§§ 7 Abs. 5 S. 1, 9 Abs. 4 VOL/A-EG
Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, Aufträge nur an geeignete Bieter zu vergeben. Hierzu hat er bereits in der Bekanntmachung die von ihm geforderten Nachweise zur Feststellung der Eignung teilnehmender Bieter anzugeben. Hat die Vergabestelle diese Vorgabe nicht eingehalten, sind die in den Vergabeunterlagen geforderten Eignungsnachweise als nicht rechtmäßig gefordert anzusehen. Die Folge hiervon ist, dass die Eignungsnachweise keine Berücksichtigung bei der Eignungsprüfung finden dürfen. In der Rechtsprechung wurde zwar mehrfach schon über die Unzulässigkeit von Angebotsausschlüssen entschieden, bei denen unrechtmäßig geforderte Eignungsnachweise fehlten. Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 28.11.2012 – VII-Verg 8/12) hat aber nunmehr erstmals festgestellt, dass die sich ebenfalls zwingend ergebende Verringerung des Eignungsniveaus in derartigen Fällen vergaberechtlich irrelevant ist.
Der Fall
Der öffentliche Auftraggeber hat im Rahmen eines offenen Verfahrens IT-Dienstleistungen vergeben. In der Bekanntmachung zum Verfahren wurde zur technischen Leistungsfähigkeit gefordert, dass von den Bietern aussagekräftige Referenzen über vergleichbare Leistungen anzugeben sind. Im Übrigen wurde in der Bekanntmachung auf den Kriterienkatalog verwiesen, der nur den Vergabeunterlagen beigefügt war. Der Kriterienkatalog enthielt die Verpflichtung, Kenntnisse und Erfahrungen mit konkreten Software- und Datenbankprogrammen bzw. Datenbanksystemen nachzuweisen. Die Vergabeunterlagen waren von 42 Unternehmen abgefragt worden. Gleichwohl haben lediglich 2 Unternehmen, die Antragstellerin und die Beigeladene, ein Angebot eingereicht. Während die Antragstellerin die Anforderungen aus dem Kriterienkatalog erfüllte, traf dies auf die Beigeladene nicht zu. Die Vergabestelle beabsichtigte trotz der Nichteinhaltung einzelner Kriterien aus dem Kriterienkatalog, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Hiergegen hat sich die Antragsstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag gewehrt.
Das OLG Düsseldorf
Der Nachprüfungsantrag blieb ohne Erfolg. Das OLG Düsseldorf führte zunächst unter Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung aus, dass der Kriterienkatalog nicht ordnungsgemäß als zulässiger Eignungsnachweis gefordert worden ist. Dessen bloße Nennung und der weitergehende Verweis auf die Vergabeunterlagen genügt nicht den vergaberechtlichen Anforderungen des § 7 Abs. 5 Satz 1 VOL/A-EG. Der den Vergabeunterlagen beigefügte Kriterienkatalog geht auch über eine bloße Konkretisierung von Eignungskriterien hinaus, die der Vergabebekanntmachung bereits zu entnehmen sind. Wegen der nicht ordnungsgemäßen Forderung des Kriterienkataloges als Eignungsnachweis konnte daher auch kein Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen begründet werden. Im Übrigen waren die Eignungsnachweise aber auch insgesamt nicht gemäß § 9 Abs. 4 VOL/A-EG in einer abschließenden Liste zusammengestellt worden, sodass auch aus diesem Grund ein Ausschluss nicht in Betracht kam.
Darüber hinaus führt das OLG Düsseldorf aber weiterhin als wesentlichen neuen Aspekt aus, dass mit der Nichtberücksichtigung von nicht ordnungsgemäß geforderten Eignungsnachweisen zwar regelmäßig eine Reduzierung des Eignungsniveaus zu Gunsten eines oder mehrerer Bieter einhergeht. Hierbei handelt es sich aber um eine vom Auftraggeber als auch vom unterliegenden Bieter hinzunehmende Folge der Entscheidung des Normgebers, dem gemeinschaftsrechtlichen Transparenzgebot Geltung zu verschaffen.
Inwieweit diese Auffassung des OLG Düsseldorf in der geäußerten Generalität Bestand haben wird, begegnet begründeten Zweifeln. Zum einen steht das vergaberechtliche Transparenzgebot gleichwertig neben dem Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz; durch die Vorgaben in den Vergabeunterlagen ist der Wettbewerb zunächst auf solche Bieter beschränkt worden, die die vermeintlichen Anforderungen in den Vergabeunterlagen erfüllen. Zum anderen trägt eine Rückversetzung des Verfahrens und eine korrigierte (ordnungsgemäße) Forderung der Eignungsnachweise gerade einer weitergehenden Transparenz Rechnung. Schließlich wird dem Auftraggeber faktisch die Grundlage für eine Eignungsprüfung entzogen, zu der er gesetzlich verpflichtet ist.
Die Konsequenz der Auffassung des Senates wäre letztlich, dass sich der bedenkenlose Bieter, welcher die tatsächlich vom Auftraggeber für erforderlich gehaltene Eignung nicht aufweist, über diese schlicht hinwegsetzen kann und ohne Beanstandung des vergaberechtlichen Verstoßes, diesen bewusst wettbewerbsverzerrend zu seinen Gunsten ausnutzen kann. Dies dürfte mit den Grundsätzen eines wettbewerblichen, diskriminierungsfreien und transparenten Verfahrens nicht vereinbar sein.
Der Autor Dr. Dominik R. Lück ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Köhler & Klett Rechtsanwälte in Köln. Dort ist er Leiter des vergaberechtlichen Fachbereichs und verfügt über langjährige Erfahrung im Vergaberecht und in den Bereichen des Umweltrechts, insbesondere des Abfallrechts. Mehr Informationen finden Sie im Autorenverzeichnis.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.
Der Autor Dr. Dominik R. Lück ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Köhler & Klett Rechtsanwälte in Köln. Dort ist er Leiter des vergaberechtlichen Fachbereichs und verfügt über langjährige Erfahrung im Vergaberecht und in den Bereichen des Umweltrechts, insbesondere des Abfallrechts.
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