Frau Dipl.-Ing. Ettinger-Brinckmann ist Präsidentin der Bundesarchitketenkammer (BAK) und wird im Rahmen des Workshops „Planungswettbewerbe erfolgreich gestalten“ auf dem 2. Bau-Vergabetag des DVNW am 21. Juni 2018 in Berlin sprechen und mit den Gästen diskutieren. Im folgenden Interview erklärt sie den Grund, sich für die Durchführung von Planungswettbewerben zu engagieren. Zum Programm und zur Anmeldung für den 2. Bau-Vergabetag gelangen Sie hier.
Vergabeblog: Sehr geehrte Frau Ettinger-Brinckmann, die Bundesarchitektenkammer wird auf dem 2. Bau-Vergabetag des DVNW am 21. Juni 2018 in Berlin einen 90-minütigen Workshop unter dem Titel „Planungswettbewerbe erfolgreich gestalten“ anbieten. Für dieses Engagement nochmals unseren herzlichen Dank. Verraten Sie uns, warum Ihnen besonders dieses Thema so wichtig ist?
Antwort: Besonders wichtig ist mir, für das Instrument des Planungswettbewerbs zu werben, zu werben und nochmals zu werben als das Instrument, das regelmäßig bei der Vergabe von Architektenleistungen eingesetzt werden sollte. Aus einem einfachen Grund: anders als beim Kauf eines fertigen Produkts – vom Auto bis zur Zahnbürste – gibt es per se keine Vergleichsmöglichkeiten, wenn man vor der Planung eines neuen Gebäudes, eines Anbaus, einer Erweiterung oder von städtebaulich und freiraumplanerischer Aufgaben steht. Und das ausgerechnet bei einem Gut, das teurer und komplexer ist als alles andere. Der Planungswettbewerb kompensiert dieses Defizit. Er erlaubt, bei entsprechender Ausgestaltung – und das sollte immer so sein -, die Jungen mit ihren kreativen Ideen einzubeziehen und damit innovatives Potenzial zu heben. Ergebnis des Planungswettbewerbs ist eine fundierte Entscheidung: Auf Grundlage und im Vergleich verschiedener Lösungen ermöglicht er für die konkrete Aufgabe die unter Abwägung städtebaulich-architektonischer, funktionaler und wirtschaftlicher Aspekte beste Lösung – und darüber zugleich den Auftragnehmer -auswählen zu können. Und das mit kompetenter Beratung durch Fachleute. Beim Planungswettbewerb gibt es immer einen Gewinner, das ist der Bauherr. Aber auch die Gesellschaft – Bauen ist schließlich nie nur privat, immer auch öffentlich: Der Planungswettbewerb bietet die Möglichkeit, auch die Politik einzubeziehen und die Öffentlichkeit am Verhandlungstisch zu vertreten.
Vergabeblog: Gestatten Sie eine generalisierende Frage. Sind Sie zufrieden mit der Anzahl und der Qualität der durchgeführten Planungswettbewerbe der öffentlichen Hand in Deutschland?
Antwort: Die Gesamtzahl der Planungswettbewerbe in Deutschland liegt im Schnitt bei 400 mit leicht steigender Tendenz. Das ist nicht unbedingt erfreulich. Es verwundert mich immer wieder, dass nicht nur die öffentliche Hand, sondern auch die private Wirtschaft dieses Angebot der Architektenschaft nicht mit offenen Armen annimmt. Schließlich spart der Planungswettbewerb Geld – sowohl bei den Investitions- wie bei den Folgekosten, er amortisiert sich, weil die für das konkrete Projekt vorgelegten Lösungen immer auch den Vergleich von Wirtschaftlichkeitsfaktoren ermöglichen. In Verbindung mit der verbindlichen Honorarordnung wirkt sich dies auch honorarmindernd aus.
Vergabeblog: Planungswettbewerbe und Vergaberecht, zwei Dinge die aktuell gut gesetzgeberisch zueinandergefunden haben?
Antwort: Planungswettbewerbe haben eine lange Tradition und sind – abgesehen vom eher seltenen Fall des Ideenwettbewerbs – schon immer ein Instrument der Vergabe. Der große Unterschied zu den Zeiten vor der jüngsten Vergaberechtsnovelle (Ablösung der VOF und Einbeziehung der Planerleistungen in die VgV) ist, dass Planungswettbewerbe heute (gemäß VgV) immer dem Vergabeverfahren vorgeschaltet sind, während sie zu Zeiten der VOF auch integriert sein konnten. Das gibt dem Auftraggeber Spielräume, weil er den Planungswettbewerb zur Findung der besten Lösung und damit des Auftraggebers parallel zur Erstellung der Vergabeunterlagen durchführen kann. Diese sollte er nutzen! Und nach dem neuen § 78 Abs. 2 VgV ist er sogar ausdrücklich dazu aufgerufen, zu prüfen, ob ein Planungswettbewerb durchgeführt werden soll, und er muss seine Entscheidung auch dokumentieren. Auch die EU-Kommission hat aus der neuen Vergaberichtlinie die richtigen Konsequenzen gezogen und hält zum Beispiel in ihrem aktuellen Leitfaden für innovationsfördernde Vergabe Planungswettbewerbe hierfür für besonders geeignet.
Vergabeblog: Was für ein Programm erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops?
Antwort: Wir wollen den Planungswettbewerb vor allen Dingen durch anschauliche Beispiele näherbringen. Wie funktioniert er in der Praxis und welche Ergebnisse bringt er hervor? Ich freue mich daher besonders darüber, dass wir mit Cornelia Zuschke, der Dezernentin für Planen, Bauen, Mobilität und Grundstückswesen der Stadt Düsseldorf sowie dem Landrat des Kreises Görlitz, Bernd Lange, zwei Persönlichkeiten gewinnen konnten, die ihre Erfahrungen mit Planungswettbewerben aus Sicht des Auftraggebers „hautnah“ schildern werden. Und wir wollen vor allem offen diskutieren und dabei auch kritische Fragen behandeln – nicht nur unter uns, sondern vor allem auch mit dem hoffentlich zahlreich erscheinenden Publikum.
Wir sind gespannt und freuen uns gemeinsam mit Ihnen auf einen erkenntnisreichen und angenehmen Bau-Vergabetag. Vielen Dank für das Gespräch!
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