Nachdem aktuell der Gesetzentwurf zur Modernisierung des Vergaberechts (2. Stufe der Reform) das Kabinett erfolgreich passiert hat, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) bereits Vorschläge für den hierauf folgenden dritten Teil der Novelle entwickelt.
Ausgangspunkt der Vorschläge sind die Ergebnisse der vom BMWi in Auftrag gegebenen Studie zu den Bürokratiekosten öffentlicher Vergaben, die sich danach auf 19 Mrd. Euro jährlich belaufen. Die Unternehmensberatung RambØll-Management hatte die Kosten des Vergabeprozesses in allen seinen Prozessschritten in Anlehnung an die sog. Standard-Kosten-Messung ermittelt. Im Rahmen einer „Prognosemessung“ wurden daraufhin die Auswirkungen möglicher Reformen ermittelt und verglichen und so die im Sinne des Bürokratiekostenabbaus effektivsten Änderungen identifiziert. Konkret sehen die Vorschläge des BMWi zur dritten Stufe der Vergaberechtsrefrom wie folgt aus:
- Vereinheitlichung der drei Verdingungsordnungen durch einheitliche Begriffe
- Strukturangleichung von VOB/A und VOL/A
- Zusammenfassung der bis auf die a-Paragraphen identischen Abschnitte 1 und 2 in der VOL/A.
- Aufgabe des Vorrangs der sog. Öffentlichen Ausschreibung in der VOL/A unterhalb der Schwellenwerte verbunden mit einer obligatorischen Veröffentlichungspflicht
- Einführung einer Bagatellgrenze für Direktvergaben (Auftragsvergabe ohne jegliche Verfahrensvorgabe, laut des Gutachtens haben circa 36 % aller Verfahren nach VOL/A einen Auftragswert von weniger als 500 Euro)
- Ausbau und Stärkung der elektronischen Vergabe (E-Vergabe). Bislang erfolgt in weniger als 5 % der Fälle die Angebotsabgabe auf elektronischem Weg.
Die Vorschläge sind durch die zuständigen Ausschüsse, in denen jeweils Bund, Länder, Kommunen und Wirtschaftsverbände vertreten sind, umzusetzen. Das BMWi beabsichtigt dem für die VOL/A zuständigen Deutschen Verdingungsausschuss für Liefer- und Dienstleistungen (DVAL) die Vorschläge bis Mitte Juni vorzulegen. Zur VOB/A erarbeitet der zuständige Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) derzeit Novellierungsvorschläge, für die innerhalb der Bundesregierung das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) federführend zuständig ist. Die VOF wird zu gegebener Zeit gesondert überarbeitet werden. Zur Angleichung der Struktur von VOB/A und VOL/A hat der DVA bereits einen Grundsatzbeschluss gefasst. Der für die VOL/A zuständige DVAL hat dies begrüßt.
Marco Junk
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Kaufmann Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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