Beim Streit um die Vergabe und Lieferung von 80 neuen U-Bahn-Wagen (Vergabeblog berichtete u.a. hier und hier) geht es in die nächste Runde. Im Oktober 2017 hatten die Verkehrsbetriebe der Hauptstadt bei Stadler Pankow 80 U-Bahnwagen der Baureihe IK (“Icke”) mit einem Volumen von für 120 Millionen Euro in Auftrag gegeben. Wie die Berliner Morgenpost berichtet, hat Siemens zwischenzeitlich beim Kammergericht Klage eingereicht, um die Entscheidung der Vergabekammer und die beabsichtigte Direktvergabe an den Konkurrenten Stadler gerichtlich überprüfen zu lassen. Nach Lesart von Siemens wäre hierfür eine EU-weite Ausschreibung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) erforderlich gewesen.
Die BVG beruft sich demgegenüber einen Notstand, welcher eine sog. “Dringlichkeitsbeschaffung” rechtfertige. Kurzfristig habe sich herausgestellt, dass die eigentlich geplante Instandsetzung von 35 Doppelwagen einer bereits 1979 in Dienst gegangenen Baureihe (F79) nicht möglich sei. Mit Zustimmung des von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) geführten Aufsichtsrats löste die BVG daraufhin die Bestellung bei Stadler aus.
Den hiergegen von Siemens Ende November 2017 eingelegten Nachprüfungsantrag hatte die VK Berlin unlängst zurückgewiesen (siehe Vergabeblog.de vom 13/02/2018, Nr. 35581). Die Vergabekammer habe aber dabei keine inhaltliche Entscheidung der Art getroffen, ob die Direktvergabe an Stadler rechtmäßig war, daher seit nun Klage geboten, so Siemens.
Das Kammergericht hat nun zunächst über eine etwaige Verlängerung der aufschiebenden Wirkung des Nachprüfungsantrags befinden, welche am 05.03.2018 endet. Die Entscheidung muss innerhalb von zwei Wochen erfolgen.
Quelle: Berliner Morgenpost
Hinweis: Das Thema Notstand bei der BVG: Dringlichkeitsbeschaffung bei der Berliner U-Bahn ist derzeit Gegenstand einer angeregten Diskussion im Mitgliederbereich des DVNW. Zur Diskussion geht es hier. Noch nicht Mitglied? Hier geht es zur Mitgliedschaft.
Ich vermute mal: Das Kammergericht entscheidet sicherlich nicht über die Verlängerung der Zuschlagsfrist, sondern vielmehr über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung des Nachprüfungsantrags. Diese entfällt nämlich zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist, kann aber vom Beschwerdegericht auf Antrag des unterlegenen Beschwerdeführers verlängert werden (§ 173 Abs. 1 Satz 3 GWB).