Wie gewonnen, so zerronnen: Diese bittere Erfahrung musste der bayrische Auftraggeber einer fördermittelfinanzierten Baumaßnahme machen. Dabei hatte er gar nicht gegen Vergaberecht verstoßen. Er hatte den Auftrag nur zu früh erteilt oder aber, je nach Betrachtungsweise, den Fördermittelantrag zu spät gestellt.
BayHO Art. 23; BayVwVfG Art. 48 Abs. 1, 2
Leitsatz
Sachverhalt
Ein öffentlicher Auftraggeber stellte für die Realisierung eines Biomasseheizkraftwerks einen Fördermittelantrag. Schon zuvor hatte er jedoch die dafür erforderlichen Bauleistungen gesamthaft ausgeschrieben und beauftragt.
Als der Zuwendungsgeber die gewährten Fördermittel später wegen des vorzeitigen Beginns der Baumaßnahme zurückforderte, machte der Auftraggeber geltend, er habe die Behörde in einer Besprechung im Vorfeld der Antragstellung bereits über die bereits laufende Ausschreibung der Gesamtmaßnahme und den bevorstehenden Zuschlag informiert. Der Zuwendungsgeber habe ihm daraufhin versichert, dass bei entsprechender Genehmigung ein vorzeitiger Baubeginn fördermittelunschädlich sei. Der Auftraggeber meinte daher, er habe darauf vertrauen dürfen, dass die Fördermittel nicht zurückgefordert werden. Vor Beauftragung der Gesamtmaßnahme sei schließlich der vorzeitige Beginn einer Teilmaßnahme genehmigt worden.
Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Aus Art. 23 BayHO folgt, dass Zuwendungen nicht gewährt werden dürfen, wenn der Empfänger durch vorzeitigen Baubeginn zu erkennen gibt, dass er das Vorhaben auch ohne staatliche Zuwendungen verwirklichen will.
Aus Sicht des VGH Bayern gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zuwendungsgeber unvollständig oder unzutreffend auf die Förderschädlichkeit einer vorzeitigen Gesamtauftragsvergabe aufgeklärt hätte. Dem Auftraggeber war dieses Risiko zur Überzeugung des Gerichts auch hinreichend bekannt. Er hatte nämlich bei Antragstellung die Kenntnis der einschlägigen Förderrichtlinie und damit auch des Zustimmungserfordernisses bei vorzeitigem Baubeginn bestätigt. Auch aus vorangehender E-Mail-Korrespondenz ergab sich, dass ihm die Problematik des vorzeitigen Maßnahmebeginns bekannt war.
Aus Sicht des Gerichts lag auf der Hand, dass die Zustimmung zu einer Teilmaßnahme nicht die Vergabe des Gesamtauftrags rechtfertigte. Überdies enthielt diese den ausdrücklichen Hinweis, dass die Gesamtmaßnahme noch nicht geprüft werden konnte und der Beginn der Teilmaßnahme somit auf das eigene Risiko des Auftraggebers erfolgte.
Rechtliche Würdigung
Auch andere Landeshaushaltsordnungen und § 23 BHO stehen einem vorzeitigen Maßnahmebeginn ohne entsprechende Zustimmung des Zuwendungsgebers entgegen. Als Vorhabenbeginn zählt grundsätzlich bereits der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnen Lieferungs- und Leistungsvertrags, nicht jedoch bei Baumaßnahmen die Planung, Baugrunduntersuchungen, der Grunderwerb und das Herrichten des Grundstücks (vgl. VGH München, Beschluss vom 12.09.2000; Az.: 4 ZB 97.3544).
Praxistipp
Öffentliche Auftraggeber sind grundsätzlich gut beraten, im Rahmen der Projektplanung auch die Zeiträume für die Bewilligung von Fördermitteln zu berücksichtigen und Vergabeverfahren nicht vorschnell einzuleiten oder gar mit einem Zuschlag zu beenden. Die Zustimmung zum vorzeitigen Beginn lediglich einer Teilmaßnahme kann Auftraggebern allenfalls bei der Vergabe entsprechender (Einzel-) Lose nutzen.
Die Autorin Dr. Valeska Pfarr, MLE, ist Rechtsanwältin bei Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart. Sie ist auf das Vergaberecht spezialisiert, ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Beratung der öffentlichen Hand.
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