Eine Bietergarantie ist in Art. 46 des polnischen Gesetzes Recht des öffentlichen Vergabewesens vom 29. Januar 2004 (GBl. 2013, Pos. 907, mit Änd. – nachfolgend: „Vergabegesetz”) geregelt. Der Auftraggeber ist nach der Wahl des günstigsten Angebots bzw. nach der Nichtigkeitserklärung des Vergabeverfahrens verpflichtet, Bietergarantien an alle Bieter, bis auf den Bestbieter, dessen Angebot als das günstigste Angebot ausgewählt wurde, zurückzugeben.
In den Absätzen 4a und 5 der angeführten Vorschrift sind jedoch Fälle festgelegt, in denen der Auftraggeber berechtigt ist, die Bietergarantie zurückzubehalten. Nicht selten legen Auftraggeber die Voraussetzungen für die Zurückbehaltung der Bietergarantie, insbesondere die aus Abs. 4a, erweiternd aus, so dass die teilnehmenden Bieter Rechtsschutz in Anspruch nehmen müssen. Die Wahl des Weges für die Geltendmachung der Ansprüche war bisher umstritten. Es war zweifelhaft, ob die angesprochenen Ansprüche im Wege einer Berufung an die Landesberufungskammer (nachfolgend: „Berufungskammer”) oder im zivilrechtlichen Verfahren geltend gemacht werden sollen. In der Rechtsprechung waren bislang leider abweichende Ansichten vertreten.
Ordentliche Gerichte hatten das gerichtliche Verfahren mehrmals für unzulässig erklärt. Sie beriefen sich dabei auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 7. Mai 2010, Az.: V CSK 456/09, wonach das Beibringen einer Bietergarantie ein Teil des vergaberechtlichen Verfahrens sei, ferner die Teilnahme an solchem Verfahren ermögliche und daher zweifellos ein Institut des öffentlichen Vergaberechts sei. Demnach stehen Ausschreibungsteilnehmern Rechtsmittel nach dem Vergabegesetz zu (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 11. Mai 2012, Az.: II CSK 491/11).
Die Berufungskammer hat andererseits einen Standpunkt herausgearbeitet, dass der Rechtsschutz nach Maßgabe des Vergabegesetzes Unternehmern ausschließlich hinsichtlich der rechtswidrig erfolgten bzw. unterlassenen Tätigkeiten, die das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens beeinflussen, zustehe. Nach Art. 192 Abs. 2 des Vergabegesetzes berücksichtigt die Vergabekammer eine Berufung, soweit sie einen Verstoß gegen die Vorschriften festgestellt hat, der einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens haben kann. Die Zurückbehaltung der Bietergarantie bei dem gleichzeitigen rechtskräftigen Ausschluss eines Unternehmers aus dem Verfahren hat keinen Einfluss und kann auch keinen Einfluss auf das Ergebnis der Ausschreibung haben, wodurch die Berufungskammer keine Grundlagen für die Berücksichtigung der Berufung und die Anordnung der Rückvergütung der Bietergarantie hat. Abschließend sieht die Berufungskammer die Zurückbehaltung der Bietergarantie nicht als eine Handlung an, für die der Rechtsschutz nach Maßgabe des Vergabegesetzes vorgesehen ist. Unternehmern, die die Begründetheit dieser Tätigkeit bestreitet, sollen daher ihren Ansprüche im Rahmen einer Zivilklage vor dem ordentlichen Gericht geltend machen (siehe z.B. Urteil der Berufungskammer vom 1. April 2011, Az.: KIO 576/11, KIO 577/11).
Mit der Zeit vertraten die ordentlichen Gerichte den Standpunkt, dass für die Ansprüche hinsichtlich des Art. 46 Abs. 4a des Vergabegesetzes ein unmittelbares Gerichtsverfahren zulässig ist, ohne dass Rechtsschutzmittel aus dem Vergabegesetz, welche für diese Ansprüche rein formale Vorzüge haben, in Anspruch genommen werden müssen. Die Nichtausschöpfung von diesen Rechtsbehelfen kann somit nicht als negative Prozessvoraussetzung angesehen werden (siehe Beschluss des Berufungsgerichts Szczecin vom 5. Dezember 2012 Az.: I ACz 867/12).
Den oben erwähnten Unklarheiten hat der Oberste Gerichtshof im Urteil vom 12. Februar 2014, Az.: IV CSK 291/13, ein Ende gesetzt, indem er die Geltendmachung der Rückvergütung der Bietergarantie vor dem Zivilgericht für zulässig erklärt hat. Der Unternehmer ist nach Auffassung des Gerichts berechtigt, eine Klage auf die Rückvergütung der Bietergarantie zu erheben, und zwar unabhängig davon, ob er dies vor der Berufungskammer geltend gemacht hat oder nicht. Wie das Gericht dabei richtig festgestellt hat, steht den Unternehmern nach Maßgabe des Art. 180 Abs. 2 des Vergabegesetzes in Ausschreibungen mit Auftragswerten unterhalb der Beträge, die in der Verordnung des Vorsitzenden des Ministerrates vom 23. Dezember 2013 über Auftrags- und Wettbewerbswerte bestimmt sind, von denen die Übergabe der Bekanntmachungen dem Amt für Veröffentlichungen der EU abhängig ist, keine Berufung gegen die Zurückbehaltung der Bietergarantie zu.
Der Unternehmer entscheidet daher selbst, wie er die Rückvergütung der Bietergarantie geltend machen wird. Er kann Rechtsmittel aufgrund der vergaberechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen oder auch zivilrechtliche Klage erheben. Die Grundlagen für die Geltendmachung der Ansprüche variieren je nach dem ausgewählten Weg. Bei der Entscheidung soll der Unternehmer selbstverständlich die damit verbunden Kosten sowie den Zeitaufwand in Betracht ziehen.
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