Auftraggeber, welche mit der Rückforderung von Fördergeldern konfrontiert sind, sollten die mögliche Haftung beauftragter Dritter prüfen und insbesondere bei der zukünftigen Beauftragung dieser Dritten auf eindeutige vertragliche Regelungen achten.
Empfänger öffentlicher Fördermittel sehen sich zuletzt immer öfter mit nachträglichen Rückforderungen dieser Gelder wegen Verstößen gegen vergaberechtliche Vorschriften konfrontiert. Im Gegensatz zur Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens vor den Vergabekammern, welches regelmäßig im laufenden Verfahren geschieht, erfolgt die Rückforderung von Fördermitteln erst lange nach dem Abschluss des Vergabeverfahrens. Zu diesem Zeitpunkt sind etwaige Fehler allerdings nicht mehr heilbar – der Zuschlag wurde lange vergeben, der Auftrag weit überwiegend sogar abgeschlossen. Da die Zuwendungsbescheide regelmäßig zur Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften verpflichten, kann ein hiergegen begangener Verstoß mit der (teilweisen) Rückforderung sanktioniert werden. Die Verteidigungsmittel gegen solche Rückforderungsbescheide vor den Verwaltungsgerichten sind begrenzt. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf zeigt in der nachfolgend besprochenen Entscheidung jedoch einen Weg auf, wie der Zuwendungsempfänger seinen Schaden in gewissen Konstellationen begrenzen kann.
§ 280 Abs. 1 BGB
Sachverhalt
Für den Umbau und die Erweiterung eines Alten- und Pflegeheims bekam der Bauherr und Zuwendungsnehmer im Dezember 2001 Fördergelder von mehr als 4 Mio. DM. Die zum Gegenstand des Zuwendungsbescheides gemachten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) verpflichteten ihn, bei der Auftragsvergabe u. a. die Vorgaben der VOB/A zu beachten. Aus dem Zuwendungsbescheid selber ergab sich, dass ein Verstoß gegen die Vorgaben der VOB/A mit der Rückforderung der Fördermittel sanktioniert werden konnte. Bereits vor der Bekanntgabe des Zuwendungsbescheides hatte der Zuwendungsnehmer einen Projektsteuerungsvertrag mit der späteren Beklagten geschlossen.
Im August 2011 – also fast 10 Jahre nach Bekanntgabe des Zuwendungsbescheides – teilte der Zuwendungsgeber dem -empfänger mit, dass bei der Baumaßnahme Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften der VOB/A festgestellt worden seien. Wegen unvollständigen Vergabevermerken sei teilweise nicht klar, warum Zuschläge nicht immer an den preisgünstigsten Bieter vergeben worden seien. Ebenso seien unzulässige preisliche Nachverhandlungen erfolgt. Ein Gewerk sei schon gar nicht öffentlich ausgeschrieben worden.
Aufgrund der benannten Vergaberechtsverstöße teilte der Zuwendungsgeber zunächst seine Absicht mit, die Fördergelder i. H. v. etwa EUR 500.000 zurückzufordern, welche dann letztlich auch umgesetzt wurde. Der Zuwendungsempfänger lies den Rückforderungsbescheid bestandskräftig werden und will sich nunmehr bezüglich des entstandenen Zinsschadens i. H. v. ca. EUR 100.000 im Wege des Schadenersatzes bei seinem Projektsteuerer schadlos halten.
Dieser verteidigt sich gegen die Klage mit dem Argument, der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag umfasse nicht die Pflicht des Projektsteuerers, die Einhaltung der Vorgaben des Zuwendungsbescheides sicherzustellen. Diese Verpflichtung treffe vielmehr nur den Zuwendungsempfänger selber. Im Übrigen sei der Widerruf des Zuwendungsbescheides ohnehin rechtswidrig gewesen.
Das erstinstanzlich zuständige Landgericht hat den Projektsteuerer antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Projektsteuerer mit Unterstützung des streitverkündeten Architekten mit der Berufung.
Die Entscheidung
Auch die Berufung vor dem OLG Düsseldorf bleibt für den Projektsteuerer ohne Erfolg.
Der Senat stellt zunächst fest, dass dem Projektsteuerer die vertraglichen Pflichten trafen, für die ordnungsgemäße Vergabe und die ordnungsgemäße Dokumentation zu sorgen. Aufgaben eines Projektsteuerers seien typischerweise Aufgaben, welche an sich dem Bauherren obliegen, die dieser allerdings nicht wahrnehmen will oder nicht wahrnehmen kann. Dementsprechend könne die vertragliche Schuld des Projektsteuerers auch in der Einhaltung der Vorgaben der VOB/A liegen. Zwar wird weiter festgestellt, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien vorliegend äußerst allgemein gehalten und ersichtlich nicht auf den konkreten Sachverhalt zugeschnitten sei. Allerdings ergebe sich aus dem Vertrag schon, dass der Projektsteuerer zur Dokumentation, zur Koordinierung und Kontrolle von Finanzierungs- und Förderverfahren sowie für die Entscheidungen über die zu beauftragenden Unternehmen verpflichtet sei. So sei das Vertragsverhältnis auch bis zum Streitfall gelebt worden, da der Projektsteuerer verschiedentlich gegenüber dem Zuwendungsgeber aufgetreten sei. Dass der Bauherr evtl. schon aus anderen gesetzlichen Gründen als öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 5 GWB zur Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften verpflichtet gewesen sein könnte (was im Ergebnis dahinstehen konnte), sei hier unerheblich. Auch eine solche Verpflichtung entlasse den Projektsteuerer nicht aus seiner vertraglichen Schuld.
Die vergaberechtlichen Verstöße seien letztlich auch nicht zu leugnen. Die Frage, inwiefern der Widerrufsbescheid rechtswidrig gewesen sei, sei keine Frage der Kausalität zwischen Vertragspflichtverletzung und Schaden, sondern sei im Rahmen des Mitverschuldens wegen Nichteinlegung von Rechtsbehelfen zu klären. Da eine Anfechtung des Widerrufs durch Zuwendungsempfänger zum damaligen Zeitpunkt keinen Erfolg versprochen hätte, treffe diesen vorliegend auch kein Mitverschulden.
Rechtliche Würdigung
Nachdem der Senat die vertragliche Pflicht des Projektsteuerers zur Beachtung der Vorgaben des Zuwendungsbescheides relativ kurz und unproblematisch festgestellt hatte, war das Ergebnis auf dieser Grundlage sicher richtig. Ob die vom Senat vorgenommene Vertragsauslegung tatsächlich zutreffend ist, kann aufgrund der sachverhaltlichen Angaben nicht nachvollzogen werden. Es dränt sich vielmehr der Eindruck auf, dass das tatsächliche Handeln des Projektsteuerers gegenüber dem Zuwendungsgeber so eindeutig dafür sprach, dass sich dieser selber in der Pflicht zur Beachtung des Zuwendungsbescheides sah und dies gar nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden konnte. Dies kann jedoch nur vermutet werden. Entscheidend wird diesbezüglich auch zukünftig der konkrete individuelle Vertragsinhalt sein, so dass die Entscheidung zumindest nicht verallgemeinerungsfähig ist.
Erfreulich deutlich stellt der Senat die oft ignorierte, grundsätzliche Trennung zwischen Vergabe- und Zuwendungsrecht klar. Ob der Zuwendungsempfänger ggf. schon gesetzlich zur Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften verpflichtet war, spielt für den Inhalt des Vertragsverhältnisses keine Rolle. Ebenso kann der Widerruf eines Zuwendungsbescheides nur mit Verstößen gegen diesen Bescheid begründet werden, nicht allerdings damit, dass eine Bindung an das Vergaberecht schon gesetzlich vorlag. Dies wird oft missverstanden.
Fraglich ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob der gesetzlich zur Anwendung des Vergaberechts verpflichtete Zuwendungsempfänger sich diesen Gesetzesverstoß im Regress gegen den Projektsteuerer oder jeden anderen Dritten als Mitverschulden zurechnen lassen muss. Denn hätte sich der Zuwendungsempfänger an seine ihm gesetzlich obliegenden Pflichten gehalten, wäre der Widerruf schon aus diesem Grund nicht erfolgt. Hiermit setzt sich der Senat leider nicht auseinander.
Vergaberechtlich ist die Entscheidung hingegen uninteressant, da die vorgeworfenen Verstöße so offensichtlich waren, dass diese hier im Einzelnen nicht erörtert werden müssen.
Interessant ist allerdings, dass der Senat auch kein Mitverschulden des Zuwendungsempfängers darin sieht, dass dieser den Widerrufsbescheid hat bestandskräftig werden lassen. Wenn hier lediglich in fünf Zeilen ausgeführt wird, dass eine Anfechtung aus damaliger Sicht kein Erfolg versprach, weil das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen und damit das Vorgehen des Landes Nordrhein-Westfalens insgesamt gebilligt habe, sagt dies noch nichts darüber aus, ob eine Anfechtung vorliegend Erfolg hätte haben können. Insbesondere die Prüfung der ordnungsgemäßen Ermessensausübung kann lediglich für den Einzelfall erfolgen. Ggf. fehlte hier allerdings auch entsprechend substantiierter Vortrag des beklagten Projektsteuerers. Die gesamte Diskussion um die verwaltungsrechtliche Zulässigkeit des Rücknahme und des Widerrufs von Zuwendungsbescheiden ist allerdings zu komplex, um die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels ohne nähere Begründung zu behaupten.
Aus der Entscheidung lässt sich leider nicht nachvollziehen, warum der Kläger lediglich den Zinsschaden und nicht auch die Rückzahlung selbst geltend gemacht hat. Im Sinne des § 249 BGB, dass der Schädiger den Zustand herzustellen hat, welcher bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand – also die Vertragspflichtverletzung – nicht eingetreten wäre, stellt auch die eigentliche Rückzahlung, also die „verlorenen Fördergelder“, eine Schadensposition dar.
Praxistipp
Für viele Zuwendungsempfänger, welche sich aktuell mit der Rückforderung von Fördermitteln konfrontiert sehen, dürften Gedanken an einen evtl. Schadenersatzanspruch gegenüber Dritten lohnenswert sein. Für Ansprüche gegenüber Projektsteuerern macht die besprochene Entscheidung zumindest großen Mut, während der „Kampf“ gegen den rückfordernden Zuwendungsgeber doch eher schwer zu gewinnen ist. Dies belegen die weit überwiegend zum Nachteil der Zuwendungsempfänger ausgehenden Urteile der Obergerichte (BVerwG, B. v. 13.02.2013 – 3 B 58.12; BGH, Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 234/10; OVG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.09.2011 – 9 S 1273/10).
Die weit wenigsten Zuwendungsempfänger in dieser Situation werden sich jedoch den „Luxus“ geleistet haben, einen Projektsteuerer beauftragt zu haben. Dementsprechend bleiben als haftende Vertragspartner lediglich die beauftragten Architekten und Ingenieure. Für diese müsste zunächst eine entsprechende vertragliche Pflicht zur Einhaltung des Zuwendungsbescheides oder zur Beachtung der durch den Zuwendungsbescheid festgesetzten vergaberechtlichen Vorschriften bestehen. Schon die Herleitung dieser Pflicht dürfte regelmäßig schwer fallen, da ausdrückliche vertragliche Regelungen in den meisten Fällen nicht bestehen dürften. Das Landgericht Meiningen hat eine Haftung des Architekten aus diesen Gründen abgelehnt (Urt. v. 13.12.2007 – 1 O 415/07). Dementsprechend ist zu klären, was diesbezüglich aus einem „allgemeinen“ Planervertrag zu entnehmen ist, welcher wohl überwiegend auf die Anlagen der HOAI verweisen wird. Die Anlagen 10 und 12 der HOAI 2013 geben hier durchaus Hilfe zur Begründung entsprechender Pflichten. Zu den Grundleistungen der Leistungsphase 7 gehört demnach gem. lit. e) die Erstellung eines Vergabevorschlags und die Dokumentation des Vergabeverfahrens. Ferner ist es nun eine Grundleistung des Planers der Leistungsphase 6 lit. f), die Vergabeunterlagen zusammenzustellen. Da die Vorgaben der HOAI allerdings zunächst nur gesetzliches Preisrecht darstellen, aber keine Vertragspflichten begründen, müsste ein entsprechender Einbezug der maßgeblichen Anlagen in den Vertrag erfolgt sein. Dies wird oftmals der Fall sein. Allerdings stellt sich dann immer noch die Frage, welche genauen Pflichten die Planer treffen. In Anbetracht der Tatsache, dass das Preisrecht der HOAI nicht nur für öffentliche Auftraggeber sondern auch für private Bauherren gilt, welche an vergaberechtliche Vorschriften nicht gebunden sind, stellt sich die Frage, ob die in der HOAI gebrauchten vergaberechtlichen Begriffe (Vergabeunterlagen, Dokumentation, Vergabevorschlag) auch tatsächlich im vergaberechtlichen Sinne der VOB/A gemeint sind. Weiterhin ist zu beachten, dass entsprechende Anknüpfungspunkte tatsächlich erst in die HOAI 2013 aufgenommen wurden und vorher noch nicht gegeben waren.
Vielfach übersehen wird allerdings, dass neben Projektsteuerern, Architekten und Ingenieuren noch weitere Personen potenziell für den Schaden haftbar gemacht werden können – nämlich die persönlich verantwortlichen Mitarbeiter beim Zuwendungsempfänger. Während eine Haftung auf Sachbearbeiterebene nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung regelmäßig ausscheiden wird, besteht allerdings bspw. eine verschärfte persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG (LG Münster, Urt. v. 18.05.2006 – 12 O 484/05). Die Wichtigkeit des Abschlusses einer D&O-Versicherung kann vor diesem Hintergrund nicht deutlich genug betont werden.
Der Autor Torben Schustereit ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht und Partner der Kanzlei GKMP Pencereci Rechtsanwälte aus Bremen und dort schwerpunktmäßig im Bereich des Vergaberechts und des privaten Bau- und Architektenrechts tätig. Er berät vornehmlich öffentliche Auftraggeber und Empfänger von Fördermitteln bei der Durchführung von nationalen und europaweiten Vergabeverfahren und vertritt diese in Nachprüfungsverfahren und vor den Verwaltungsgerichten. Daneben ist er regelmäßiger Referent auf vergaberechtlichen Veranstaltungen.
0 Kommentare