Am 15. und 16. Oktober 2015 findet in Berlin der zweite deutsche Vergabetag des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) statt. In insgesamt 12 Workshops werden relevante und aktuelle Beschaffungsthemen durch namhafte Experten aufbereitet und Hilfestellungen für die Beschaffungspraxis gegeben. Im Vorfeld des Kongresses möchten wir Ihnen einzelne Workshops vorstellen. Heute der Workshop: “Nachhaltige Beschaffung und Lebenszykluskosten”
Nachhaltige Beschaffung und Vergaberechtsnovelle
Längst vergangen scheinen die Zeiten als Themen wie Sozialverträglichkeit und Umweltfreundlichkeit von Produkten und Leistungen noch unter dem Stichwort „vergabefremde Kriterien“ diskutiert wurde. Die Stärkung derartiger, sog. strategischer, Aspekte ist vielmehr eines der wesentlichen Ziele des 2014 verabschiedeten Legislativpakets der Europäischen Union ebenso wie des am 08.07.2015 vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurfs eines Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes. Dementsprechend soll die Berücksichtigung dieser Aspekte künftig gem. § 97 Abs. 3 GWB-E ausdrücklich zu den Grundsätzen der Vergabe gezählt werden.
Im Rahmen des Workshops soll zunächst ein Überblick über den vergaberechtlichen Rechtsrahmen und die anstehenden vergaberechtlichen Änderungen im Bereich der nachhaltigen Beschaffung gegeben werden. Das bislang im Entwurf vorliegende Vergaberechtsmodernisierungsgesetz beinhaltet Änderungen nur auf der Ebene des GWB. Weitere Anpassungen auf Verordnungsebene stehen noch aus. Da die Richtlinien aber insoweit bereits sehr detaillierte Regelungen enthalten, die nur wenig Umsetzungsspielraum bieten, dürfte hier kaum mit Überraschungen zu rechnen sein. Besonderer Beachtung bedürfen folgende geplante Neuerungen:
· Fakultativer Ausschluss bei Verstößen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen,
· Möglichkeit, eine Zertifizierung nach einem Umweltmanagementsystem künftig auch bei Liefer- und nicht nur bei Bau- und Dienstleistungen zu verlangen,
· Möglichkeit, bestimmte Gütezeichen, die den in der Vergaberechtsrichtlinie definierten Anforderungen genügen, in der Leistungsbeschreibung, den Zuschlagskriterien oder den Ausführungsbestimmungen ausdrücklich als Nachweis zu verlangen sowie
· erstmals Detailregelungen zur Lebenszykluskostenberechnung.
Praxisschwerpunkt: Lebenszykluskosten
Neben der Einführung in die aktuellen vergaberechtlichen Entwicklungen zum Thema nachhaltiger Beschaffung soll ein Schwerpunkt auf die rechtssichere und handhabbare Einbeziehung von Lebenszykluskostenberechnungen in das Vergabeverfahren gelegt werden. Dabei sollen die erstmals auf Unionsebene vorgesehenen detaillierten Vorgaben zur Lebenszykluskostenberechnung dargestellt und anhand praktischer Beispiele die Einbindung von Lebenszykluskostenberechnungen in das Vergabeverfahren behandelt werden. Die Berücksichtigung etwa von Betriebs-, Wartungs- und Entsorgungskosten erfordern eine langfristige Perspektive der handelnden Personen, die sich nicht auf eine Ausgabenbetrachtung im aktuellen Haushaltsjahr beschränken (Anschaffungskosten), sondern auch die Auswirkungen der Beschaffung auf die Ausgaben während der Nutzung und der Zeit danach (Betriebs- und Entsorgungskosten) mit in den Blick nehmen.
Fazit und Einladung
Fragen nachhaltiger Beschaffung betreffen sowohl die öffentliche Hand, die hier über vielfach ungenutzte Potentiale zur Erreichung von Umwelt- und Klimaschutzzielen verfügt, als auch private Bieter, die durch die Novelle explizit dazu motiviert werden sollen, ökologische und soziale Compliance auch als Wettbewerbsvorteil im Verfahren zur Erlangung öffentlicher Aufträge zu erkennen und zu nutzen.
All Ihre Fragen werden in dem Workshop am 15.10.2015 gerne von Frau Dr. Rut Herten-Koch (Luther Rechtsanwälte) und Herrn Michael Arenz (Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung beim Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern) beantwortet. Der Workshop richtet sich gleichermaßen an öffentliche Auftraggeber und an Unternehmen.
Das vollständige Programm und die Anmeldemöglichkeit zum 2. Deutschen Vergabetag finden Sie hier.
0 Kommentare