Vertreter der deutschen Wirtschaft haben die von der Bundesregierung geplante Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung begrüßt. Die Maßnahme werde zusätzliche Forschungsausgaben in Deutschland mobilisieren, erklärte das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in einer von der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleiteten öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (19/10940, 19/11728). Das ZEW verwies unter anderem auf Erfahrungen in anderen OECD-Ländern, in denen es eine steuerliche Förderung gebe. Gerade im Mittelstand gebe es eine „Forschungslücke“, die mit dem Gesetz angegangen werden könne.
Bei den Vorhaben, für die eine Förderung beantragt werden kann, muss es sich um Grundlagenforschung, angewandte Forschung oder experimentelle Entwicklung handeln. Als förderfähige Aufwendungen sollen die von dem Unternehmen gezahlten Löhne für Arbeitnehmer gelten, die mit dem Faktor 1,2 multipliziert werden sollen. Die Bemessungsgrundlage ist auf zwei Millionen Euro pro Berechtigten begrenzt. Die Höhe der Forschungszulage soll 25 Prozent der Bemessungsgrundlage betragen. Laut Finanztableau wird von Kosten für die Forschungszulage in Höhe von 1,5 Milliarden Euro ab 2021 ausgegangen.
Die Spitzenverbände der Wirtschaft erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme, eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung verspreche langfristig Arbeitsplätze, Wertschöpfung und steigende Steuereinnahmen. Zudem sprachen sich die Spitzenverbände dafür aus, die Forschungszulage mittelfristig ebenso wie die direkten Förderprogramme weiter auszubauen und die Ausgaben insgesamt auf ein international konkurrenzfähiges Niveau zu heben. Im Detail verlangten die Verbände, die Kosten der Auftragsforschung beim Auftraggeber zu fördern und das vorgeschlagene zweistufige Antragsverfahren zu vereinfachen. Denn die meisten Unternehmen würden keine eigene Forschungsabteilung unterhalten, so dass der größte Teil ihrer Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten durch Auftragsvergabe an Dritte erfolge. „Der Impuls zur Auftragsforschung kommt vom Auftraggeber – eine Förderung bei ihm würde einen direkten positiven Anreiz erzeugen“, so die Spitzenverbände der Wirtschaft. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks begrüßte die Förderung, warnte aber davor, ein „Bürokratiemonster“ zu schaffen.
Auch der Verband der chemischen Industrie sprach sich für eine Einbeziehung der Auftragsforschung in die Förderung aus. Die gesamten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in der deutschen Wirtschaft hätten sich 2017 auf knapp 69 Milliarden Euro belaufen, von denen mehr als ein Viertel der Ausgaben externe Aufwendungen (Auftragsforschung) und somit ein wichtiger Teil der Forschungsaktivitäten der deutschen Unternehmen gewesen seien. Nachdem bisher vorliegende Entwurf bekomme aber ein Unternehmen, das bei einem qualifizierenden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben keine eigene Forschungs- und Entwicklungstätigkeit betreibe, sondern einen Auftrag an Dritte vergebe und dafür die Kosten trage, keine steuerliche Förderung im Sinne des Gesetzentwurfs.
In der Stellungnahme der Dresdner Gardinen- und Spitzenmanufaktur M. & S. Schröder wurde die Beschränkung der Bemessungsgrundlage lediglich auf Personalkosten kritisiert. Damit würden Unternehmen und Branchen mit kapital- und materialintensiven Forschungsprojekten unangemessen benachteiligt. Gefordert wurde von der Gardinen- und Spitzenmanufaktur zudem die Einbeziehung von Auftragsforschung beim Auftraggeber in die Förderung. Dies forderte auch die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF).
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), dessen Unternehmen mit 1,3 Millionen Erwerbstätigen größter industrieller Arbeitgeber in Deutschland sind und eine Exportquote von 79 Prozent haben, begrüßte, dass die steuerliche Forschungsförderung endlich in greifbare Nähe rücke. Kritisiert wurde allerdings eine Größenbeschränkung der Förderung. Zwar könnten Unternehmen aller Größenordnungen die Zulage beantragen, jedoch sei durch eine sehr enge Begrenzung der Bemessungsgrundlage auf zwei Millionen Euro der Personalkosten eine Fördersumme nur in Höhe von maximal 500.000 Euro erreichbar. „Damit mutiert das Instrument in unserer Branche letztendlich doch zu einer Regelung vornehmlich für kleine und mittlere Unternehmen“, so der VDMA in seiner Stellungnahme.
Nach Angaben der Firma AtomLeap weist die Wirtschaft der Bundesrepublik zwei besondere Merkmale auf. Zum einen sei die Anzahl der Unternehmensneugründungen – insbesondere die der innovativen Firmen – im Vergleich mit Ländern wie den USA, China, Kanada, Israel, Singapur oder Finnland zu niedrig. Zum anderen Fuße ein großer Teil der wertschöpfenden Innovationstätigkeit auf der Arbeit kleiner und mittelgroßer Unternehmen. Diese sollten daher im Fokus der Förderung stehen. Zusätzlich zur steuerliche Förderung sollten die Bundesministerien verstärkt auf Auftragsvergabe an innovative Jungunternehmen und etablierte kleine und mittlere Unternehmen setzen, so die Firma AtomLeap.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) äußerte „generelle Skepsis“ an dem Entwurf. Dass die Forschungsausgaben steigen könnten, erwartet das DIW nicht. Vielmehr sei mit Mitnahmeeffekten zu rechnen.
Quelle: Bundestag
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