Gemeinsam wenden sich die kommunalen Spitzenverbände und der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) gegen die Pläne der EU-Kommission, Dienstleistungskonzessionen der Ausschreibungspflicht zu unterwerfen. Die Kommission hatte vor einem Jahr, am 20.12.2011, ihren Vorschlag für eine Konzessionsrichtlinie veröffentlicht. „Diese Richtlinie würde erheblich in die kommunale Organisationsfreiheit im Bereich der Daseinsvorsorge eingreifen“, so die beiden Verbände. Ein europarechtlich vorgegebenes Verfahren würde an die Stelle der Entscheidungen der kommunalen Gremien vor Ort gestellt, z.B. bei der Vergabe einer Wasserkonzession in der Kommune. Der zuständige Binnenmarktkommissar, Michel Barnier, hatte sich vergangene Woche in Berlin zu diesen Kritikpunkten mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem VKU ausgetauscht. Dabei haben sich die Verbände auf drei wesentliche Punkte konzentriert.
Keine Notwendigkeit
So habe die Kommission nach Ansicht der kommunalen Spitzenverbände und des VKU bis heute nicht dargelegt, warum eine Richtlinie zu Dienstleistungskonzessionen überhaupt erforderlich ist. Neben der bestehenden Rechtsprechung des EuGH sieht man auch keine Notwendigkeit für eine solche Richtlinie: „Insbesondere besteht keine Rechtsunsicherheit und keine Rechtsschutzlücke, die ein Handeln der Europäischen Kommission nötig machen würden“, so die Verbände.
Anwendungsbereich begrenzen
Diese sind außerdem der Auffassung, dass alle Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge aus dem Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlages herausgenommen werden müssen. Dies entspräche den Zielen und Inhalten des Vertrages von Lissabon und dem Protokoll zu den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mit der dort vorgenommenen Stärkung der lokalen Selbstverwaltung: „Dienstleistungskonzessionen berühren viele Bereiche der Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wie die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung, soziale Dienstleistungen oder Rettungs- und Gesundheitsdienstleistungen. In diesem Kernbereich kommunaler Daseinsvorsorge würde eine Umsetzung der Richtlinie nach Auffassung der Verbände zu tiefen Einschnitten in die kommunale Organisationsfreiheit führen“.
Ergänzend verweist man darauf, dass gerade die kommunalwirtschaftlichen Strukturen bei der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung bei den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland höchste Wertschätzung genössen, wie aktuell eine repräsentative Umfrage, die Forsa im Auftrag des VKU durchgeführt hat, belege: „Danach sprechen sich 82 Prozent der Befragten gegen neue Vorschriften aus Brüssel aus. Vor diesem Hintergrund darf eine mögliche Richtlinie insbesondere für Dienstleistungskonzessionen in der Wasserwirtschaft, für Leitungs- und Wegerechte im Bereich der Energieversorgung, für Kommunalkredite, für soziale Dienstleistungen sowie für Rettungsdienste nicht gelten“, so die Verbände.
Nachbesserungen bei interkommunaler Zusammenarbeit
Schließlich bedürfe der Richtlinienentwurf der Kommission substantieller Nachbesserungen in den Fragen der interkommunalen Zusammenarbeit, die zukünftig zwecks Aufrechterhaltung eines kostengünstigen Angebots öffentlicher Dienstleistungen für die Bürger möglich bleiben müsse, so die beiden Verbände. In diesem Sinne müssten sinnvolle Synergie-Effekte weiterhin für den Fall der Übernahme von Dienstleistungen einer Kommune für die andere, z. B. bei Winterstreudiensten oder Kantinenessen für Kindergärten und Schulen, nutzbar sein. Die ausschreibungsfreie Zusammenarbeit zwischen Kommunen habe nicht zuletzt der EuGH in seiner jüngsten Rechtsprechung zugunsten kommunaler Handlungsfreiheit bestätigt. Daneben besteht nach Auffassung der Verbände „dringender Nachbesserungsbedarf bei der Erteilung solcher Konzessionen an eigene kommunale Unternehmen und insbesondere an eigene Mehrspartenunternehmen (Stadtwerke)“. Nur so werde das bewährte kommunalwirtschaftliche Modell der Erbringung der Daseinsvorsorgeleistungen in Deutschland auch im europäischen Kontext ausreichend berücksichtigt, so die kommunalen Spitzenverbände und der VKU.
Sachstand
Bereits im März 2012 hatte der Bundesrat den Richtlinienvorschlag abgelehnt. Dieser liegt zur Zeit zur Beratung in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments sowie den Ratsarbeitsgruppen des Ministerrates. Beachten Sie dazu auch unseren Beitrag „Neue EU-Vergaberichtlinien: Bescherung unterm Weihnachtsbaum?„.
Quelle: DStGB
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