Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat den Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Deutschland erreicht auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) wie im vergangenen Jahr 80 Punkte und rangiert auf dem 9. von 180 Plätzen (2018: Rang 11). Dänemark und Neuseeland belegen mit 87 Punkten den ersten Platz, andere skandinavische Länder, die Schweiz und Singapur folgen in der Rangliste. Syrien, Südsudan und Somalia rangieren als fragile Staaten und Konfliktregionen wie im vergangenen Jahr auf den unteren Plätzen. Weltweit erreichen mehr als zwei Drittel aller Länder eine Punktzahl von unter 50 Punkten, der Durchschnitt liegt bei nur 43 Punkten.
Transparency International nimmt in diesem Jahr den unlauteren Einfluss von Geld auf politische Macht und die Korruptionswahrnehmung in den Fokus. Die Analyse der Daten zeigt, dass sich Länder am unteren Ende des CPI durch einen großen Mangel an politischer Integrität auszeichnen. Einige wenige vermögende Personen kontrollieren die Politik, die Bevölkerung ist eher der Meinung, dass Wahlen gekauft werden. Gut platzierte Länder setzen dagegen Vorschriften zur Parteienfinanzierung zuverlässig um und verfügen über einen gut geregelten Zugang der Öffentlichkeit zu politischen Entscheidungsprozessen. Sie zeichnen sich durch Rechtsstaatlichkeit, starke demokratische Institutionen und einen gesellschaftlichen Konsens gegen den Missbrauch öffentlicher Ämter und Ressourcen aus.
Mit Blick auf Deutschland und die jüngsten Parteispendenskandale wird klar, dass auch hierzulande Verbesserungsbedarf bei den Regeln für die Parteienfinanzierung besteht. Zu oft werden die gesetzlichen Offenlegungspflichten für Spenden umgangen und Lücken beim Sponsoring ausgenutzt.
Dazu Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland:
„Die Vorwürfe der verdeckten Wahlkampfhilfen gegen die AfD und die Korruptionsaffäre in Regensburg zeigen deutlich, dass wir mehr Transparenz und eine Deckelung bei der Parteienfinanzierung brauchen. Es braucht klarere Regeln und abschreckende Sanktionen, um Verstößen vorzubeugen.“
Transparency Deutschland fordert die Absenkung der Veröffentlichungsschwelle für Parteispenden auf 2.000 Euro und eine Deckelung der Zuwendungen an Parteien auf 50.000 Euro pro Spender oder Sponsor, Jahr und Partei. Dazu Hartmut Bäumer:
„Eine Deckelung wäre gegenüber finanzschwächeren Interessengruppen nur fair. Es muss der Eindruck vermieden werden, dass der Einfluss auf politische Entscheidungen mit der Höhe der Spenden zunimmt.“
Darüber hinaus müssen Spenden und Sponsoring gleichermaßen transparent gemacht werden. Staatliche und kommunale Unternehmen sollten vollständig vom Sponsoring an die Parteien ausgenommen werden. Auch die Annahme von Direktspenden durch parteigebundene Mandatsträger und Kandidierende sollte verboten werden. Laut den bestehenden Regeln, bleibt es den Mandatsträgern überlassen, ob sie Spenden an ihre Partei weiterleiten oder nicht. Damit wird Missbrauch Tür und Tor geöffnet.
Transparency Deutschland hat im März 2019 im Zuge der sogenannten „Aserbaidschan-Affäre“ Strafanzeige gegen die Bundestagsabgeordnete Karin Strenz und den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner wegen Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern nach §108e StGB erstattet. Die Staatsanwaltschaft Rostock hat entschieden, keine Ermittlungen einzuleiten und dies damit begründet, dass weder Anhaltspunkte für eine Unrechtsvereinbarung im Sinne von §108e StGB noch für den Tatbestand „bei Wahrnehmung des Mandats“ vorlägen. Mangels konkreter Vorgaben könne man nicht auf das Vorliegen eines Korruptionstatbestandes schließen, zudem würden nachträgliche Zuwendungen durch Dritte für bereits vorgenommene Handlungen von §108e nicht erfasst.
Dazu Hartmut Bäumer:
„Wir möchten eine Debatte darüber anstoßen, inwieweit der §108e zu eng gefasst ist. In seiner jetzigen Form ist er ein „zahnloser Tiger“. Was legal ist, muss nicht legitim sein: Dass die CDU/CSU-Fraktion Karin Strenz nach diesen Vorfällen weiterhin in ihrer Fraktion duldet, ist schon bemerkenswert.“
Transparency Deutschland fordert neben einer Verschärfung des §108e StGB umfassendere Regeln für Interessenkonflikte von Abgeordneten. Dazu gehört, dass Einnahmen aus Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten sowie deren zeitlicher Umfang genau angegeben werden. Auch die Kontrolle und effektive Sanktionierung der Anzeigepflichten muss verbessert werden. Darüber hinaus müssen die Verhaltensregeln im Hinblick auf Einladungen, Reisen und Geschenke konkretisiert werden.
Es bedarf einer unabhängigen Stelle beim Deutschen Bundestag, um die Einhaltung der Vorschriften zur Parteienfinanzierung und der Verhaltensregeln zu überwachen. Diese ist mit den notwendigen Personal- und Sachmitteln auszustatten, um Hinweise auf mögliches Fehlverhalten zuverlässig entgegennehmen zu können und diesen nachzugehen. Alle Anzeigepflichten müssen einer genaueren Kontrolle unterliegen und mit effektiven Sanktionen bewehrt sein.
Klarere Regeln für Lobbyismus, umfangreichere Offenlegungspflichten bei Interessenkonflikten und eine bessere Durchsetzung der bestehenden Anzeigepflichten und Regeln werden im Übrigen seit Jahren auch von der Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) angemahnt. Im Rahmen des Überprüfungsprozesses zur Umsetzung der UN Konvention gegen Korruption (UNCAC) wurde der deutschen Bundesregierung im Dezember 2019 unter anderem empfohlen, für mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung und den Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten zu sorgen.
Der CPI ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator und misst die in Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption. Er fasst 13 Einzelindizes von 12 unabhängigen Institutionen zusammen und beruht auf Daten aus Expertinnen- und Experteninterviews, Umfragen und weiteren Untersuchungen.
Weitergehende Informationen finden Sie auf Transparency International, hier.
Quelle: Transparency International
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