Fördermittel sind nicht nur in aktuellen Zeiten ein Treiber zur Wirtschaftsförderung. So stellen der Bund bzw. die Länder unter anderem mit dem Digitalpakt der Schulen seit 2019 insgesamt 6,5 Mrd. Euro, seit 2021 für die Umsetzung des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) 4,3 Mrd. Euro und für die Ladeinfrastruktur von E-Fahrzeugen 500 Mio. Euro zur Verfügung. Auch Bauprojekte mitsamt der energetischen Sanierung werden massiv – wenngleich nicht immer zielführend – gefördert. So wichtig und finanziell attraktiv eine Förderung sein kann, so wichtig ist es für die Empfänger der Fördermittel, alle mit der Zuwendung verbundenen Vorgaben zu beachten. Denn bei einem Verstoß können bereits gewährte Zuwendungen einschließlich Zinsen zurückgefordert werden. Ausgangspunkt ist immer der Fördermittelbescheid, der auch vorschreibt, in welchem Umfang vergaberechtliche Regelungen zu beachten sind. Das herauszufinden ist nicht nur aufgrund der Komplexität des Vergaberechts, sondern auch wegen oft nicht eindeutiger Verweise im Zuwendungsbescheid, gerade für vergaberechtlich nicht „geübte“ privatrechtliche Fördermittelbezieher, nicht leicht, wie der im März vom Verwaltungsgericht Köln entschiedene Fall zeigt.
§§ 49a, 36, 35 VwVfG, Ziffer 3 ANBest-P (Anlage 2 zur VV Nr. 5.1 zu § 44 BHO)
Ein gemeinnütziger Verband einer Wohlfahrtspflege hat vom Bund Fördermittel für die Sanierung seiner Mutter-Kind-Klinik in Höhe von über 2 Mio. Euro erhalten.
In dem im Vorfeld zum Zuwendungsbescheid geführten E-Mail-Verkehr wurde der Verband auf die Möglichkeit der erleichterten Vergabe des (in 2010 gültigen) Konjunkturpakets II hingewiesen. Aufträge von bis 1 Mio. Euro konnten danach beschränkt und bis 100.000 Euro freihändig vergeben werden. Voraussetzung war, dass nur Unternehmen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden, die ihre Eignung durch eine Eintragung in die Präqualifizierungsliste (PQ-Liste) nachgewiesen haben.
In dem Zuwendungsbescheid von Oktober 2010 wurde allerdings hierauf nicht konkret Bezug genommen. Unter anderem war die Anwendung der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen für Projektförderungen (ANBest-P) zwingend vorgeschrieben. Im Bescheid wurde folgender Hinweis gegeben:
„Gemäß Nr. 3 der ANBest-P sind die Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) anzuwenden. Es gilt der Grundsatz der „öffentlichen Ausschreibung“ für die Baumaßnahme. Für die bis zum 31.12.2010 begonnenen Ausschreibungen wurde Ihnen die Beschränkte Ausschreibung erlaubt. Ab dem 01.01.2011 sind die Bestimmungen der VOB und VOL in der dann jeweils gültigen Fassung anzuwenden.“
In 2019, also lange nach Abschluss des Bauvorhabens, monierte der Bund im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung, dass für das Gewerk Rohbauarbeiten ein Unternehmen im Rahmen der Beschränkten Ausschreibung ausgewählt wurde, das zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe nicht in der PQ-Liste eingetragen war.
Dies sei jedoch – so der Bund – Voraussetzung der im Rahmen des Konjunkturpakets II gewährten Beschränkten Ausschreibung im Zuwendungsbescheid gewesen.
Der Verband wehrt sich gegen die Rückforderung in Höhe von 190.000 Euro (Teilbetrag der gewährten Erstattung nebst Zinsen) vor dem VG Köln.
Mit Erfolg.
Das VG Köln führt aus, dass keine rechtsverbindliche Verpflichtung des Verbands bestand, die Beschränkte Ausschreibung unter Beachtung des Präqualifizierungserlasses als Bestandteil des Konjunkturpakets II durchzuführen. Der Zuwendungsbescheid von 2010 enthielt keine Verpflichtung, nur Unternehmen auszuwählen, die in der PQ-Liste eingetragen sind.
Zur Anwendung des Vergaberechts führt das VG Köln aus:
„Soweit in einem Zuwendungsbescheid Vorgaben zur Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen getroffen werden, ist diesbezüglich ein strenger Maßstab anzulegen. Denn angesichts der Fülle der vergaberechtlichen Vorschriften, der vielfältigen Anwendungsprobleme selbst für öffentliche Vergabestellen sowie mangels einer bei Zuwendungsempfängern regelmäßig nicht gegebenen Vertrautheit mit den Vorgaben des Vergaberechts, ist es für einen privatrechtlichen Zuwendungsempfänger von besonderer Bedeutung, dass er eindeutig und unmissverständlich nachvollziehen kann, ob und inwieweit er den Vorgaben des Vergaberechts unterworfen wird.“
Die Anwendung des Präqualifizierungserlasses ergibt sich nach dem VG Köln weder aus Ziffer 3 der ANBest-P noch aus dem Hinweis im Zuwendungsbescheid, dass für bis zum 31.12.2020 begonnene Baumaßnahmen die Beschränkte Ausschreibung erlaubt ist. Dies sei lediglich klarstellend und nicht als rechtliche Nebenbestimmung zu verstehen.
Auch aus dem im Vorfeld geführten E-Mail-Verkehr ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob der Präqualifizierungserlass gelten sollte.
Sofern dies gewollt war, hätte dies eindeutig in dem Zuwendungsbescheid formuliert werden müssen.
Die Entscheidung zeigt erfreulich klar auf, dass der Fördermittelgeber im Zuwendungsbescheid eindeutige Vorgaben zur Anwendung des Vergaberechts treffen muss, insbesondere im Hinblick auf die Geltung für privatrechtliche Zuwendungsempfänger.
Sofern diese Anforderungen nicht unmissverständlich kommuniziert werden, geht dies nicht zu Lasten des ZFördermittelbeziehers, dieser kann sich auf die Angaben im Zuwendungsbescheid verlassen.
Allerdings – auch das zeigt das Urteil – kann zur Auslegung ein im Vorfeld geführter Schriftverkehr einbezogen werden. Dies hat sich in dem entschiedenen Fall insofern ausgewirkt, als dass sich auch hieraus nicht ergab, ob die Eintragung in die PQ-Liste mit der Zustimmung zur beschränkten Ausschreibung zwingend gefordert war und deswegen ausschließlich auf den Wortlaut des Zuwendungsbescheids abgestellt wurde.
Für die Anwendung des Vergaberechts sind für Fördermittelbezieher die eindeutigen Angaben im Zuwendungsbescheid ausschlaggebend.
Sofern nach dem Zuwendungsbescheid auch die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen (ANBest) anzuwenden sind, ist die jeweils aktuelle Fassung zu beachten.
So hat Berlin in der seit März 2023 gültigen Fassung der ANBest-P vorgesehen, dass ab 01.01.2024 auch für Zuwendungsempfänger die elektronische Auftragsvergabe nach den Grundsätzen für öffentliche Auftraggeber gilt. Private Zuwendungsempfänger, die bisher noch kein E-Vergabesystem etabliert haben, sollten sich schon jetzt darauf einstellen.
Erkennbare bestehende Unklarheiten sollten nach wie vor mit dem Fördermittelgeber angesichts des zeit- und kostenintensiven Aufwands einer eventuell ungerechtfertigten Rückforderung rasch geklärt (und natürlich dokumentiert) werden.
Monika Prell ist Fachanwältin für Vergaberecht und Partnerin bei der Kanzlei SammlerUsinger in Berlin. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrung im Vergaberecht und berät sowohl öffentliche Auftraggeber bei der Vorbereitung, Konzeption und Gestaltung sowie der anschließenden Durchführung von Vergabeverfahren als auch Bieterunternehmen umfassend bei allen vergaberechtlichen Fragestellungen. Darüber hinaus vertritt Monika Prell ihre Mandanten vor den Vergabenachprüfungsinstanzen. Neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit ist sie als Kommentarautorin tätig, veröffentlicht regelmäßig Fachaufsätze und führt laufend Seminare und Workshops im Vergaberecht durch.
Liebe Frau Kollegin Prell,
Danke für die Vorstellung dieses interessanten Urteils (veröffentlicht übrigens u.a. unter BeckRS 2023, 8422). Leider formulieren Fördermittelgeber zu häufig nicht klar genug oder geben relativ strenge vergaberechtliche Regeln, obschon es aufgrund des eigenen Haushaltsrechts nicht unbedingt notwendig wäre. Gerade für private oder halbstaatliche Fördermittelempfänger, z. B. im Kultur- oder Gesundheitsbereich, wird es damit unnötig schwer gemacht und man verliert das Eigentliche aus dem Blick – den Erfolg der Zuwendung!
HG, Dr. Klaus Greb