Wer künftig Aufträge von der Stadt Mainz erhalten will, kann ab dem 1. April seine Angebote nur noch elektronisch abgeben. Damit, so Wirtschaftsdezernent Franz Ringhoffer (FDP), sei Mainz die erste Stadt, die bei Ausschreibungen komplett auf Papier verzichtet. Vom Bauunternehmer bis zum Fensterputzer müssen Anbieter, die Aufträge von der Stadt erhalten wollen, an der so genannten eVergabe teilnehmen. Ringhoffer erhofft sich davon eine „erhebliche Zeit- und Kostenersparnis“. Die Stadt koste jeder Auftrag etwa 800 Euro Bürokratiekosten, bei einer Anzahl von 500 bis 800 Aufträgen pro Jahr komme allein an Ausschreibungskosten schnell mal eine halbe Million Euro zusammen. Die eVergabe biete hier Einsparungspotential.
So entfalle jede Menge Handarbeit, etwa das Erfassen von Angeboten, das Hin- und Herschicken per Post oder Kurier, das Zusammenfassen und Erstellen von Angebotsübersichten, auch die Fehlerquoten verringerten sich, so Klaus Faßnacht, Abteilungsleiter in der zentralen Verdingungsstelle der Stadt.
Die Akzeptanz bei den Unternehmen sei hoch, zumal für fast alle Firmen PC und Internet längst zum Arbeitsalltag gehörten, sagte Ringhoffer. Während bislang rund 100 Firmen aus dem Postleitzahlengebiet 55 sich an der seit acht Jahren parallel zum Papierverfahren laufenden E-Vergabe beteiligt hätten, seien seit Donnerstag 26 neue Anmeldungen eingegangen. Für das Verfahren benötigt jeder Bieter eine elektronische Signatur. Dafür, so Faßnacht, müssten die Teilnehmer investieren – „8,60 Euro für zwei Jahre“. Bisher wurde für Ausschreibungsunterlagen eine Schutzgebühr verlangt – zwischen zehn bis zu mehr als 100 Euro. „Ich kenne einen Tiefbauunternehmer“, sagte Faßnacht, „der kalkuliert mit 200.000 Euro im Jahr nur für Ausschreibungskosten“, da rechne sich die E-Vergabe schnell. Noch besser sei es, so Ringhoffer, wenn auch die benachbarten Landkreise die Vergabe via Internet einführten, damit Bieter sich nicht mit mehreren Verfahren auseinandersetzen müssten. Er sei „gerne bereit, unser Know-How zur Verfügung zu stellen“.
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk zudem als Leiter Regierungsbeziehungen für Eviden tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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