Die Wahl des richtigen Preistyps ist entscheidend für die Form und den Umfang einer späteren Preisprüfung. Der öffentliche Auftraggeber muss genau wissen, welchen Preistyp er für einen bestimmten Auftrag ansetzen kann – aber auch der Auftragnehmer sollte die Anwendung und Abgrenzung der unterschiedlichen Preistypen kennen und nachvollziehen können.
Das öffentliche Preisrecht mit der Verordnung PR Nr. 30/53 (VO PR 30/53) unterscheidet generell zwischen Marktpreisen (§ 4) und Selbstkostenpreisen (§§ 5 bis 7). Dem Marktpreis wird ein absoluter Vorrang vor den nur ausnahmsweise zulässigen Selbstkostenpreisen eingeräumt. Dies verdeutlicht die sog. Preistreppe:
Wann liegt ein Marktpreis vor?
Als Marktpreis bezeichnet man in der volkswirtschaftlichen Lehre den Preis, der sich auf einem Markt durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage ergibt. Das öffentliche Preisrecht geht von einem differenzierteren Ansatz aus. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht der (subjektive) Preis, zu dem der einzelne Anbieter seine Produkte und Dienstleistungen als „marktgängige Leistung“ zu einem „verkehrsüblichen Preis“ verkauft – und zwar sowohl an private als auch an öffentliche Auftraggeber.
Das Preisrecht unterscheidet zwischen dem allgemeinen und besonderen Markt.
Zum allgemeinen Markt zählen Leistungen des allgemeinen Bedarfs. Der öffentliche Auftraggeber beschafft diese dort ebenso wie der private Auftraggeber auch wenn nur ein Anbieter in Frage kommt. Dabei darf der öffentliche Auftraggeber beim Preis und den sonstigen Konditionen nicht schlechter gestellt sein als der private Auftraggeber.
Beim klassischen Marktpreis nach § 4 (1) VO PR verkauft ein Auftragnehmer hierbei z.B. identische Produkte und Leistungen in etwa der gleichen Menge bzw. Anzahl zu gleichen Konditionen sowohl an öffentliche als auch private Auftraggeber. Beim abgeleiteten Marktpreis nach § 4 (2) VO PR kann auch bei zumindest im Wesentlichen vergleichbaren Produkten oder Leistungen ein Marktpreis abgeleitet werden.
Ein besonderer Markt (im Gegensatz zum allgemeinen Markt) entsteht im Rahmen einer Vergabe aufgrund Ausschreibungen. Aber auch hier gelten die Voraussetzungen der marktgängigen Leistung und des verkehrsüblichen Preises – denn nicht jede Ausschreibung führt zwangsläufig zu einem Marktpreis im Sinne des Preisrechts.
Wann dürfen Selbstkostenpreise vereinbart werden?
Sollten Marktpreise nicht festgestellt werden können, so dürfen nur ausnahmsweise Selbstkostenpreise in der Rangfolge der Preistreppe vereinbart werden.
Für den Selbstkostenfestpreis müssen die Kalkulationsgrundlagen vor Erstellung der Leistung hinreichend überschaubar sein.
Sind die Grundlagen zum Zeitpunkt der Vorkalkulation jedoch noch zu unsicher, ist aber mit einer hinreichenden Überschaubarkeit im Laufe der Auftragsabarbeitung zu rechnen, so ist eine Vereinbarung als Selbstkostenrichtpreis vorgesehen. Dieser wird zum Zeitpunkt der Überschaubarkeit der Kosten in einen Selbstkostenfestpreis oder Selbstkostenerstattungspreis umgewandelt.
Der Selbstkostenerstattungspreis ist die letzte Stufe auf der sog. Preistreppe. Eine Vereinbarung ist nur dann vorgesehen, wenn bis zur Beendigung der Leistungserstellung keine hinreichende Kostenermittlung stattfinden kann. Zu prüfen ist jedoch auch bei Selbstkostenerstattungspreisen, ob nicht Teilleistungen als marktgängige Leistungen angesetzt werden oder feste Sätze nach § 7 Abs. 2 VOPR vertraglich vereinbart werden können – z. B. in Form von Stundensätzen.
Michael Singer
Michael Singer beschäftigt sich seit 1988 ausführlich mit der Thematik „Öffentliches Preisrecht und Preisprüfungen“. Er veranstaltet praxisorientierte Seminare zum öffentlichen Preisrecht und berät Unternehmen vor Preisprüfungen und auf dem Weg zu prüfsicheren öffentlichen Aufträgen (https://www.singer-preispruefung.de). Außerdem ist er Mitveranstalter des Deutschen Preisrechtstags, tritt als Referent bei Tagungen und Fachseminaren auf und veröffentlicht regelmäßig einschlägige Fachbeiträge.
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