Vergabeblog

"Hier lesen Sie es zuerst"

Nachweis der Vollmacht bei „rechtsverbindlicher Unterschrift“?

paragraph Ist das Angebot nicht unterzeichnet, muss es gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOL/A bzw. VOB/A von der Wertung ausgeschlossen werden. Dies ist bekannt und wird von den Bietern bei der Angebotserstellung zumeist berücksichtigt. Was muss ein Bieter aber beachten, wenn der Auftraggeber eine „rechtsverbindliche Unterschrift“ verlangt? Diese Frage musste das OLG München (OLG München, Beschluss vom 08.05.2009 – Verg 6/09) auf Basis des folgenden Sachverhalts beantworten:

Nach den Verdingungsunterlagen waren die Angebote in Papierform mit „rechtsverbindlicher Unterschrift“ einzureichen. Das Angebot des erstplazierten Bieters war von einem Prokuristen und einem Abteilungsleiter unterzeichnet gewesen. Ausweislich des Handelsregisters wird der Bestbieter jedoch durch zwei Mitglieder des Vorstandes oder durch ein Mitglied des Vorstandes gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Dem Angebot war auch kein Nachweis der Vertretungsmacht der Unterzeichner beigefügt. Ein unterlegener Bieter nimmt diesen Sachverhalt zum Anlass, den Ausschluss des Angebotes von der Wertung zu fordern.

Ohne Erfolg! Bei einem Großunternehmen sei die Unterzeichnung des Angebotes durch die Vorstandsmitglieder nicht zu erwarten. Der erstplazierte Bieter habe im Übrigen ausdrücklich betont, dass ihr Angebot von bevollmächtigten Mitarbeitern unterzeichnet worden sei und ohne jede Einschränkung als von Anfang an rechtlich verbindlich anerkannt werde. Ohne eine entsprechende Forderung des Auftraggebers, bestand zudem keine Verpflichtung des Bieters, die Vertretungsmacht nachzuweisen.

Das OLG München folgt damit der Rechtsauffassung des OLG Naumburg. Dies hatte bereits entschieden: Wird die Unterzeichnung durch „rechtsverbindliche Unterschrift“ verlangt, nicht jedoch der Nachweis der Vertretungsmacht des Unterzeichners mit dem Angebot, so genügt dieser Anforderung jede Unterschrift eines Erklärenden, der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Vorlagefrist bevollmächtigt war (OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2008 – 1 Verg 10/08).

Für die Praxis gilt: Ist das Angebot mit einer „rechtsverbindlichen Unterschrift“ einzureichen und verlangt der Auftraggeber den Nachweis einer entsprechenden Bevollmächtigung, ist der Vertretungsnachweis zwingend beizubringen. Anderenfalls droht der Angebotsausschluss.

Avatar-Foto

Über Dr. Christian-David Wagner

Dr. Christian-David Wagner ist Rechtsanwalt in Leipzig und Berlin. Er betreut national und international agierende TK-Unternehmen, IT-Dienstleister, aber auch Bauunternehmen sowie öffentliche Auftraggeber.

Teilen
1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (11 votes, average: 4,64 out of 5)
Loading...
dvnwlogo Artikel im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren .
Druckansicht Druckansicht

6 Kommentare

  1. Rüdiger Roth

    Sehr geehrte Forumsteilnehmer!
    Frage:
    Zählt eine fehlende Unterschrift unter einem Angebot auch zu der Kategorie „Erklärungen“, welche nach VOB/A 2009 nachreicht werden kann oder begründet eine nicht vorhandene Unterschrift weiterhin einen zwingenden Ausschluss?
    Mit freundlichen Grüßen
    Rüdiger Roth

    Reply

  2. pcs

    Sehr geehrter Herr Roth,

    ich meine, dass eine komplett fehlende Unterschrift auch nach VOB/A 2009 zum zwingenden Ausschluss führt und nicht zur Kategorie der Erklärungen und Nachweise gehört.

    Nach § 16 Abs.1 Nr.3 VOB/A verlangt der Auftraggeber fehlende Erklärungen und Nachweise nur bei solchen Angeboten nach, die nicht nach § 16 Abs.1 Nr. 1 VOB/A ausgeschlossen werden.

    Nun bestimmt § 16 Abs.1 Nr.1 b) VOB/A aber, dass Angebote (zwingend) auszuschließen sind, wenn sie den Bestimmungen des § 13 Abs. 1 Nr.1 VOB/A nicht entsprechen.

    Aus § 13 Abs.1 Nr.1 Satz 3 VOB/A ergibt sich, dass Angebote unterzeichnet sein müssen.

    Ein nicht unterzeichnetes Angebot ist daher schon auszuschließen, bevor sich die Frage nach fehlenden Nachweisen und Erklärungen stellt.

    Mit freundlichen Grüßen

    PCS

    Reply

  3. Monika Prell

    Sehr geehrter Herr Roth,

    eine fehlende Unterschrift ist immer noch sowohl nach der VOB/A als auch nach der VOL/A bzw. VOL/A EG ein zwingender Ausschlussgrund, s. § 13 Abs.1 Nr.1 S.3 i.V.m. § 16 Abs.1 Nr.1 b) VOB/A, § 16 Abs.3 b) VOL/A, § 19 Abs.3 b) VOL/A EG.

    Mit besten Grüßen

    Monika Prell

    Reply

  4. Elke Zimmer

    Hallo,

    wie ist das, wenn im Angebot keine Adresse, kein Ort, kein datum und kein Stempel (die Unterschrift aus mehreren „Kreisen“ besteht) vorhanden ist, aber eine rechtsverbindliche Unterschrift verlangt wurde.

    Reply

  5. Klaus Zimmer

    Hallo,

    führt eine Unterschrift als Grafik eingefügt zum Ausschluss nach einer Ausschreibung gem. der VOL?

    Reply

  6. Helmut Grawe

    Hallo.
    gibt es zur Frage 5. eine Antwort.

    Wie wird das bei per Mail versendeten und dann ausgedruckten Erklärungen gesehen ?

    Reply

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert