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass Nebenangebote unzulässig sind, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist.
4. Aufgrund der gegenteiligen Ansicht des OLG Schleswig (IBR 2011, 351) legt das OLG Düsseldorf diese Frage dem BGH vor.“
Der Rechtsstreit dreht sich um die Auslegung von Bestimmungen in den Vergaberichtlinien, welche sich auf die Wahl der Zuschlagskriterien und die Zulassung von „Varianten“ beziehen. Diese „Varianten“ kennt das deutsche Recht unter dem Begriff „Nebenangebote“.
Art. 53 der Vergaberichtlinie unterscheidet zwischen dem Zuschlagskriterium des „günstigsten Preises“ einerseits und dem Zuschlag auf das „wirtschaftlich günstigste Angebot“ andererseits, Art. 24 Abs. 1 der Vergaberichtlinie sieht die Zulassung von Varianten (bzw. Nebenangeboten) nur vor, wenn der Zuschlag gerade nicht allein nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Preises erteilt werden soll.
Das OLG Düsseldorf legt diese Bestimmungen strenger aus als das OLG Schleswig (OLG Schleswig, Beschluss vom 15. April 2011, AZ: 1 10/10, bei Vergabeblog kommentiert von Herrn Dr. Seidel. In der Serie zu Rahmenbedingungen von Nebenangeboten berichtete der Vergabeblog über den Meinungsstand und die sich daraus ergebenden Konsequenzen.
Es bleibt also spannend!
Interessant schon jetzt:
Der Senat äußerte sich erstmals auch zu den Konsequenzen einer aus seiner Sicht vergaberechtswidrigen Kombination von Nebenangebot und Preis als einzigem Zuschlagskriterium. Dies hatte der Senat in seinen bisherigen Entscheidungen offen gelassen. Nun hat er klar gestellt, dass das Vergabeverfahren zurückzuversetzen ist. Sollte der BGH also die Ansicht des OLG Düsseldorf bestätigen, dann dürften Nebenangebote, die der Auftraggeber vergaberechtswidrig zugelassen hätte, nicht einfach von der Wertung ausgeschlossen werden. Das Verfahrensrisiko liegt demnach also beim öffentlichen Auftraggeber.
Die Autorin Dr. Valeska Pfarr, MLE, ist Rechtsanwältin bei Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Sie ist auf das Vergaberecht spezialisiert, ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Beratung der öffentlichen Hand. Mehr Informationen über die Autorin finden Sie in unserem Autorenverzeichnis.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.
Die Autorin Dr. Valeska Pfarr, MLE, ist Rechtsanwältin bei Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Sie ist auf das Vergaberecht spezialisiert, ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Beratung der öffentlichen Hand.
Art. 53 VKR kennt die beiden Zuschlagskriterien „wirtschaftlich günstigstes Angebot“ und alternativ „niedrigster Preis“, nicht wie im Artikel verlautbart „günstigster Preis“. Aufgrund dieser klaren Trennung und der Bezugnahme in Art. 24VKR auf das wirtschaftlich günstigste Angebot dürfte der BGH kaum umhin kommen dem vorlegenden OLG Düsseldorf gegen das OLG Schleswig Recht zu geben. Dann wäre auch endlich geklärt, dass insoweit ein Umsetzungsmangel von Bestimmungen der der VKR (Art. 24) vorliegt und der Normgeber – nur oberhalb der EU-Schwellenwerte – schnellstens nachbessern müsste.
Bernhard Fett, Dresden