Der Dauerbrenner in der Förderung sind Widerrufe und Rückforderungen nach §§ 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, 49a Abs. 1 VwVfG wegen Vergabeverstößen. Mittlerweile ist den Zuwendungsempfängern bestens bekannt, dass Vergabeverstöße zugleich Verstöße gegen die Auflage zur Einhaltung des Vergaberechts bedeuten, soweit diese zum Gegenstand des Förderbescheids gemacht wurde. In diesem Fall kann der Zuwendungsgeber den Förderbescheid, auch wenn er unanfechtbar geworden ist, gemäß § 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwVfG (teilweise) widerrufen, wobei ihm ein Ermessen bei seiner Widerrufsentscheidung zusteht. Zwar sind die Auswirkungen auf die Förderpraxis selbst den Zuwendungsgebern noch nicht in Gänze bekannt, jedoch könnte eine noch weitgehend unbeachtete Entscheidung des BVerwG vom 15.03.2017, Az. 10 C 1/16, erheblichen Einfluss auf die künftige Förderpraxis haben.
I. Bisherige Förderpraxis
Der (Teil-)Widerruf und die Rückforderung von Fördermitteln richten sich grundsätzlich nach §§ 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, 49a VwVfG. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen und die Fördergelder zurückgefordert werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht erfüllt hat.
Grundsätzlich ist mit dem Förder-/Bewilligungs-/Zuwendungsbescheid bzw. den entsprechenden Nebenbestimmungen die Auflage zur Einhaltung des Vergaberechts verbunden. Sie verweist zuweilen allgemein, regelmäßig jedoch auf die konkret einzuhaltenden Vorschriften des Vergaberechts. Zum Teil wird hier einerseits zwischen öffentlichen und privaten Auftraggebern und andererseits zwischen dem Oberschwellen- und Unterschwellenbereich differenziert.
Werden vom Zuwendungsempfänger jedenfalls Vergabebestimmungen in diesen Fällen nicht eingehalten, begeht er einen Auflagenverstoß, sodass als Rechtsfolge eine Ermessenentscheidung des Zuwendungsgebers zum Widerruf und zur Rückforderung der Zuwendung ausgelöst wird. Im Rahmen des Ermessens werden dann die Umstände des konkreten Einzelfalls bewertet, wobei für die einheitliche Ermessensausübung in den Bundesländern unterschiedliche Leitlinien wie die so genannten Ermessenslinien sowie die COCOF-Leitlinien Anwendung finden. In Orientierung an diese Leitlinien werden Vergabeverstöße als leicht oder schwer klassifiziert bzw. unter Verhältnismäßigkeitsaspekten die betreffende Ausgabe teilweise (prozentual) oder vollständig von der Förderung ausgeschlossen. Diese Entscheidung wird in einem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid festgesetzt.
II. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2017, Az. 10 C 1/16
In seiner Entscheidung hat das BVerwG Aussagen zu interessanten Punkten für die Förderung im Rahmen von Anteilsfinanzierungen getroffen.
1. Keine auflösende Bedingung in Ziffer 2.1 ANBest-K, sondern Vorbehalt
Diese Ziffer sah im streitgegenständlichen Fall vor, dass wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben ermäßigen, sich die Deckungsmittel erhöhen oder neue Deckungsmittel hinzutreten, sich die Zuwendung ermäßigt.
Das BVerwG hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Ziffer zwar eine Ermäßigungsregelung enthält, es sich bei dieser Ziffer jedoch nicht um eine auflösende Bedingung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V, sondern um einen Vorbehalt handelt.
Eine Bedingung wird nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V dadurch charakterisiert, dass sie den Eintritt oder den Wegfall einer Vergünstigung oder Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig macht. Unter den Begriff des Ereignisses fallen nur von der Außenwelt wahrnehmbare Handlungen, Erklärungen oder Geschehnisse. Für ein Ereignis ist im allgemeinen Sprachgebrauch kennzeichnend, dass es erlebt, gehört, gesehen, mit anderen Worten durch Wahrnehmung erfasst werden kann. Dass es sich bei dem in § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V genannten „Ereignis“ um einen empirisch nachprüfbaren Vorgang handeln muss, legt auch der semantische Zusammenhang zum „Eintritt“ des Ereignisses nahe, der den Zeitpunkt bestimmt, ab dem der Verwaltungsakt einen anderen Regelungsgehalt erhält. Da das künftige ungewisse Ereignis kraft Gesetzes ohne weiteren Zwischenschritt einen Rechtsverlust oder einen Rechtsgewinn herbeiführt, muss sein Eintritt auch aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten – für den Adressaten des Bescheids, für die Behörde und ggf. für Dritte – gleichermaßen ohne Weiteres erfassbar sein.
Dies ist bei äußeren, zur allgemeinen Erfahrungswelt gehörenden Tatsachen der Fall, nicht hingegen bei nur zur Gedankenwelt eines Beteiligten gehörenden Vorstellungen (Prüfvorgang eines Sachbearbeiters).
Da es eine ereignislose Bedingung nicht gibt, kann der Zuwendungsbescheid nicht als auflösend bedingter Verwaltungsakt verstanden werden. Er ist daher nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu erforschen, wie der Adressat den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste.
a.) Vorläufiger Verwaltungsakt in Form des vorläufigen Förderbescheids
Aus der Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich der Zuwendungsbescheid als vorläufiger Zuwendungsbescheid dar. Der nur vorläufige Charakter der Mittelzuweisung folgt bereits aus der im Tenor des Zuwendungsbescheids geregelten Festlegung auf eine hälftige Anteilsfinanzierung der anfallenden zuwendungsfähigen Kosten, aus der unbestimmten und zukunftsoffenen Festlegung der Zuschusshöhe „von max.“ und aus dem Erfordernis einer Verwendungsnachweisführung gemäß Bescheid. Damit enthält der Bescheid keine exakt bezifferte Festbetragsförderung, sondern lediglich die verbindliche Zusage der Anteilsfinanzierung und die Festlegung der Verfahrensmodalitäten für die nachfolgende Bestimmung des endgültigen Förderbetrags.
b.) Endgültiger Verwaltungsakt in Form des Schlussbescheids/Verwendungsbescheids
Die endgültige Entscheidung über die Förderhöhe enthält erst der „Änderungsbescheid“. Der Bescheid setzt nach abschließender Prüfung des Verwendungsnachweises die Höhe der Zuwendung fest. Der endgültige Charakter der Zuwendungsfestsetzung ergibt sich aus dem Hinweis, „dass die Projektförderung – vorbehaltlich einer Prüfung durch die Europäische Kommission, den Europäischen Rechnungshof und deren Einrichtungen oder den Landesrechnungshof – für diese Maßnahme abgeschlossen sei“. Damit wird von dem in dem früheren Bescheid enthaltenen Vorbehalt Gebrauch gemacht und hinsichtlich des Zuwendungsbetrags ein Schlussbescheid erlassen.
2. Verjährung des Erstattungsanspruchs bezüglich der Fördermittel
Da der Bewilligungsbescheid im streitgegenständlichen Fall nicht auflösend bedingt war, konnte die Verjährung des Erstattungsanspruchs auch nicht mit der Vorlage der Verwendungsnachweise beginnen und drei Jahre nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ablaufen. Das Oberverwaltungsgericht war zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährungsfrist analog §§ 195, 199 BGB n.F. unterliegt. Die dreijährige Verjährungsfrist begann aber nicht vor der Festsetzung des endgültigen Zuwendungsbetrags durch den Schlussbescheid zu laufen und war deshalb bei dem gleichzeitigen Erlass des Rückforderungsbescheids nicht verstrichen.
Hieran ändert nichts, dass die Erstattungsforderung rückwirkend entstanden ist. Wie die Rücknahme oder der rückwirkende Widerruf eines Bewilligungsbescheids auf dessen Erlasszeitpunkt zurückwirkt, so wirkt auch die Festsetzung des endgültigen Zuwendungsbetrags durch einen Schlussbescheid auf den Zeitpunkt des vorläufigen Bewilligungsbescheids zurück. Vor Erlass des Schlussbescheids ist die Erstattungsforderung jedoch nicht durchsetzbar, weshalb sie zuvor noch nicht verjähren kann. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Erstattungsforderung seit dem Empfang der Überzahlung und damit auch für zurückliegende Zeiträume zu verzinsen ist und diese Zinsansprüche rückwirkend verjähren können. Dies ist der besonderen gesetzlichen Regelung der Verzinsung geschuldet; damit soll zugleich verhindert werden, dass ein verzögerter Erlass des Rücknahme-, Widerrufs- oder Schlussbescheids zur Akkumulation unverjährter Zinsen für große Zeiträume führen kann.
3. Verjährung der Befugnis zum Erlass eines vorläufigen Bewilligungs- und endgültigen Schlussbescheids in der Förderung
Die Befugnis einer Zuwendungsbehörde, aufgrund eines vorläufigen Bewilligungsbescheids die endgültige Höhe der Förderung in einem Schlussbescheid festzusetzen, unterliegt auch nicht der Verjährung. Eine analoge Anwendung der einschlägigen Verjährungsfristen der §§ 195 ff. BGB scheidet schon deswegen aus, weil auch im bürgerlichen Recht nach § 194 Abs. 1 BGB nur Ansprüche der Verjährung unterliegen, nicht aber die Ausübung von Gestaltungsrechten. Für die Ausübung von Gestaltungsrechten gelten grundsätzlich gesonderte Vorschriften. Daher unterliegt auch die Befugnis einer Behörde, einen Zuwendungsbescheid aufzuheben, als Gestaltungsrecht der Verwaltung grundsätzlich nicht dem allgemeinen Verjährungsrecht. Nichts anderes kann für die hier vorliegende Gestaltungsbefugnis der Verwaltung gelten, einen vorläufigen Verwaltungsakt durch einen endgültigen Schlussbescheid zu ersetzen.
Ferner sind beim Erlass des Schlussbescheids die für Abgaben geltenden Regelungen der Festsetzungsverjährung (§§ 169, 170 AO) nicht entsprechend anwendbar. Die Rückforderung eines überhöhten Zuwendungsanteils dient dem Ausgleich einer zu Unrecht erhaltenen Leistung, nicht aber der Deckung des allgemeinen oder besonderen Ausgabenbedarfs des Staates.
Der das Institut der Festsetzungsverjährung rechtfertigende Gedanke, dass bei verspäteter Erhebung einer Abgabe ihr zeitlicher Bezug zur Deckung der aktuellen staatlichen Ausgaben verloren geht, greift daher nicht. Die Regeln über die Festsetzungsverjährung enthalten auch keinen allgemeinen, für alle Bereiche des öffentlichen Rechts geltenden Grundsatz.
Die Grenzen für den Erlass des Schlussbescheids und die Erstattung der Fördermittel sind somit lediglich die Verwirkung und das treuwidriger Verhalten im Rahmen des § 242 BGB. Sollten Umstände hierfür nicht vorliegen, ist vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und –vorhersehbarkeit die längste im Zivilrecht und Öffentlichen Recht vorkommende Frist von 30 Jahren als absoluter Schlusspunkt anzusehen, nach dem die Ausübung einer Befugnis treuwidrig und durch § 242 BGB ausgeschlossen ist.
III. Rechtliche Bewertung der Auswirkungen auf die Förderung, insbesondere bei Vergabeverstößen
Unter Berücksichtigung dieser vom BVerwG aufgeworfenen interessanten Punkte stellt sich die Frage, welchen Einfluss und welche Auswirkungen diese auf die Förderpraxis, insbesondere im Zusammenhang mit Vergabeverstößen haben.
1. Rechtsgrundlage für die endgültige Festsetzung der Fördermittel
a.) Im Allgemeinen
Zunächst bleibt festzuhalten, dass Förderbescheide im Rahmen von Anteilsfinanzierungen, zwar abhängig von der Gestaltung im konkreten Einzelfall, aber grundsätzlich vorläufige Verwaltungsakte darstellen.
Sie können zum einen die endgültige Zusage einer Förderung beinhalten. Zum anderen können andere Rechte und Pflichten endgültig bereits zum Zeitpunkt der Bewilligung vom Zuwendungsgeber festgesetzt werden, soweit deren endgültige Festsetzung auch tatsächlich möglich ist. Regelungen, die an das Vorliegen von Tatsachen geknüpft werden, die zum Zeitpunkt der Bewilligung für den Zuwendungsgeber noch nicht endgültig feststehen und die er daher nicht final festlegen kann, werden daher über den vorläufigen Verwaltungsakt geregelt. Da die Vorläufigkeit bereits in der Natur dieses Rechtsinstituts liegt, erscheint es nur logisch, dass derartige Bescheide nicht gemäß §§ 48, 49 VwVfG widerrufen oder zurückgenommen werden müssen bzw. dürfen, da diese Regelungen einen abschließenden Verwaltungsakt voraussetzen. Im Ergebnis sind daher die Regelungen der §§ 48, 49 VwVfG auf den Förderbescheid in Form eines vorläufigen Verwaltungsakts nicht anwendbar. Zu einer Aufhebung des Förderbescheids durch einen Widerruf oder eine Rücknahme kann es daher nicht kommen.
Die Schlussfolgerung daraus ist, dass der Widerruf wegen Auflagenverstoßes nach § 49 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 VwVfG nicht möglich ist, wenn der Zuwendungsempfänger grundsätzlich förderfähige Ausgaben unter Begehung eines Vergabeverstoßes getätigt hat, da § 49 VwVfG auf den vorläufigen Förderbescheid nicht anwendbar ist.
Infolgedessen fragt sich, woher die Befugnis des Zuwendungsgebers stammt, die endgültige finanzielle Festsetzung der Fördermittel, insbesondere im Hinblick auf Vergabeverstöße, durchzuführen. Um sich nicht zu tief ins Haushaltsrecht zu bewegen, sollen daher nur grobe Rechtsgrundlage bei der Förderabwicklung angerissen werden.
Öffentliche Mittel für Zuwendungen werden in entsprechenden Stellen im Haushaltsplan vorgesehen und zugewiesen. Der Bereich der Zuwendungen, insbesondere der Zuschüsse und Zuweisungen, unterfällt der so genannten Leistungsverwaltung. An die Leistungsverwaltung sind vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips im Vergleich zur Eingriffsverwaltung keine derart hohen Anforderungen an die Rechtsgrundlagen zu stellen. Für den Bereich der Zuwendungen sind Regelungen in den Haushaltsordnungen sowie den für konkrete Förderprogramme erlassenen Richtlinien enthalten, die die Grundsätze der Förderung im jeweiligen Bereich festlegen. Grundsätzlich sehen die Verwaltungsvorschriften der Haushaltsordnungen vor, dass den Förderbescheiden abhängig von dem jeweiligen Förderprogramm „Allgemeine Nebenbestimmungen“ beizufügen sind, die zum Gegenstand der Förderung werden.
Aus der Gesamtheit dieser Regelungen ergibt sich die Befugnis des Zuwendungsgebers, Bewilligungen durch vorläufige Förderbescheide im Rahmen der Leistungsverwaltung auszusprechen, diese bei Nichteinhaltung der in den genannten Regelungen festgelegten Vorgaben durch einen Schlussbescheid festzusetzen und sich unter Umständen erstatten zu lassen.
b.) Bei Vergabeverstößen
Die Frage ist also, auf welchem Wege es dem Zuwendungsgeber möglich ist, die Fördermittel bei Nichteinhaltung der durch ihn gemachten vergaberechtlichen Vorgaben zurückzuerhalten.
Dem Zuwendungsgeber kommt die Befugnis zum Erlass eines Schlussbescheids zu, mit dem die Bewilligung in Form des vorläufigen Verwaltungsakts endgültig festgelegt wird. Die Natur des vorläufigen Verwaltungsakts besteht darin, dass bestimmte Tatsachen bei Bewilligung noch nicht feststehen und daher noch nicht rechtsverbindlich und endgültig festgesetzt werden können. So verhält es sich mit der Einhaltung insbesondere der zuwendungsrechtlichen und vergaberechtlichen Vorgaben. Die Bewilligung wird deshalb vorläufig ausgesprochen, da die endgültige Festsetzung von der Endabrechnung und somit auch von der Einhaltung des Zuwendungs- und Vergaberechts im Laufe des Bewilligungszeitraums abhängt.
Die von zuwendungs- und vergaberechtlichen Vorgaben betroffenen Ausgaben können erst dann endgültig als zuwendungsfähig festgesetzt weden, wenn der Zuwendungsempfänger die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Mittel nach den LHO sowie die Einhaltung sämtlicher vergaberechtlicher Vorschriften wie der VgV, des GWB, der VOB/A EU, der VOL/A bzw. der UVgO und der VOB/A nachweist bzw. dokumentiert. Gelingt ihm das im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung zum Ende des Bewilligungszeitraums nicht, hat sich der Zuwendungsgeber genau für diesen Fall vorbehalten, die der Höhe nach vorläufig zugesagten Fördermittel nicht vollständig zu seinen Gunsten festzusetzen. Von diesem Vorbehalt macht er bei Verstößen gegen das Zuwendungs- oder Vergaberecht Gebrauch. Hierfür benötigt er nunmehr grundsätzlich keinen Widerruf wegen Auflagenverstoßes nach § 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwVfG mehr, sondern ist befugt, dies aufgrund des dem Zuwendungsempfänger bereits bei Bewilligung bekannten Vorbehalts durch Schlussbescheid festzusetzen.
§ 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwVfG sieht zugunsten des Zuwendungsgebers darüber hinaus eine Ermessensentscheidung bezüglich des Widerrufs der Zuwendung bei Vergabeverstößen vor. Nun steht die Frage im Raum, ob die Zuwendungsempfänger nunmehr keinen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Widerrufsentscheidung des Zuwendungsgebers mehr haben und dieser nur im Rahmen einer gebundenen Entscheidung eine Erstattung der Fördergelder unabhängig von Umfang, Schwere und Intensität des Vergabeverstoßes und damit losgelöst von einer Verhältnismäßigkeit verlangen kann.
Die Leistungsverwaltung in Form der Gewährung von Zuwendungen ist geprägt von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen, die dem Zuwendungsgeber zukommen, um mit Projekten und Vorhaben Zwecke im Allgemein- bzw. Bundes- oder Landesinteresse zu verfolgen. Die Ermessensleitlinien bzw. COCOF-Leitlinien zur Ahndung von Vergabeverstößen lassen sich im Rahmen des Systems der Leistungsverwaltung daher als zusätzlich anzuwendende Regelung zur einheitlichen Ausübung des Ermessensspielraums der Behörde in die Systematik der Förderung durch vorläufigen Verwaltungsakt einfügen, insbesondere um dem in der Förderung maßgeblich geltenden Gleichheitsgrundsatz bzw. der Selbstbindung der Verwaltung im Sinne des Art. 3 GG Rechnung zu tragen. Insoweit verbleibt dem Zuwendungsempfänger der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach wie vor.
2. Vertrauensschutz und Frist nach § 48 VwVfG
Da bei Erlass vorläufiger Verwaltungsakte, mithin der Förderbescheide, die §§ 48, 49 VwVfG nicht anwendbar sind, entfällt für Zuwendungsempfänger infolgedessen auch die Möglichkeit sich auf die Vertrauenstatbestände sowie die einjährige Ausschlussfrist im Sinne des § 48 VwVfG zu berufen. Fordert der Zuwendungsgeber folglich den Zuwendungsempfänger zur Erstattung der Fördermittel auf, kann er dies ohne Rücksicht darauf tun, ob der Zuwendungsempfänger auf den Behalt der Förderung, aus welchen Umständen auch immer, gemäß § 48 Abs. 2 VwVfG vertraut hat oder ob der Zuwendungsgeber die einjährige Frist für die Rückforderung der Zuwendung gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG hat verstreichen lassen.
3. Erstattung der Fördermittel
Bezüglich etwaiger Erstattungen der Zuwendung aufgrund beispielsweise der Nichteinhaltung des Vergaberechts stellt sich die weitere Frage der Rechtsgrundlage für die Erstattung der überzahlten Fördermittel, wenn der Schlussbescheid einen geringeren Zuwendungsbetrag festlegt als vorläufig bewilligt.
Die Meinungen gehen darin überein, dass die Überzahlung von Fördermitteln nach Festsetzung durch den Schlussbescheid zumindest im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch oder aber über eine analoge Anwendung des § 49a VwVfG erfolgen muss. Nach Ansicht des Verfassers tendieren die Meinungen zu Ersterem, insbesondere, weil dieser tatbestandlich nicht zwingend das Vorliegen eines Verwaltungsakts erfordert. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch kann sich der Zuwendungsempfänger nicht auf eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB analog berufen, da er aufgrund der ihm bekannten Vorläufigkeit des Förderbescheids bösgläubig ist. Allein die Zinsregelung des § 49a Abs. 3 VwVfG soll einer analogen Anwendung unterliegen, da ihr Rechtsgedanke eine über die Zinsfälle im Zusammenhang mit Verwaltungsakten hinausgehende Wirkung haben soll.
IV. Fazit
Förderbescheide im Rahmen der Anteilsfinanzierung sind grundsätzlich vorläufige Verwaltungsakte, die durch den Fördermittelgeber nicht widerrufen oder zurückgenommen werden müssen. Er muss weder die Vertrauenstatbestände noch die Jahresfrist, sondern lediglich die Verjährung und Verwirkung analog der Regelungen des BGB berücksichtigen.
Bei Vergabevergabeverstößen kann er aufgrund der in der Natur des Bewilligungsbescheids liegenden Vorläufigkeit die Fördermittel schlicht durch Schlussbescheid festsetzen und muss einen Auflagenverstoß nicht begründen.
Damit erhält er im Rahmen seiner Leistungsverwaltung einen noch größeren und flexibleren Gestaltungsspielraum für die Abwicklung der Förderung in der Praxis, der die Rückführung von Fördermitteln erleichtert.
Der Autor Michael Pilarski ist als Volljurist bei der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen – NBank – in Hannover tätig. Als Prüfer, insbesondere der Vergaberechtsstelle, lag sein Schwerpunkt mehrere Jahre in den Bereichen Zuwendungs- und Vergaberecht. Er hat die Einhaltung des Zuwendungs- und Vergaberechts durch private und öffentliche Auftraggeber, die Förderungen aus öffentlichen Mitteln erhalten, geprüft und Zuwendungsempfänger bei zuwendungs- und vergaberechtlichen Fragestellungen begleitet. Nunmehr ist er in der Rechtsabteilung der NBank in den Bereichen Vergabe-, Vertrags- sowie Auslagerungsmanagement beschäftigt. Darüber hinaus sitzt er der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Lüneburg bei, ist zugelassener Rechtsanwalt und übernimmt Referententätigkeiten sowie Schulungen im Zuwendungs- und Vergaberecht.
Aus aktuellem Anlass eine kleine Ergänzung:
Die im Beitrag behandelte Änderung in der Förderpraxis wurde vom OVG Münster bestätigt. Zwar erging in diesem Rechtsstreit um die Förderfähigkeit von eingereichten Ausgaben kein Urteil, jedoch ein gerichtlicher Hinweis vom 31.01.2018, in dem das OVG mitteilte, sich der Rechtsprechung des BVerwG anzuschließen, wonach die Neubewertung des Zuwendungsfalls im Rahmen der Prüfung des Verwendungsnachweises nicht zu einer auflösenden Bedingung führen kann, da die verwaltungsinterne Neubewertung eines abgeschlossenen Zuwendungsfalls kein zukünftiges Ereignis darstellt, das Grundlage für eine solche auflösende Bedingung sein kann. Eine ereignislose Bedingung gibt es nicht. Es handelt sich vielmehr um einen Zuwendungsbescheid mit vorläufigem Charakter, bei dem nach Verwendungsnachweisprüfung vom Vorbehalt Gebrauch gemacht wird, die Zuwendung durch endgültigen Schlussbescheid festzusetzen. Nach dem gerichtlich Hinweis ist der Verwendungsnachweis vom Fördermittelgeber unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu geprüft und das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
Grüße
Gut geschrieben und verständlich eingeordnet. Leider scheint die eindeutige Rechtsprechung des BVerwG zum Thema auflösende Bedingung auch 5 Jahre später keinerlei Relevanz in der Praxis zu besitzen. Weiterhin enthalten die Bestimmungen der Nr. 2 ANBest die Vorgaben zur auflösenden Bedingung, die es so ja in der Praxis gar nicht mehr geben dürfte. Leider schweigt sich auch heute noch der Kommentar zum Zuwendungsrecht zu dieser Sachfrage aus.