Vergabeblog

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Transformation des Vergaberechts: Ergebnisse der Konsultation

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) möchte das Vergaberecht transformieren. Öffentliche Vergabeverfahren sollen vereinfacht, professionalisiert, digitalisiert und beschleunigt werden. Das Ministerium hat hierzu eine umfangreiche öffentliche Konsultation durchgeführt, dessen wichtigsten Diskussionspunkte und Ergebnisse in diesem Beitrag zusammengefasst werden.

A. Einführung: Das Vorhaben „Vergabetransformation“ und der Ablauf der Konsultation

„Mehr Fortschritt wagen“ – So lautet das Motto des Koalitionsvertrags zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Die Regierungsparteien wollen diesen Fortschritt auch in der öffentlichen Beschaffung vorantreiben. In den Worten des BMWK bedeutet dies:

„Das Ziel soll sein, öffentliche Vergabeverfahren zu vereinfachen, zu professionalisieren, zu digitalisieren und zu beschleunigen. Die öffentliche Beschaffung und Vergabe soll wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ ausgerichtet und die Verbindlichkeit gestärkt werden, ohne dabei die Rechtssicherheit von Vergabeentscheidungen zu gefährden oder die Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen.“

Zur Realisierung des Vorhabens hat BMWK daher eine öffentliche Konsultation ins Leben gerufen (siehe Vergabeblog.de vom 05/01/2023, Nr. 52121). In dieser Konsultation wurden Organisationen, Unternehmen, Verbände sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger dazu aufgefordert, ihre Meinungen und Ideen zur Vergabereform in fünf Hauptbereichen zu äußern:

  1. Stärkung der umwelt- und klimafreundlichen Beschaffung
  2. Stärkung der sozial-nachhaltigen Beschaffung
  3. Digitalisierung des Beschaffungswesens
  4. Vereinfachung und Beschleunigung der Vergabeverfahren
  5. Förderung von Mittelstand, Start-ups und Innovationen

Bis Juni 2023 wurden insgesamt 444 Stellungnahmen beim BMWK eingereicht (siehe Vergabeblog.de vom 28/03/2023, Nr. 52936).

Nach der schriftlichen Phase folgte ein Eröffnungsplenum mit Staatssekretär Sven Giegold und einer ersten Zusammenfassung. Anschließend gab es Gespräche mit verschiedenen Interessengruppen zu den oben genannten fünf Hauptbereichen (siehe Vergabeblog.de vom 30/05/2023, Nr. 53476). Neben der Präsentation der Ergebnisse und der Auswertung der schriftlichen Stellungnahmen hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, ihre Gedanken und Anregungen auszutauschen.

B. Ergebnisse der schriftlichen Stellungnahme

Die wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse aus den schriftlichen Stellungnahmen sind auf der Internetseite des BMWK abrufbar. Die aus unserer Sicht entscheidenden Aussagen haben wir nachfolgend als Leitsätze zusammengefasst:

    1. Der Themenbereich „Vereinfachung“ wurde von 75 % der Teilnehmer als höchste Priorität angesehen.
    2. „Einheitliche Vergaberegelungen“, gefolgt von „angepassten Wertgrenzen und Schwellenwerten“ sowie einer „umfassenderen Nutzung bestehender Vergabemöglichkeiten“, wurden als vielversprechende Lösungsansätze identifiziert.
    3. Hinter dem Top-Impuls „Einheitliche Vergaberegelungen“ verbirgt sich ein sehr differenziertes Meinungsbild hinsichtlich der praktischen Ausgestaltung. Dabei reichen die Meinungen von „Gleiches Recht für gleiche Sachverhalte“ über „Abschaffung der Landesvergabeverordnungen“ bis hin zu lediglich „Schaffung einheitlicher Begrifflichkeiten“.
    4. Es herrschte Einigkeit darüber, dass die „Komplexität“ verringert und die „Rechtszersplitterung“ eingedämmt werden sollte.
    5. Eine Mehrheit sprach sich für die vollständige Interoperabilität der bestehenden Plattformen aus.
    6. Die Teilnehmer waren sich einig, dass eine Vereinfachung des Vergaberechts und der Abbau von Bürokratie wesentliche Voraussetzungen für die effektive Förderung von KMU, Start-ups und Innovationen sind.
    7. Teilnehmer aus dem Bau- (30%) und Mobilitätssektor (ca. 18%) sehen das größte Potenzial für eine nachhaltige Beschaffung.

C. Ergebnisse der Gesprächsrunden

Im Anschluss an die schriftlichen Stellungnahmen wurden deren Ergebnisse in den Gesprächsrunden kontrovers diskutiert. Die Debatte mit Behördenvertretern sowie Interessenverbänden fokussierte die nachfolgenden zehn Impulse:

  1. Wertgrenzen vereinheitlichen und erhöhen: Die Idee, bundesweit einheitliche Wertgrenzen für formelle Ausschreibungen einzuführen und die Wertgrenze für Direktkäufe zu erhöhen, erhielt breite Unterstützung.
  2. Einheitliches Vergabegesetz: Die Einführung eines einheitlichen Vergabegesetzes für alle Leistungen wurde diskutiert und fand Befürworter.
  3. Einheitliche Begrifflichkeiten: Die Diskussion ergab, dass der gemeinsame Nenner beim Thema „Vereinheitlichung“ zumindest darin besteht, die Begrifflichkeiten zwischen Ober- und Unterschwelle und den sektorspezifischen Regelwerken anzugleichen.
  4. Vergabeplattformen vereinheitlichen: Die Idee, Funktionen und Unterlagen der verschiedenen Vergabeplattformen zu vereinheitlichen, wurde diskutiert und stieß auf breite Unterstützung
  5. Verbindliche Einführung der virtuellen Verhandlung in Nachprüfungsverfahren: Die Einführung virtueller oder hybrider mündlicher Verhandlungen zur Beschleunigung von Nachprüfungsverfahren wurde vorgeschlagen.
  6. Verpflichtende Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien: Die Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien, sei es bei Eignungsanforderungen, Zuschlagskriterien oder in der Leistungsbeschreibung soll verpflichtend werden
  7. Nachhaltigkeit führt zu Mehrkosten und Überforderung: Die strengere Regulierung im Bereich Nachhaltigkeit wurde kontrovers diskutiert, da einige befürchteten, dass dies zu Mehrkosten führen und öffentliche Auftraggeber überfordern könnte.
  8. Vereinfachte Anwendung von funktionalen Leistungsbeschreibungen: Die Forderung nach einer einfacheren Anwendung funktionaler Leistungsbeschreibungen, insbesondere zur Beschaffung innovativer Leistungen, fand Unterstützung.
  9. Formalismus abbauen: Die Überflutung von Formularen und Anforderungen zwischen öffentlichen Auftraggebern wurde als Problem erkannt, das angegangen werden sollte.
  10. Flexible Losbildung: Eine Losaufteilung zur Beteiligung von Start-ups ist wichtig, für komplexe Beschaffungen gilt es aber auch Losbündelungen zu ermöglichen.

Fazit

Die schriftlichen Stellungnahmen und die Impulse der Gesprächsrunden spiegeln die Vielfalt der Diskussionen und Standpunkte wider, die im Rahmen der Konsultation zur Vergaberechtsreform aufgetreten sind. Insgesamt bleibt abzuwarten, wie und ob die Ergebnisse dieser Konsultation in den Referentenentwurf einfließen werden. Fest steht jedoch, dass die Transformation des Vergaberechts die öffentliche Beschaffung erheblich verändern wird.

Kontribution

Der Beitrag wurde gemeinsam mit Herrn Tobias Hetz und Herrn Maximilian Ketterer, wissenschaftliche Mitarbeiter im Public Sector, verfasst.


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Über Karl Karbe

Der Autor ist Rechtsanwalt bei Lange & Partner, Rechtsanwälte - Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht, in Berlin. Als Rechtsanwalt im Public Sector unterstützt er Einkaufsabteilungen nicht nur bei der praxisorientierten Durchführung von Vergabeverfahren, sondern auch bei der strategischen und organisatorischen Ausrichtung. Dabei setzt er seinen Fokus auf die Vereinfachung und Effizienzsteigerung der Beschaffungspraxis, um die Potenziale des öffentlichen Sektors zu fördern und zu wecken.

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