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Voraussetzungen für Inhouse-Vergaben konkretisiert

Eine vergaberechtsfreie Inhouse-Vergabe setzt nicht zwingend voraus, dass der öffentliche Auftraggeber auch an der Geschäftsführung seiner eigenen GmbH beteiligt ist. Umgekehrt ist nicht jedes öffentlich beherrschte Unternehmen „inhousefähig“, insbesondere, wenn es auch für private Dritte tätig wird.

In dem Fall, der bundesweit Schlagzeilen gemacht hatte, war es um die Chauffeur- und Fahrdienste für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gegangen. Diese sog. „Mandatsfahrten“ sollten nach dem Auslaufen des Vertrages mit dem bisherigen – externen – Fahrdienstleister nunmehr durch eine bundeseigene Gesellschaft erbracht werden. Hiergegen zog der bisherige Dienstleister vor Gericht und rügte einen Verstoß gegen das Ausschreibungsgebot bei öffentlichen Aufträgen. Die Voraussetzungen einer so genannten „Inhouse-Vergabe“ seien nicht erfüllt.

Dem widersprach das OLG Düsseldorf (Az. VII-Verg 23/16), indem es eine ausschreibungsfreie Inhouse-Tätigkeit bejahte. Die vom Europäischen Gerichtshof in seiner Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an Kontrolle und Beherrschung des Tochter-Unternehmens seien hier erfüllt gewesen. Auch sei die im Streitfall maßgebliche Grenze einer Fremdtätigkeit für Dritte (10 %) eingehalten worden. Als Tätigkeit für den Bund seien sämtliche Aufgaben anzusehen, die die GmbH für bundeseigene Gesellschaften bzw. diesem zuzurechnende Stellen erbringt. Nicht der Tätigkeit für den Bund zuzurechnen seien lediglich solche Tätigkeiten, die die GmbH für private Dritte erbringt.

In einem italienischen Vergabeverfahren hat der EuGH entschieden, dass nicht jedes öffentliche beherrschte Unternehmen „inhousefähig“ ist (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – Rs. C-553/15, siehe auch Besprechung hier). Es sei stets zu prüfen, ob und inwieweit die Tätigkeit des beauftragten Unternehmens für Dritte im Verhältnis zur Tätigkeit des Auftragnehmers für die „beherrschende Körperschaft“ als rein nebensächlich angesehen werden könne.

Anmerkung der Redaktion:

Beide Entscheidungen waren noch zur alten Rechtslage ergangen. Der neue § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB regelt nunmehr erstmals ausdrücklich die Voraussetzungen für die Annahme einer echten Inhouse-Konstellation. Das sog. „Wesentlichkeitskriterium“ wurde mit der neuen Regelung dahingehend konkretisiert, dass mehr als 80 % der Tätigkeiten des kontrollierten Unternehmens Tätigkeiten betreffen müssen, mit denen es vom kontrollierenden Auftraggeber beauftragt wurde.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf wird in Kürze an dieser Stelle ausführlich besprochen. (Update: Zur Besprechung geht es hier.)

Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW

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