Die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat haben eine politische Einigung erzielt, durch die die EU mehr Einfluss im Hinblick auf den Zugang zu Märkten für öffentliche Aufträge außerhalb der EU erhalten soll. Dadurch werden auch für EU-Unternehmen mehr Chancen geschaffen. Der Einigung über das Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen (IPI) war am 14. März ein abschließender Trilog in Brüssel vorangegangen.
Der Markt für öffentliche Aufträge in der EU gehört zu den größten und zugänglichsten in der Welt. Viele der wichtigsten Handelspartner der EU wenden jedoch auf ihren eigenen Märkten restriktive, Unternehmen aus der EU diskriminierende Praktiken an. Diese Beschränkungen betreffen wettbewerbsorientierte EU-Branchen wie Bau, öffentlicher Verkehr, Medizinprodukte, Stromerzeugung und Arzneimittel. Das IPI wird dazu beitragen, dieses Problem anzugehen, indem die EU in die Lage versetzt wird, im Falle mutmaßlicher Beschränkungen für EU-Unternehmen auf Märkten für öffentliche Aufträge in Drittländern Untersuchungen in die Wege zu leiten, Konsultationen mit dem betreffenden Land über die Öffnung seines Marktes für öffentliche Aufträge aufzunehmen und schließlich den Zugang ausländischer Unternehmen zum Markt für öffentliche Aufträge in der EU zu beschränken, wenn diese Unternehmen ihren Sitz in einem Land haben, das EU-Unternehmen weiterhin Beschränkungen auferlegt.
Der Exekutiv-Vizepräsident und Kommissar für Handel Valdis Dombrovskis erklärte dazu: „Gleiche Wettbewerbsbedingungen sind für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen von grundlegender Bedeutung. Obschon die EU die Offenheit ihres Marktes für öffentliche Aufträge aufrechterhält, trifft dies auf viele Drittländer, in denen unsere Unternehmen nach wie vor mit unfairen Hindernissen konfrontiert sind, nicht zu. Für die Lösung solcher Probleme bevorzugen wir nach wie vor den Dialog. Dieses neue Instrument wird uns in letzter Konsequenz zusätzlich dabei helfen, diese Hindernisse zu beseitigen und einen fairen Wettbewerb zum Nutzen aller zu fördern.“
Mithilfe des IPI könnte die Kommission letztlich Beschränkungen in Bezug auf die EU-Märkte für öffentliche Aufträge vornehmen, und zwar in Form von Anpassungen der Bewertung der Angebote aus dem betreffenden Land oder in Form eines Ausschlusses bestimmter Angebote aus dem betreffenden Land. In der Praxis sorgen solche Anpassungen dafür, dass für Angebote aus dem betreffenden Land im Vergleich zu anderen Angeboten ein höherer Preis veranschlagt würde als der tatsächlich vorgeschlagene. Dies würde Bietern aus der EU und aus von solchen Maßnahmen nicht betroffenen Ländern einen Wettbewerbsvorteil auf den Märkten für öffentliche Aufträge in der EU verschaffen und wäre als letztes Mittel vorgesehen.
Vor dem Vollzug dieses Schritts würde die Kommission im Falle mutmaßlicher Beschränkungen für EU-Unternehmen auf Märkten für öffentliche Aufträge in Drittländern Untersuchungen in die Wege leiten. Parallel zu den Untersuchungen im Zusammenhang mit Beschränkungen für EU-Waren, -Dienstleistungen und/oder -Lieferanten würde die Kommission das betreffende Land zu Konsultationen über die Öffnung seines Marktes für öffentliche Aufträge einladen. Diese Konsultationen könnten auch in Form von Verhandlungen über ein internationales Übereinkommen stattfinden.
Um die Anwendung solcher Maßnahmen zu verhindern, müssten Drittländer in jedem Fall ihre wettbewerbsbeschränkenden Praktiken einstellen. Die bestehenden Verpflichtungen der EU – auch im Rahmen des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) und bilateraler Handelsabkommen – bleiben von diesem Instrument unberührt.
Hintergrund
Im öffentlichen Beschaffungswesen geht es darum, wie die Behörden öffentliche Gelder zur Beschaffung von Waren und Dienstleistungen ausgeben. Dies kann etwa den Kauf von Computern, den Bau einer Straße oder die Verwaltung eines Verkehrsnetzes betreffen. Öffentliche Aufträge sind ein wichtiger Teil jeder Volkswirtschaft. Die Ausgaben für öffentliche Aufträge machen durchschnittlich zwischen 10 % und 20 % des BIP jedes Landes aus und stellen weltweit mehr als 8 Bio. EUR an Geschäftsmöglichkeiten dar.
Die EU setzt sich für offene internationale Märkte für öffentliche Aufträge ein und hat ihren eigenen Markt für öffentliche Aufträge für viele Waren und Dienstleistungen aus Drittländern geöffnet. Geschlossene Märkte für öffentliche Aufträge schwächen den Wettbewerb und die Transparenz, steigern die Kosten für öffentliche Güter und Dienstleistungen für den Steuerzahler und erhöhen außerdem das Korruptionsrisiko.
Das IPI wurde 2012 von der Kommission erstmals vorgeschlagen und 2016 geändert. Der Rat hat seinen Standpunkt zu dem Vorschlag für ein Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen im Juni 2021 festgelegt.
Nächste Schritte
Im Anschluss an diese politische Einigung werden das Europäische Parlament und der Rat die geänderte Verordnung förmlich annehmen, damit sie so bald wie möglich in Kraft treten kann.
Anmerkung: Als Trilog werden informelle Verhandlungstreffen zwischen Vertretern der drei am EU-Gesetzgebungsprozess beteiligten Organe – Kommission, Parlament und Rat – bezeichnet.
Quelle: EU Kommission
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